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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Skinners Tochter, und selbst wenn sie es gewesen wäre und seine Bude hätte behalten
wollen, hätte sie dortbleiben müssen, um ihren Besitzanspruch zu wahren. Das hatte sie nicht gewollt.
    In Los Angeles hatte sie jedoch keine Möglichkeit gehabt, um ihn zu trauern, und jetzt kam alles hoch, es kam alles zurück — die Zeit, die sie mit ihm zusammengelebt hatte. Wie er sie gefunden hatte, so krank, dass sie nicht mal laufen konnte, und sie mit zu sich nach Hause genommen und mit Suppe von den koreanischen Händlern gesund gepäppelt hatte. Danach hatte er sie in Ruhe gelassen, er hatte nichts von ihr verlangt, sondern sie bei sich akzeptiert, wie man einen Vogel auf einer Fensterbank akzeptiert, bis sie gelernt hatte, in der Stadt Fahrrad zu fahren, und Kurierin geworden war. Und bald hatten sie die Rollen getauscht: Der alte Mann wurde schwächer und brauchte Hilfe, und nun war sie diejenige, die Suppe kaufte, Wasser holte und Kaffee kochte. So war es gewesen, bis sie sich den Ärger eingehandelt hatte, der dazu führte, dass sie Rydell kennenlernte.
    »Der Wind wird das Ding wegwehen«, warnte sie Tessa. Diese hatte die Brille aufgesetzt, mit der sie die von der fliegenden Kamera aufgenommenen Bilder sehen konnte.
    »Ich hab noch drei im Wagen.« Tessa zog sich einen schäbig aussehenden schwarzen Kontrollhandschuh über die rechte Hand. Sie experimentierte mit den Touchpads, brachte die winzigen Propeller des Trägers auf Touren und schwenkte ihn durch einen sechs Meter großen Kreis.
    »Wir müssen uns jemand besorgen, der den Van bewacht«, sagte Chevette, »falls du ihn wiedersehen willst.«
    »Jemand besorgen? Wen?«
    Chevette zeigte auf ein dünnes schwarzes Kind mit staubigen, bis zur Taille reichenden Dreadlocks. »Du da. Wie heißt du?«
    »Was geht dich das an?«
    »Kriegst Kohle, wenn du auf den Van hier aufpasst. Wenn wir zurückkommen, schieben wir dir ’n Fuffie rüber. Korrekt?«

    Der Junge musterte sie gelassen. »Boomzilla.«
    »Boomzilla«, sagte Chevette, »passt du auf den Van auf?«
    »Geht klar«, sagte er.
    »Geht klar«, sagte Chevette zu Tessa.
    »Lady«, Boomzilla zeigte auf Gottes kleines Spielzeug, »ich will das da.«
    »Bleib hier«, sagte Tessa. »Vielleicht brauchen wir dich noch.«
    Tessas Finger berührten die schwarze, gepolsterte Handfläche. Der Kameraträger drehte sich erneut, schwebte davon und verschwand über den Panzersperren. Tessa lächelte, als sie die Bilder sah, die er einfing. »Komm mit«, sagte sie zu Chevette und trat zwischen die nächsten Panzersperren.
    »Nicht da lang«, sagte Chevette. »Hier rüber.« Es gab einen Weg, den man nehmen musste, wenn man nur durchging. Wer eine andere Route einschlug, demonstrierte entweder seine Unwissenheit oder den Wunsch, Geschäfte zu machen.
    Sie zeigte Tessa den Weg. Zwischen den Betonplatten stank es nach Urin. Chevette ging schneller. Tessa folgte ihr.
    Und trat wieder in das wässrige Licht hinaus, aber hier lag es nicht auf den Ständen und Verkaufswagen, an die sie sich erinnerte, sondern auf der rot-weißen Fassade eines modularen Gemischtwarenladens, der direkt vor dem Zugang zu den beiden Ebenen der Brücke abgesetzt worden war: ein Lucky Dragon und dessen Markenzeichen, der Bildschirmturm mit seinem pulsierenden Geflimmer.
    »Teufel nochmal«, sagte Tessa, »wie interstitiell ist das denn?«
    Chevette blieb fassungslos stehen. »Wie konnten die nur?«
    »Das machen sie nun mal so«, sagte Tessa. »Erstklassiger Standort.«
    »Aber das ist wie … wie bei Nissan County oder so.«

    »Als müsste man eigentlich Eintritt zahlen. Die Gemeinschaft ist ’ne echte Touristenattraktion.«
    »Viele gehen nirgends hin, wo keine Polizei ist.«
    »Autonome Zonen haben ihre eigene Anziehungskraft«, erwiderte Tessa. »Die hier gibt’s schon so lange, dass sie zum beliebtesten Postkartenmotiv der Stadt geworden ist.«
    »Echt ätzend«, sagte Chevette. »Das … macht sie doch kaputt. «
    »Was meinst du, an wen die Lucky Dragon Corp Miete zahlt?«, fragte Tessa und ließ den Träger herumschwingen, um einen Schwenk über den Laden zu machen.
    »Keine Ahnung«, sagte Chevette. »Der Laden steht mitten auf der ehemaligen Fahrbahn.«
    »Na, egal«, sagte Tessa. Sie ging weiter, reihte sich in den Strom der Fußgänger ein, der in beide Richtungen floss, zur Brücke und von ihr weg. »Wir kommen genau im richtigen Moment. Wir werden das Leben hier dokumentieren, bevor sie einen Themenpark draus machen.«
    Chevette folgte

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