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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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merken, welches von beidem). Keine einzige ist heil geblieben, und als er sich bückt, um sie genauer zu betrachten, hört er, wie eine von ihnen unablässig eine einzige Silbe wiederholt, aber er kann nicht erkennen, ob sie Japanisch oder Englisch spricht. Das übt für einen kurzen Moment eine tiefe Faszination auf ihn aus, und er erinnert sich an ein ähnliches Gefühl in seiner Kindheit, als er durch eine Polizeiabsperrung den Schutthaufen eines Kinos in Harlem gesehen hat; das in dem Gebäude wütende Feuer hatte kurz vor dem Süßwarentresen haltgemacht, aber alles in diesem Tresen war geschmolzen, war herausgeflossen und zu einem gefrorenen Strom aus raffiniertem Zucker erstarrt, der jedoch trotz des sauren Gestanks feuchter Asche viel besser gerochen hatte als dieses Silikon.
    Er hört, wie Chevette und Rydell miteinander reden; sie streiten sich offenbar, und er wünscht, sie würden damit aufhören.
    Er ist im Auge, und er möchte es einfach wissen.

58 KLEINE BLAUE ABWESENHEIT
    Die Großaufnahme der Handkamera zeigt Laney eine kleine blaue Abwesenheit gleich neben dem Augenwinkel des Toten wie ein radikales Mascara-Experiment. Ein Kugelloch, eine Eintrittswunde von allerkleinstem Umfang.
    »Ihnen wird aufgefallen sein, dass keine Pulverimprägnationen vorhanden sind«, sagt derjenige, der die Kamera hält. »Er wurde aus einiger Entfernung erschossen.«
    »Warum zeigen Sie mir das?« Wieder Harwoods körperlose Stimme.
    Die Kamera fährt zurück, und man sieht den blonden Toten in der schwarzen Lederjacke, der an einer mit Emaillespray-Kringeln überzogenen senkrechten Fläche lehnt. Er wirkt überrascht und schielt ein wenig. Die Kamera fährt noch weiter zurück und gibt den Blick auf eine zweite Leiche in einer schwarzen, kugelsicheren Weste frei, die mit dem Gesicht nach unten auf dem abgenutzten Straßenbelag liegt.
    »Ein Schuss pro Person. Wir haben nicht damit gerechnet, dass er eine Schusswaffe hat.«
    »Die Brücke ist nicht gerade dafür bekannt, dass sie die gesetzlichen Regelungen für Schusswaffen sklavisch befolgt, wissen Sie.«
    Der Mann dreht die Kamera um, und sein Gesicht erscheint in einem seltsamen Winkel, von der Taille aus aufgenommen. »Ich wollte Ihnen nur sagen: ›Ich hab’s Ihnen ja gesagt‹.«
    »Wenn er lebendig aus diesem Gebiet herauskommt, wird Ihre Firma nicht nur Vertragsprobleme kriegen. Sie
haben unterschrieben, dass Sie sich um alles kümmern, wissen Sie noch?«
    »Und Sie haben sich bereiterklärt, sich unsere Vorschläge anzuhören.«
    »Die habe ich mir angehört.«
    »Ich bin mit einem Fünf-Mann-Team gekommen. Jetzt sind zwei davon tot, der Funkkontakt mit den anderen dreien ist abgebrochen, und ich habe gerade etwas gehört, was wie eine Explosion klang. Das Milieu hier ist von Natur aus instabil: ein bewaffneter Ameisenhaufen. Bei den Leuten brennen sehr schnell die Sicherungen durch, und sie haben keine koordinierende Autorität. Wir könnten einen Aufruhr auslösen, und wenn das passiert, haben wir nicht mehr die geringste Chance, Ihren Mann zu erledigen oder Rydell zu fangen.«
    »Rydell wieder einzufangen, sollten Sie sagen.«
    »Ich habe einen letzten Vorschlag.« Der Mann hebt die Kamera ein kleines Stück, so dass sein Gesicht den Bildschirm füllt. Der schwarze Schal löscht das untere Drittel des Bildes aus.
    »Ja?«
    »Anzünden.«
    »Was anzünden?«
    »Die Brücke. Sie wird wie Zunder brennen.«
    »Aber würde es denn nicht eine Weile dauern, die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen?«
    »Schon geschehen.« Der Mann hält mit der anderen Hand ein kleines Rechteck in die Kamera, eine Fernbedienung. »Wir haben Brandsätze gelegt, die per Funk ausgelöst werden können. Wir sorgen immer gern für alle Eventualitäten vor.«
    »Aber müssen wir nicht damit rechnen, dass unsere beiden in dem anschließenden Durcheinander entkommen? Schließlich haben Sie doch gerade selbst gesagt, Sie befürchten einen Aufruhr …«

    »Niemand kommt von dem Ding runter. Es wird von beiden Enden her abbrennen, von der Bryant Street und von Treasure Island aus.«
    »Und wie kommen Sie selbst herunter?«
    »Dafür ist gesorgt.«
    Harwood verstummt. »Nun ja«, sagt er schließlich, »dann sollten Sie das wohl tun.«
    Der Mann drückt auf einen Knopf an der Fernbedienung. Laney zuckt von der Raute zurück, gerät in Panik, sucht Libia und Paco.
    Der Projektor ist noch dort, ist noch auf der Brücke. Ihm ist nach wie vor unklar, welche Rolle er spielt, aber Rei Toei

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