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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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einem ersten, kleinen Schluck innehielt, »du solltest so ’n Problem gar nicht haben. Wär gar nicht nötig. Es gibt nur zwei Arten von Menschen. Die, die sich solche Hotels leisten können, sind die einen. Wir sind die anderen. Früher gab’s mal so was wie ’ne Mittelschicht, Leute, die dazwischen waren. Aber jetzt nicht mehr. Die einzige Beziehung, die du und ich zu diesen Leuten haben, ist, dass wir ihre Botschaften durch die Gegend projen. Dafür werden wir bezahlt . Wir geben uns Mühe, ihnen nicht auf den Teppich zu tropfen, wenn’s regnet. Und wir kommen zurecht, stimmt’s? Aber was passiert an der Schnittstelle? Was passiert, wenn wir miteinander in Berührung kommen?«
    Chevette verbrannte sich den Mund am Espresso.
    »Verbrechen«, sagte Sammy. »Sex. Vielleicht Drogen.« Er stellte seine Tasse auf dem Sperrholztresen des Wagens ab. »Das wär’s so ziemlich.«
    »Du bumst mit ihnen, hast du gesagt.«
    Sammy Sal zuckte die Achseln. »Macht mir Spaß . Wenn’s Probleme gibt, krieg ich das schon geregelt. Aber du bist einfach hingegangen und hast irgendwas getan , ohne Grund.
Hast durch die Membran gegriffen. Hast mit den Fingern gedacht. Keine gute Idee.«
    Chevette pustete auf ihren Kaffee. »Ich weiß.«
    »Und wie willste damit fertigwerden, was da auf dich zukommt? «
    »Ich geh rauf zu Skinners Bude, hol die Brille, steig damit aufs Dach und werf sie runter.«
    »Und dann?«
    »Dann mach ich so weiter wie bisher, bis irgendwer bei mir auftaucht.«
    »Und dann?«
    »›War ich nicht. Hab keinen Schimmer. Hab ich nix mit zu tun. Ehrlich.‹«
    Er nickte langsam, ohne jedoch den Blick von ihr abzuwenden. »Mhm. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wenn jemand die Brille zurückhaben will, kann er dir reichlich auf die Pelle rücken, ’ne andere Möglichkeit: Wir holen sie, fahren zu Allied zurück und erklären ihnen, wie’s passiert ist.«
    »Wir?«
    »Mhm. Ich komme mit.«
    »Dann bin ich meinen Job los.«
    »Du kannst dir ’nen anderen besorgen.«
    Sie trank den kleinen Kaffee mit einem Schluck aus und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Der Job ist alles, was ich habe, Sammy. Das weißt du doch. Du hast ihn mir besorgt.«
    »Du hast da oben ’ne Schlafstelle. Du hast diesen verrückten alten Motherfucker, der dich aufgenommen hat …«
    »Ich ernähre ihn, Sammy Sal …«
    »Und dein Arsch ist noch heil, Honey. Wenn so ’n reicher Mann beschließt, dir das Fell über die Ohren zu ziehen, weil du ihm seine Datenbrille geklaut hast, dann ist das vielleicht bald nicht mehr so.«
    Chevette stellte ihre leere Tasse auf den Tresen und wühlte in ihren Jackentaschen. Sie gab dem Mädchen fünfzehn
für die beiden Kaffee und zwei Dollar Tip und straffte die Schultern unter Skinners Jacke. Die Kugelketten rasselten. »Nein. Wenn das Scheißding erst mal in der Bucht liegt, kann keiner mehr beweisen, dass ich was getan hab.«
    Sammy Sal seufzte. »Du bist so ’ne richtige Unschuld.«
    Es klang komisch, als ob sie nicht gewusst hätte, dass man das Wort so benutzen konnte. »Kommst du nun mit, Sammy Sal?«
    »Wozu?«
    »Unterhalt dich mit Skinner. Stell dich zwischen ihn und seine Magazine. Da hab ich sie hingetan. Hinter seine Magazine. Damit er nicht sieht, wie ich sie raushole. Ich klettere dann aufs Dach rauf, und weg ist sie.«
    »Okay«, meinte er, »aber ich sage dir, du machst alles nur noch schlimmer.«
    »Das Risiko geh ich ein, okay?« Sie stieg ab und begann, ihr Rad zur Brücke zu drehen.
    »Ich schätze, das tust du«, sagte Sammy Sal, aber dann stieg er ebenfalls von seinem Rad und schob es hinter ihr her.
     
    Es hatte bisher nur drei wirklich gute, das heißt, wahrlich märchenhafte Tage in Chevettes Leben gegeben. Einer war der Tag gewesen, an dem Sammy Sal ihr erklärt hatte, er würde versuchen, sie bei Allied unterzubringen, und es dann auch getan hatte. Ein anderer war derjenige gewesen, als sie ihr Rad bei City Wheels gekauft und bar bezahlt hatte und gleich damit aus dem Laden rausgefahren war. Und dann der Tag, oder vielmehr die Nacht, als sie Lowell im Kognitive Dissidenten kennengelernt hatte, aber konnte man den jetzt noch dazurechnen? Das hieß nicht, dass das die Tage waren, an denen sie am glücklichsten gewesen war, denn die glücklichen Tage waren einer wie der andere tödlich beschissen gewesen, bis auf die Momente, in denen das Glück über sie hereingebrochen war.

    Glücklich war sie in der Nacht gewesen, als sie über den NATO-Drahtzaun geklettert und

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