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Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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blaugelbe SeaTac-Plastiktüte ragte daraus hervor. Sie zog sie mitsamt dem Ding darin heraus und warf sie aufs Bett. Sie bückte sich, um ihren Sandbenders in die Tasche zu stopfen, warf jedoch einen Blick zur Badezimmertür zurück, als sie etwas zu hören glaubte.
    Der Türknauf drehte sich wieder.
    Der Russe machte die Tür auf. Als er den Knauf losließ, sah sie, daß seine Hand in etwas steckte, was wie eine leuchtend pinkfarbene Handpuppe aussah. Eins der Sexspielzeuge aus dem schwarzen Schränkchen. Er benutzte es als Isolierung. Er zog es von den Fingern und warf es über die Schulter nach hinten. Das Gezwitscher verklang, als er aus dem Badezimmer trat.
    Masahiko, der gerade versucht hatte, einen seiner schwarzen Schuhe anzuziehen, sah den Russen ebenfalls an. Am anderen Fuß hatte er noch den Papierpantoffel.
    »Ihr geht?« sagte der Russe.
    »Es liegt auf dem Bett«, sagte Chia. »Wir hatten nichts damit zu tun.«
    -291—
    Der Russe bemerkte die Betäubungspistole auf dem Teppich neben seiner Stiefelspitze. Er hob den Stiefel und trat mit dem Absatz drauf. Chia hörte, wie das Plastikgehäuse zerbrach.
    »Artemi, meine Freund aus Nowokusnetzkaja, sich hat gemacht große Demütigung damit.« Er stupste die Stücke der Betäubungspistole mit der Stiefelspitze an. »Trägt sehr enge Jeans, Artemi, Leder, ist Mode. Steckt es in Vordertasche, drückt Abzug, Zufall. Artemi schockiert seine Männlichkeit.«
    Der Russe zeigte Chia seine großen, unregelmäßigen Zähne.
    »Wir noch lachen trotzdem, ja?«
    » Bitte«, sagte Chia, »wir wollen einfach nur weg.«
    Der Russe ging an Eddie und Maryalice vorbei, die ineinander verschlungen auf dem Fußboden lagen. »Bist du Zufall wie Artemi zu seine Männlichkeit, ja? Bist du nur aus Versehung geraten an diese Besitzer von feine Nachtclub.« Er zeigte auf den bewußtlosen Eddie. »Der ist Schmuggler und andere Sachen, sehr kompliziert, aber du, du bist nur Zufall?«
    »Genau«, sagte Chia.
    »Du bist von Lo/Rez.« Es klang wie Lor-ess. Er trat näher an Chia heran und schaute in die Tasche hinunter. »Du weißt, was das ist.«
    »Nein«, log Chia, »ich hab keine Ahnung.«
    Der Russe sah sie an. »Wir nicht mögen Zufall, nie. Nicht erlauben Zufall.« Dann kamen seine Hände hoch, und sie sah, daß die Rückseite des dritten Gelenks jedes Fingers mit pinkfarbenen Punkten von der Größe der Oberseite eines Bleistift-Radiergummis übersät war. Solche Punkte hatte sie schon in ihrer letzten Schule gesehen; sie bedeuteten, daß kürzlich ein Tattoo weggelasert worden war.
    Sie hob den Blick zu seinem Gesicht. Er sah aus wie jemand, der im Begriff war, etwas zu tun, was er vielleicht nicht tun wollte, aber wußte, daß er es tun mußte.
    Doch dann sah sie, wie sein Blick an ihr vorbeiging; seine -292—
    Augen wurden schmal, und sie drehte sich um und sah gerade noch, wie die Tür zum Flur nach innen aufschwang. Ein Mann, breiter als die Türöffnung, schien ins Zimmer zu fließen. Er hatte ein großes X aus fleischfarbenem Pflaster auf einer Wange und trug ein Jackett von der Farbe stumpfen Metalls.
    Chia sah eine riesige, narbige Hand in sein Jackett gleiten; in der anderen hatte er etwas Schwarzes, das in ein Stück mit einem Magnetstreifen auslief.
    »Yob tvoyu mat«, sagte der Russe, weiche Silben der Überraschung.
    Die Hand des Fremden kam mit etwas heraus, was Chia für eine sehr große, verchromte Schere hielt, bis es sich mit einer Reihe scharfer Klicklaute und anscheinend von selbst zu einem glitzernden, skelettartigen Beil entfaltete, dessen tödlich aussehende Schneide schnabelförmig gekrümmt war, während sich die Spitze dahinter wie ein Eispickel verjüngte.
    »Meine Mutter?« Die Stimme des Fremden klang irgendwie belustigt. »Hast du gesagt, meine Mutter?« Sein Gesicht glänzte von Narbengewebe. Weitere Narben liefen kreuz und quer über seinen rasierten, stoppeligen Schädel.
    »Ah, nein«, sagte der Russe und hob die Hände, so daß man die Handflächen sah, »nur Sprechwendung.«
    Ein weiterer Mann kam um den mit dem Beil herum ins Zimmer. Er hatte dunkles Haar und trug einen weiten schwarzen Anzug. Das Band eines Monokelgeräts lief ihm über die Stirn, das Gerät selbst bedeckte sein rechtes Auge. Das Auge, das sie sehen konnte, war groß, strahlend und grün, aber es dauerte trotzdem einen Moment, bis sie ihn erkannte.
    Dann setzte sie sich unwillkürlich auf das pinkfarbene Bett.
    »Wo ist es?« fragte dieser Mann, der wie Rez aussah. (Nur daß

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