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Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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gekannt?«
    »Er ist der Nabel der Welt, in der ich arbeite, Laney. Das macht Menschen auf gewisse Weise unerkennbar.«
    »Was ist mit Lo?«
    »Ruhig. Sehr ruhig. Und sehr intelligent.« Sie schaute stirnrunzelnd in ihren Sake. »Ich glaub nicht, daß irgendwas von all dem Lo jemals wirklich berührt hat. Er scheint ihre ganze Karriere als einen außergewöhnlichen Zufall zu betrachten, der mit nichts sonst etwas zu tun hat.«
    »Auch nicht mit dem Beschluß seines Partners, einen Software-Agenten zu heiraten?«
    »Lo hat mir mal eine Geschichte über einen früheren Job erzählt. Er hat bei einem Suppenverkäufer in Hongkong gearbeitet, an so einem Wagen auf dem Bürgersteig. Lo zufolge war der Wagen schon seit über fünfzig Jahren im Geschäft, und ihr Geheimnis war, daß sie den Kessel nie saubermachten. Tatsächlich hatten sie die Suppe immerzu weitergekocht. Sie verkauften seit fünfzig Jahren die gleiche Fischsuppe, aber es war nie dieselbe, weil sie täglich frische -176—
    Ingredienzien dazugaben, je nachdem, was es gerade gab. Er hat gesagt, so ähnlich käme ihm auch seine Karriere als Musiker vor, und das gefiele ihm daran. Blackwell sagt, wenn Rez eher so wie Lo wäre, würde er noch im Gefängnis sitzen.«
    »Wieso?«
    »Blackwell saß gerade neun Jahre in einem australischen Hochsicherheitsknast ab, als Rez die zuständigen Leute dazu gebracht hat, ihn reinzulassen. Um ein Konzert zu geben. Bloß Rez. Lo und den anderen war’s zu gefährlich. Man hatte ihnen gesagt, es könnte zu einer Geiselnahme kommen. Die Gefängnisverwaltung hat jede Verantwortung abgelehnt, und das wollten sie schriftlich machen. Rez hat alles unterschrieben, was sie ihm vorgelegt haben. Seine Sicherheitsleute haben auf der Stelle gekündigt. Er ist mit zwei Gitarren, einem drahtlosen Mikro und einer ziemlich rudimentären Verstärkeranlage rein. Während des Konzerts ist ein Aufstand ausgebrochen. Den hatte offenbar eine Gruppe italienischer Gefangener aus Melbourne inszeniert. Fünf von ihnen haben Rez in die Gefängniswäscherei gebracht, die sie sich ausgesucht hatten, weil sie fensterlos und leicht zu verteidigen war. Sie haben Rez erklärt, sie würden ihn kaltmachen, wenn man sie nicht im Austausch gegen ihn freiließe. Sie haben darüber diskutiert, ihm mindestens einen Finger abzuschneiden, um zu demonstrieren, daß sie’s ernst meinten. Möglicherweise auch ein intimeres Körperteil, obwohl sie das vielleicht nur gesagt haben, um ihm angst zu machen. Was ihnen auch gelungen ist.« Sie gab der Bedienung im pinkfarbenen Angora ein Zeichen, ihr noch einen Sake zu bringen. »Blackwell, der offenbar extrem sauer war über die Unterbrechung des Konzerts, das ihm riesigen Spaß gemacht hatte, ist ungefähr vierzig Minuten nach Rez’ Gefangennahme in der Wäscherei aufgetaucht. Weder Rez noch die Italiener haben ihn kommen sehen, und die Italiener hatten eindeutig nicht mit ihm gerechnet.« Sie machte eine Pause. »Er hat drei -177—
    von ihnen mit einem Tomahawk umgebracht. Hat ihnen die Köpfe damit eingeschlagen: eins, zwei, drei, sagt Rez, genau so. Ohne jedes Aufheben.«
    »Ein Tomahawk?«
    »So ’ne Art Kriegsbeil mit schmaler Schneide und einer Spitze gegenüber der Schneide. Vergrößert die Reichweite, verleiht ungeheure Wucht und kann mit etwas Übung ziemlich präzise geworfen werden. Blackwell schwört drauf. Die anderen beiden sind abgehauen, scheinen aber im Anschluß an den Aufstand ums Leben gekommen zu sein. Ich persönlich bin sicher, daß Blackwell oder seine ›Kumpels‹ sie umgebracht haben, weil er nie wegen des Mordes an den anderen drei angeklagt worden ist. Der einzige überlebende Zeuge war Rez, den Blackwell zu der Barrikade eskortiert hat, die die Wachen auf dem Gefängnishof aufgebaut hatten.« Ihr Sake kam. »Rez’
    Anwälte haben drei Monate gebraucht, um Blackwells Urteil wegen eines Formfehlers aufheben zu lassen. Seitdem sind sie ununterbrochen zusammen.«
    »Weswegen hat Blackwell gesessen?«
    »Wegen Mordes«, sagte sie. »Wissen Sie, was ein Standover Man, ist?«
    »Nein.«
    »Das ist ein spezieller australischer Begriff. Ich möchte fast meinen, daß er nur in einer Kultur entstehen konnte, die anfangs aus Sträflingen bestand, aber meine australischen Freunde glauben das nicht. Der Standover Man ist ein Einzelgänger, ein menschliches Raubtier, das sich andere, erfolgreichere, häufig extrem gefährliche Verbrecher als Opfer aussucht. Er nimmt sie gefangen und bedroht sie: Er

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