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Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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haben«, sagte Chia, »da haben Sie die Spitze Ihrer Haarteile reingesteckt …«
    Maryalice zerbrach das Siegel der kleinen Flasche, öffnete sie, leerte sie mit einem Schluck und schüttelte sich. »Die sind alle aus meinen eigenen Haaren«, sagte sie. »Hab sie mir rauswachsen lassen, als ich so ’ne Art Gesundheitsdiät gemacht habe, verstehst du? Mit diesen Haarproben schnappen sie Leute, die sich ’n bißchen was Gutes getan haben. Manchmal hält sich das Zeug lange in den Haaren.« Maryalice stellte die leere Flasche neben die blaue Schale. »Was macht er?« Sie zeigte auf Masahiko.
    »Er portet«, sagte Chia, weil ihr keine Möglichkeit einfiel, auf die Schnelle die Ummauerte Stadt zu erklären.
    »Das seh ich. Ihr seid hergekommen, weil man sich in so ’nem Laden ’ne Tarnadresse zulegen kann, stimmt’s?«
    »Aber Sie haben uns trotzdem gefunden.«
    »Ich hab gute Beziehungen zu einem Taxiunternehmen. Ich dachte, es wäre ’nen Versuch wert. Aber die Russen werden da auch dran denken, wenn sie’s nicht schon getan haben.«
    »Aber wie sind Sie reingekommen? Es war doch alles zu.«
    »Ich kenn mich mit solchen Läden aus, Schätzchen. Und zwar nur allzu gut.«
    Masahiko nahm die schwarzen Schalen ab, die seine Augen -230—bedeckten, sah Maryalice, schaute auf die Schalen hinunter und blickte dann wieder zu Chia auf.
    »Maryalice«, sagte Chia.
     
    Gomi Boy präsentierte sich wie eine lebensgroße Anime seiner selbst, riesige Augen und ein noch größerer Haarwust. »Wer hat den Wodka getrunken?« fragte er.
    »Maryalice«, sagte Chia.
    »Wer ist Maryalice?«
    »Sie ist in dem Zimmer im Hotel«, sagte Chia.
    »Das entsprach zwanzig Minuten am Port«, sagte Gomi Boy.
    »Wie kann jemand in eurem Zimmer im Hotel Di sein?«
    »Das ist kompliziert«, sagte Chia. Sie waren wieder in Masahikos Zimmer in der Ummauerten Stadt. Sie hatten sich einfach dorthin zurückgeklickt, ohne die rasende Reise durchs Labyrinth wie beim ersten Mal. Vorbei an einem Icon, das sie daran erinnerte, daß sie ihr Venedig offengelassen hatte, aber da war es schon zu spät. Vielleicht kam man schnell wieder rein, wenn man erst mal hier drin war. Aber Masahiko sagte, sie müßten rasch hin, es gebe Probleme. Maryalice hatte gesagt, sie habe nichts dagegen, aber Chia gefiel es überhaupt nicht, daß sie bei ihnen im Zimmer war, während sie porteten.
    »Deine Cashcard reicht noch für sechsundzwanzig Minuten Zimmerzeit«, sagte Gomi Boy. »Wenn deine Freundin nicht wieder an die Mini-Bar geht. Hast du ein Konto in Seattle?«
    »Nein«, sagte Chia, »nur meine Mutter …«
    »Das haben wir uns schon angesehen«, sagte Masahiko. »Der Kredit deiner Mutter würde Zimmermiete plus Port-Gebühren nicht decken. Dein Vater …«
    »Mein Vater?«
    »… hat ein Spesenkonto bei seinem Arbeitgeber in Singapur, einer Handelsbank …«
    -231-
    »Woher wißt ihr das?«
    Gomi Boy zuckte die Achseln. »Die Ummauerte Stadt. Wir finden Sachen raus. Hier gibt’s Leute, die so einiges wissen.«
    »Ihr könnt das Konto meines Vaters nicht anzapfen«, sagte Chia. »Das ist für seinen Job.«
    »Noch fünfundzwanzig Minuten«, sagte Masahiko.
    Chia zog ihre Brille herunter. Maryalice holte gerade eine weitere Miniflasche aus dem kleinen Kühlschrank. »Nicht aufmachen!«
    Maryalice gab ein kleines, schuldbewußtes Quietschen von sich und ließ die Flasche fallen. »Vielleicht bloß ein paar Reiscracker«, sagte sie.
    »Nichts«, sagte Chia. »Es ist zu teuer! Uns geht das Geld aus!«
    »Oh«, sagte Maryalice blinzelnd. »Okay. Ich hab aber auch keins. Eddie hat meine Karten gesperrt, soviel steht fest, und wenn ich bloß einmal eine einstecke, weiß er genau, wo ich bin.«
    Masahiko sprach mit Chia, ohne die Augenschalen abzunehmen. »Leitung zu Spesenkonto deines Vaters steht …«
    Maryalice lächelte. »Das hört man gern, nicht?«
    Chia zog ihre Fingersets ab. »Sie müssen es denen bringen«, sagte sie zu Maryalice, »das Nano-Ding. Ich geb’s Ihnen jetzt, Sie bringen es hin, geben es denen und sagen ihnen, daß alles ein Versehen war.« Sie rutschte auf Händen und Knien zu ihrer offenen Tasche auf dem Fußboden rüber. Wühlte nach dem Ding, fand es, hielt es Maryalice in den Resten der blaugelben Tüte aus dem SeaTac-Dutyfree hin. Mit dem dunkelgrauen Kunststoff und den Reihen kleiner Löcher sah es wie ein deformierter Designer-Pfefferstreuer aus. »Nehmen Sie’s.
    Erklären Sie’s denen. Sagen Sie ihnen, es war bloß ein

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