Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
Versehen.«
    -232—
    Maryalice wich zurück. »Steck’s wieder in die Tasche, okay?« Sie schluckte. »Weißt du, das Problem ist nicht, ob es ein Versehen war oder nicht. Das Problem ist, daß sie uns jetzt trotzdem umbringen werden, weil wir Bescheid wissen. Und Eddie, der wird sie nicht dran hindern. Der hat gar keine andere Wahl. Und außerdem hat er irgendwie auch gründlich die Nase voll von mir, das undankbare, schmierige, blöde kleine Arschloch …« Maryalice schüttelte traurig den Kopf. »Das ist so ziemlich das Aus für unsere Beziehung, wenn du mich fragst.«
    »Wir haben Zugriff auf Konto«, verkündete Masahiko. »Bitte komm jetzt zu uns. Du hast noch mehr Besuch.«
    -233-

29 Ihre schlechte Seite
    A rleighs Van roch nach langkettigen Monomeren und warmer Elektronik. Die Rücksitze waren ausgebaut worden, um Platz für die Ansammlung schwarzer Konsolen zu schaffen, die miteinander verkabelt und mit knirschenden Knäueln Luftpolsterfolie festgeklemmt waren.
    Rez saß vorn neben dem Fahrer, dem japanischen Kalifornier mit dem Pferdeschwanz aus Akihabara. Laney hockte auf einer Konsole zwischen Arleigh und Yamasaki, Willy Jude und der rothaarige Techniker hinter ihnen. Laney taten die Rippen an der Stelle weh, wo er auf den Tisch geknallt war, und es schien schlimmer zu werden. Er hatte entdeckt, daß der Schaft seiner linken Socke klebrig von Blut war, aber er wußte nicht genau, woher es kam, nicht mal, ob es sein eigenes war.
    Arleigh hatte ihr Telefon am Ohr. »Option acht«, sagte sie, anscheinend zum Fahrer, der das Touchpad neben der Karte am Armaturenbrett berührte. Laney sah Segmente des Gitternetzes von Tokio über den Bildschirm huschen. »Wir nehmen Rez mit zu uns.«
    »Bringt mich zum Imperial«, sagte Rez.
    »Blackwells Anweisungen«, entgegnete Arleigh.
    »Laß mich mit ihm reden.« Er langte nach hinten, um sich das Telefon geben zu lassen.
    Sie bogen nach links ab, in eine breitere Straße. Ihre Scheinwerfer erfaßten eine kleine Gruppe, die sich mit eiligen Schritten vom Western World entfernte. Sie versuchten sich alle den Anschein zu geben, als wären sie ganz zufällig hier, auf einem flotten Spaziergang. Die Gegend war gesichtslos, typisch großstädtisch und, abgesehen von den schuldbewußt -234—wirkenden Fußgängern, völlig menschenleer.
    »Keithy«, sagte Rez, »ich will ins Hotel zurück.« Der grellweiße Morgenstern eines Polizeihubschraubers fegte über sie hinweg, kohlschwarze Schatten sausten über Beton. Rez horchte ins Telefon. Sie kamen an einem Nudelwagen vorbei, der die ganze Nacht hindurch geöffnet hatte; durch vergilbte Plastikvorhänge konnte man schemenhaft das Innere sehen.
    Bilder flackerten über einen kleinen Bildschirm hinter dem Tresen. Arleigh stieß Laney am Knie an und zeigte an Rez’
    Schulter vorbei. Ein Trio weißer, gepanzerter Wagen schoß mit blinkendem Blaulicht auf rechteckigen Geschütztürmen über die herannahende Kreuzung und verschwand geräuschlos. Rez drehte sich um und gab ihr das Telefon zurück. »Keithy ist voll auf seinem Paranoia-Trip. Er will, daß ich in euer Hotel mitkomme und da auf ihn warte.«
    Arleigh nahm das Telefon. »Weiß er, worum es da vorhin ging?«
    »Autogrammjäger?« Rez machte Anstalten, sich wieder nach vorn zu drehen.
    »Was ist aus der Idoru geworden?« fragte Laney.
    Rez starrte ihn an. »Wenn du diese neue Plattform kidnappen würdest – und ich fand sie toll –, was hättest du dann real in der Hand?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Reis einzige Realität ist das Reich fortschreitender serieller Erschaffung«, sagte Rez. »Das ist von vorn bis hinten ein Prozeß und unendlich viel mehr als die Summe ihrer diversen Ichs. Die Plattformen versinken eine nach der anderen unter ihr, während sie immer dichter und komplexer wird …« Im Lichtschein vorbeiziehender Ladenfronten schien ein verträumter Ausdruck in die länglichen grünen Augen zu treten, dann wandte der Sänger sich ab.
    Laney sah zu, wie Arleigh den Schnitt an ihrem Mundwinkel -235—mit einem Papiertaschentuch abtupfte.
    »Laney-san«, Yamasaki, ein Flüstern. Er legte ihm etwas in die Hand. Einen Datenhelm mit Kabeln dran. »Wir haben globale Datenbasis der Fan-Aktivität …«
    Ihm taten die Rippen weh. Ob sein Bein blutete? »Später, okay?«
     
    Arleighs Suite war mindestens doppelt so groß wie Laneys Zimmer. Sie verfügte über einen eigenen, winzigen Aufenthaltsraum, der mit vergoldeten Glastüren von Schlafzimmer und Bad abgeteilt

Weitere Kostenlose Bücher