If you leave – Niemals getrennt
ich, dass das hier definitiv der siebte Kreis der Hölle ist. Alle, die hier sitzen, fühlen sich unbehaglich und versuchen, niemanden anzusehen. Die Atmosphäre ist angespannt und peinlich, und ich hasse alles sofort.
Die Therapeutin sitzt in der Mitte auf einem hohen Stuhl und blättert ihre Notizen durch.
»Heute haben wir zwei neue Soldaten bei uns«, sagt sie schließlich und sieht mich an. »Einer von ihnen ist jetzt zur abendlichen Sitzung hier. Lieutenant Gabriel Vincent. Willkommen in der Gruppe. Ich weiß nicht genau, was Sie von CPT erwarten, aber ich bin mir sicher, dass es ganz und gar nicht so ist, wie Sie denken. Hier haben Sie die Freiheit, vollkommen offen zu sein, ohne Verlegenheit oder Scham befürchten zu müssen. Hier in der Sicherheit dieses Raumes werden Sie begreifen, dass das, was auch immer Sie im Kampf erlebt haben, nicht Ihre Schuld war. Mit unserer Hilfe werden Sie am Ende der Therapie ein vollkommen neuer Mensch sein.«
Ich nicke, unsicher, was genau sie von mir erwartet. Außerdem frage ich mich, wie sie so einfach behaupten kann, dass nichts von dem, was im Kampf passiert ist, unsere Schuld war. Das ist Blödsinn. Manchmal
ist
man schuld.
Sie rutscht von ihrem Hochsitz herab und bringt mir ein Klemmbrett mit einigen Blättern daran.
»Während wir unsere Gruppensitzung abhalten, möchte ich, dass Sie diese Arbeitsblätter ausfüllen. Am Ende werden wir dann Ihre Antworten durchgehen.«
Ich komme mir vor, als würden mich alle anderen beobachten, als sie ihre reguläre Sitzung beginnen und ich die Formulare auf meinem Schoß durchsehe. Es ist, als würden sie versuchen, aus mir schlau zu werden oder so was. Ich versuche, die anderen zu ignorieren, und arbeite den bescheuerten Papierkram durch, so schnell ich kann.
Als ich einige der Fragen lese, will ich nur genervt die Augen verdrehen. Was soll der Mist?
Bitte schildern Sie den Vorfall, der Ihre Notlage verursacht hat, und beschreiben Sie, welches Gefühl dieser Vorfall in Ihnen ausgelöst hat
.
Was für eine Scheißfrage ist das denn?
Offensichtlich hat der Vorfall, der mich hierhergebracht hat, dazu geführt, dass ich mich beschissen fühle, sonst wäre ich nicht hier. Also schreibe ich genau das hin. Scheiß drauf. Ich werde hier nichts schönreden. Sie hat gesagt, ich kann hier offen sagen, was ich denke, also werde ich genau das tun.
Ich kritzle noch Antworten zu all den anderen dummen Fragen hin und höre dabei nur mit halbem Ohr, was die anderen Soldaten erzählen. Das heißt, bis eine Stimme meine Konzentration durchbricht.
Ein Mädchen.
Als sie spricht, wird mir klar, dass sie davon berichtet, wie sie von Talibanrebellen gefangen gehalten wurde. Immer wieder findet mich ihr Blick, und sie sieht mich an, während sie erzählt. Sie trägt eine Uniform, daher weiß ich, dass sie noch im aktiven Dienst ist. Irgendwas an ihr kommt mir entfernt bekannt vor, aber ich komme nicht darauf.
»Ich wurde neun Tage lang in einer dreckigen Hütte festgehalten«, erzählt sie, und ihre Stimme klingt klein in diesem großen Raum. »Wir bekamen kaum zu essen, wurden misshandelt, und ich wurde eine Woche lang reihenweise von einer ganzen Gruppe Talibanrebellen vergewaltigt. Ich wollte sterben. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt gerettet werden wollte, denn ich war nicht sicher, ob ich stark genug sein würde, das, was passiert war, zu überleben. Aber ich hatte keine Wahl. Ich
wurde
gerettet. Das fünfundsiebzigste Ranger-Regiment hat das Lager gestürmt und uns alle drei rausgeholt.«
Das fünfundsiebzigste Ranger-Regiment.
Ich
.
Plötzlich wird mir klar, warum mir ihre Augen entfernt bekannt vorkommen: Ich habe sie schon mal gesehen.
Ich erinnere mich daran, dass sie mich vor ein paar Jahren so ziemlich auf die gleiche Weise angestarrt hat, auch wenn sie damals offensichtlich ganz anders aussah. Damals war ihr Gesicht voll Schmutz und Blut und ihr Kampfanzug zerrissen.
Ich hatte an dem Tag nicht viel mit ihr zu tun, um ehrlich zu sein. Auf jeden Fall war ich nicht derjenige, der sie nach draußen gebracht hat, aber mein Trupp war dort, ebenso wie der von Brand.
Ich erinnere mich an den Tag. Es war ein Tag wie viele andere. Es war nicht meine Mission, die Gefangenen zu holen. Ich war ganz vorn, habe die Türen eingebrochen und die Geiselnehmer eliminiert, während einige meiner Männer die Gebäude durchsuchten und die Gefangenen hinausbrachten.
Aber nachdem die Razzia zu Ende war und der Staub sich wieder gelegt hatte,
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