If you leave – Niemals getrennt
eindringlich an. »Erzähl mir mehr darüber.« Er grinst.
Ich lache, und wir plaudern, und plötzlich ist es wieder wie in den alten Zeiten, als er regelmäßig mit einer Gruppe von Freunden zu mir nach Hause kam und wir am Strand um große Lagerfeuer herumsaßen.
Das Problem ist, dass es sich eben nur nach alten Zeiten anfühlt. Ich verspüre keinerlei Spannung zwischen ihm und mir, ebenso wenig wie damals auch.
»Also, was machst du hobbymäßig so, Ethan?«, frage ich höflich und nippe an meinem Wein. Auch er nimmt einen kleinen Schluck.
»Eigentlich habe ich nicht viel Zeit für irgendwas«, gesteht er. »Die Klinik nimmt so ziemlich meine ganze Zeit in Anspruch. Wenn ich zu Hause bin, dann schlafe ich oder sehe ein paar Minuten fern. Ich habe sehr wenig Freizeit.«
»Und doch verbringst du jetzt einen Abend mit mir«, führe ich an. Ethan grinst.
»Siehst du? Du solltest dich geschmeichelt fühlen.«
Ich seufze quasi laut und ignoriere dabei, dass er immer näher an mich heranrückt. Offensichtlich hat er, was die fehlende Spannung zwischen uns angeht, nicht dasselbe Problem wie ich.
Um das Ganze noch schlimmer zu machen, ist er es wahrscheinlich gewohnt, dass sich ihm in der Klinik die Frauen an den Hals werfen, nur weil er ein gutaussehender Arzt ist. Er ist Zurückweisung nicht gewohnt, denn all diese Krankenschwestern, Hilfsschwestern, Patientinnen … denen ist es egal, dass er langweilig ist und nur für seine Arbeit lebt. Alles, was sie sehen, ist das »MD« auf seinem Namensschild.
Ihnen ist es egal, dass er kein Feuer hat. Ihnen ist es egal, dass er niemals in einem Taxi seine Hand zwischen ihre Beine wandern ließe. Ihnen ist es egal, dass er nie mit seiner Zunge in ihrem Mund spielen würde, während der Fahrer verstohlene Blicke in den Rückspiegel wirft. Und meine Wangen werden flammend heiß.
Verdammt. Wieso denke ich schon wieder an Gabriel?
Und, noch schlimmer: Wieso macht es mich so verdammt an, wenn ich an ihn denke?
Als das Essen endlich fertig ist, bin ich fast erleichtert, weil ich dann auf Abstand zu Ethan gehen und aufhören kann, so zu tun, als würde ich das interessant finden, was er erzählt. Weil ich dann nicht mehr vorgeben muss, dass ich nicht an jemand anderes denke.
Stattdessen kann ich mich mit dem Essen ablenken. Noch nie im Leben war ich so froh, einen Teller mit dampfendem Kalbfleisch in Marsala vor mir zu sehen.
»Das ist wirklich gut«, sage ich und nehme noch einen Bissen. »Ich bin beeindruckt.«
Ethan grinst. »Gut. Das wollte ich erreichen. Ich kann nicht wirklich was anderes kochen.«
Daraufhin breche ich in Gelächter aus. »Echt jetzt?«
Er schüttelt den Kopf. »Nein. Ich kann schon einiges mehr. Aber ich wollte dich einfach zum Lachen bringen. Du bist zu ernst, Maddy. Du siehst zwar genauso aus, aber du bist nicht das Mädchen, an das ich mich von der Highschool erinnere.«
Ich greife nach meinem Weinglas und spüre, wie meine Wangen heiß werden. Wie oft habe ich genau das schon zu hören bekommen, seit meine Eltern tot sind? Was, in aller Welt, erwarten die Leute denn? Mila und ich waren Vollwaisen, du meine Güte. Wir mussten auf einmal ganz schnell erwachsen werden, und das bedeutete nun mal, ernst zu werden. Ich musste auf meine Schwester aufpassen, das Restaurant übernehmen, dazu den Geschäftskredit … nichts davon war einfach.
Aber ich sage Ethan nichts von alledem, denn es ist nicht seine Schuld … und es geht ihn auch nichts an.
»Nun ja, nach dem Tod meiner Eltern haben sich die Dinge geändert«, erkläre ich.
Er nickt nachdenklich. »Das dachte ich mir. Meine Mom meinte, dass du so ziemlich alles allein gestemmt hast. Du hast Mila ihr eigenes Ding machen lassen, während du nach Hause gekommen bist und das Restaurant übernommen hast. Das war nett von dir.«
Ich schüttle den Kopf. »Das war keine so große Sache«, widerspreche ich. »Ich habe deshalb Betriebswirtschaft studiert, um ein zweites Standbein zu haben, wenn ich zu alt zum Modeln bin. Also ergab es Sinn, das Restaurant zu übernehmen. Wir wollten es beide nicht verkaufen, und wenn ich Mila darum gebeten hätte, dann hätte sie es übernommen.«
»Aber du hast sie nicht darum gebeten«, erwidert er. »Du bist nach Hause gekommen, um es zu führen.«
»Ja«, antworte ich, »bin ich. Mila wollte nie etwas damit zu tun haben. Sie war schon immer künstlerisch veranlagt. Das war ihr Traum. Und ich wollte nicht, dass mit unseren Eltern auch ihre Träume
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