If you stay – Füreinander bestimmt
faszinierend. Ich verspüre ein Stechen in meinem Bauch, während ich seinen Blick erwidere und das Gold in seinen Augen zu einem Grün zu verwirbeln scheint.
»Das war vor langer Zeit«, sage ich. »Ich habe damit abgeschlossen.«
»Hast du das?«, erwidert er. »Also, den Trick musst du mir mal verraten, denn manchmal will die Vergangenheit einfach nicht ruhen.«
»Stimmt«, gestehe ich ein, »da hast du recht. Manchmal, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, ist die Vergangenheit plötzlich leider wieder hellwach und scheint an Schlaflosigkeit zu leiden.«
Er nickt, so als würde er dies verstehen, und ich frage mich, ob er das tatsächlich tut. Doch er sagt nichts mehr dazu, und ich lasse es auf sich beruhen.
Vielmehr stehe ich auf und greife nach meiner Tasche, auch wenn ich sie dieses Mal von einem anderen Krankenhausfußboden aufhebe.
»Ich habe schon genug von deiner Zeit in Anspruch genommen«, sage ich höflich. »Danke, dass ich mich davon überzeugen durfte, dass es dir gutgeht. Du bist bestimmt schnell wieder auf den Beinen.«
Ich bin mir nicht sicher, wen ich hier zu überzeugen versuche – ihn oder mich selbst. Er macht den Eindruck, als wisse er das selbst nicht so recht, aber er lächelt und streckt mir die Hand hin. Sie ist feingliedrig und doch kräftig, und ich ergreife sie. Er schüttelt meine Hand, als seien wir Geschäftsleute.
»Hat mich gefreut, dich kennenzulernen. Danke, dass du mir das Leben gerettet hast.«
Seine Stimme klingt belegt. Ich schlucke und blicke in seine Augen, vermag aber nicht zu beurteilen, ob er es ehrlich meint. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass er gar nicht gerettet werden wollte.
Ich lächele dennoch, wende mich ab und gehe weg. Auf der Hälfte des Flurs angelangt, drehe ich mich noch einmal um und blicke zu seinem Zimmer zurück. Er schaut mir immer noch forschend und mit einer gewissen Grimmigkeit hinterher.
Ich schlucke wieder und drehe mich um, setze einen Fuß vor den anderen. Ehe ich mich versehe, bin ich in meinem Wagen. Und ich weiß immer noch nicht, was, zum Kuckuck, passiert ist.
Kapitel 5
Pax
E ines steht fest: Eine Woche Krankenhaus ist definitiv eine Woche zu viel.
Ich rolle mich vorsichtig auf die Seite und bleibe erst einmal auf dem Bettrand sitzen. Durch die Bewegung verschiebt sich eine gebrochene Rippe ein wenig, und ich zucke zusammen und versuche, flach zu atmen, damit es nicht noch mehr schmerzt. Die Herzdruckmassage der Sanitäter hat meinem Brustkorb verdammt zugesetzt. Mir ist klar, dass sie versucht haben, mein Leben zu retten, aber mussten mir die Arschlöcher dabei vier Rippen brechen, scheiße noch mal?
Während ich darauf warte, dass der Schmerz nachlässt und sich meine Augen an das Tageslicht gewöhnen, starre ich aus dem Fenster auf den großen See draußen.
Der Michigansee ist riesengroß, gewaltig und grau, und mein Haus thront wie ein Loft auf einem Klippenrand. Jedes zum See gelegene Zimmer hat bodentiefe Fenster, so dass ich immer einen guten Blick habe, egal, wo ich mich aufhalte. Und ich muss mir keine Sorgen machen, dass jemand unten am Strand mich dabei beobachtet, wie ich nackt durchs Haus laufe, denn es ist ein Privatstrand. Mein Strand. Falls sich jemand widerrechtlich dort aufhält, dann hat er es nicht besser verdient, als meinen Sack zu sehen.
Ich greife nach dem Fläschchen auf meinem Nachttisch und zucke erneut zusammen.
Ich streiche mit meinem Daumen geistesabwesend um den Metallrand des Deckels und lasse meinen Gedanken freien Lauf, während ich versuche, mein träges Gehirn in Gang zu bringen. Ich gebe auf und kippe eine kleine weiße Pille in meine Hand, etwas, das mir bei der Sache helfen wird, weil ich zu ungeduldig bin, um zu warten.
Allerdings werde ich es bei dem anderen Zeug für eine Weile langsamer angehen lassen. Egal, was mein Vater auch glauben mag, ich muss das nicht nehmen. Ich bin, verdammt noch mal, nicht süchtig. Und da ich keinen gesteigerten Wert darauf lege, mir noch mal den Magen auspumpen und meine Rippen brechen zu lassen, werde ich auf diese Sache wohl für eine Weile verzichten.
Ich spüle die Pille mit einem Schluck Wasser hinunter, ignoriere dabei die Tatsache, dass ich wünschte, es sei Bier. Es ist erst elf Uhr vormittags, und ich habe mir vorgenommen, bis fünf Uhr nachmittags keinen Alkohol mehr zu trinken und auch nicht zu versuchen, mir diesen Schwachsinn einzureden, dass es irgendwo auf der Welt gerade fünf Uhr ist. Ich bin kein verdammtes
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