Ihr schafft mich
ergänzt werden.
Quelle: www.kochrezepte.de
Ein deutscher oder auch amerikanischer Restaurantbesitzer, der heute Maikäfersuppe auf die Speisekarte schriebe, würde wahrscheinlich nicht sonderlich viele entsprechende Bestellungen seiner Gäste erhalten. Dafür aber wahrscheinlich Besuch von Fernsehteams, die auf der Suche nach skurrilen Themen sind. Die wiederum müssten sich dann jedoch fragen lassen: Warum sind Maikäfer als Suppeneinlage eigentlich ekliger als beispielsweise Krabben oder Muscheln? Oder Schnecken? Die kann man durchaus auf den Speisekarten feiner Restaurants finden. Es ist also viel mehr, als man denkt, schlicht und einfach eine Vereinbarung.
Allerdings können solche Vereinbarungen für beträchtlichen Ãrger sorgen. Denn viele Menschen fühlen sich nur mit ihren eigenen Abmachungen wohl. Und stören sich an dem, was andere miteinander ausmachen.
Kapitel Fünf
Deine Normen machen mich krank.
Wie es kommt, dass Menschen ihre eigenen Normen lieben â die Normen anderer Menschen aber nicht so sehr.
Machen wir einen Spaziergang durch Berlin-Kreuzberg. Was sehen wir, wenn wir die Köpfe der Frauen betrachten, die uns begegnen? Wir sehen blonde Haare, braune Haare, graue Haare. Wir sehen aber auch: Kopftücher. Schwarze Kopftücher, bunte Kopftücher, gemusterte Kopftücher.
Wir sehen: Metzgereien, die Buletten aus Schweinefleisch anbieten. Wir sehen aber auch: Metzgereien, die für ihr Fleisch mit dem Wort »halal« werben. Das Fleisch entspricht also den Essensvorschriften, die gläubige Moslems einhalten sollen. Es ist garantiert kein Schweinefleisch dabei.
Frauen mit Kopftuch, Halal-Metzgereien â nach einiger Zeit in Berlin-Kreuzberg empfindet man das als normal. Verlassen wir Berlin und fahren hundert Kilometer in eine beliebige Richtung. Halten wir dort in irgendeiner Kleinstadt oder in einem Dorf. Wie finden wir es dort, eine Frau mit Kopftuch zu sehen? Oder eine Halal-Metzgerei? Zumindest die meisten Nicht-Moslems werden ehrlicherweise die Antwort geben müssen: »Irgendwie komisch.« Diese Nicht-Moslems können auch gar nicht anders, als es erst einmal irgendwie komisch zu finden, wenn sie einer Frau begegnen, die ein Kopftuch trägt.
Diese Nicht-Moslems begnügen sich allerdings oft nicht damit, das Kopftuch irgendwie komisch zu finden. Das gilt in Deutschland ebenso wie in Frankreich oder Spanien. Sie suchen Argumente, warum dieses Irgendwie-komisch -Gefühl berechtigt ist. Ãber seine eigenen Empfindungen nachzudenken, ist ja in Ordnung. Allerdings stellt sich die Frage, ob das Nachdenken über das Irgendwie-Komische immer ganz zu Ende gebracht wird.
Wie sehr drückt das Tuch?
Nicht-muslimische Deutsche, die sich an Kopftüchern stören, bringen gern Argumente, die oft zunächst nach vernünftiger Abwägung klingen. Das Kopftuch sei ein Zeichen dafür, dass Frauen unterdrückt werden, heiÃt es dann. Das hört sich gut an und freundschaftlich. Und ohne Zweifel werden in vielen Ländern, in denen die Bevölkerungsmehrheit moslemisch ist, Frauen unterdrückt.
Sicher richtig ist beispielsweise die Feststellung: »In Saudi-Arabien haben Frauen nicht die vollen Menschenrechte. Und das Land ist islamisch.« Die Behauptung »In Saudi-Arabien haben Frauen nicht die vollen Menschenrechte, weil das Land islamisch ist« klingt nicht nur anders. Diese Behauptung hat von der Argumentation auch eine ganz andere Qualität. Sie folgt der gleichen Argumentationsstrategie wie eine Behauptung in dieser Art: »In Europa und den USA gibt es viele Alkoholiker und andere Drogenabhängige, weil diese Länder groÃenteils christlich geprägt sind.« Korrekter wäre wohl erst einmal: »In Europa und den USA gibt es viele Alkoholiker und andere Drogenabhängige. Und diese Länder sind groÃenteils christlich geprägt.«
Wie Menschen in einem bestimmten Land miteinander umgehen, mag auch etwas mit der Religion zu tun haben, die in diesem Land die wichtigste ist. Aber es ist viel zu einfach, alles mit der Religion zu erklären â auch die Frage, welche Rechte ein bestimmter Teil der Bevölkerung hat. Egal ob es um die Rechte von Frauen oder um die Rechte anderer Gruppen in der Gesellschaft geht: Daran, ob jemand Rechte erhält oder sich erkämpfen kann, sind viele Faktoren beteiligt. Die Frage, zu welchem Gott die Menschen beten, spielt dabei nur zum Teil eine
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