Ihr stolzer Sklave
fest umschlungen, als hätte er Furcht, sie gehen zu lassen.
Sie löste sich von ihm, nahm seine Hand und legte sie auf ihren Bauch.
„Weil er versprach, für mich zu sorgen. Und zwar für unser ungeborenes Kind.“
Als sie ihm in die Augen blickte, war Kieran, als hätte man ihm mit einem Ast einen Schlag auf den Kopf versetzt. Er bewegte die Lippen, brachte aber keinen Ton heraus. Alle Luft schien seine Lungen verlassen zu haben.
Sein Herz hämmerte.
Ein Kind. Sein eigen Fleisch und Blut wuchs in Iseult heran.
Kieran spürte das plötzliche Bedürfnis, sie wieder zu berühren, als könnte er so das werdende Leben in ihrem Körper fühlen. „Unser Kind.“ Er wiederholte die Worte – und konnte sie dennoch nicht glauben. Obwohl er wusste, dass Iseult die Wahrheit sprach, wollte es ihm einfach nicht in den Kopf gehen.
„Ja, unser Kind.“ Sie hielt seine Hand und die von Aidan. Plötzlich fiel Kieran ein, dass er die Kinder völlig vergessen hatte. Als er sich umblickte, sah er Shannon, die sich nahe den Palisaden herumdrückte.
„Komm her“, sagte er zu ihr.
Shannon biss sich auf die Lippen und sah ihn mit einem wachsamen Ausdruck in ihren Augen an. Als sie neben ihm stand, stellte er sie Iseult als Aidans Pflegeschwester vor. Shannon murmelte einen Gruß, hielt den Blick aber zu Boden gesenkt. Der sorgenvolle Zug um ihre Lippen blieb bestehen. „War ich ein braves Mädchen?“
Kieran wusste nicht, wovon sie sprach. „Brav genug wofür?“ Ihr hoffnungsvoller Blick traf den seinen. Als er nicht verstand, worauf sie anspielte, riss sie sich los. „Es ist nicht wichtig.“ Mit einem kleinen Schulterzucken ging sie wieder zurück an ihren alten Platz und stellte sich neben das Tor. Wie sie so verloren und einsam dastand, fiel ihm mit einem Mal ein, was sie gemeint hatte.
Er ließ Iseult bei ihrem Sohn zurück und ging zu Shannon hinüber. Sich vor sie hinkauernd, legte er die Hände auf seine Knie. „Du solltest wissen, dass ich im Geschichtenerzählen nicht gut bin. Ich hatte nie viel mit Kindern zu tun. Ich würde einen schrecklichen Pflegevater abgeben.“ Ihre Augen füllten sich mit Hoffnung. „Du könntest besser werden.“ Kieran schwieg, als müsste er nachdenken. „Wir brauchen jemanden, der uns bei Aidan hilft. Ich nehme nicht an, dass du …“ Sie flog in seine Arme und umklammerte ihn, als wäre er der letzte Mensch auf Erden. Und dabei fühlte Kieran ein überraschendes Gefühl der Wärme in sich aufsteigen. Er drückte Shannon kurz an sich und führte sie dann zu Iseult zurück.
„Shannon ist damit einverstanden, uns bei Aidan zu helfen.“ Iseult warf ihm einen wissenden Blick zu, aber das kümmerte Kieran nicht.
Es war schon so lange her, dass er für andere gesorgt hatte. Wo er eben noch keine Kinder gehabt hatte, hatte er jetzt mit einem Mal drei.
Iseult trug Aidan auf der Hüfte, während Kieran Shannon an der Hand führte. Seite an Seite gingen sie zur Kapelle.
„Ich staune, dass Davin nicht gekommen ist“, meinte Iseult. „Doch ich bin froh darüber.“
Nahe der Kapelle hüstelte ein Mann, und Kieran erkannte Rory. Dessen rundes Gesicht strahlte. „Ich sehe, dass ihr einander gefunden habt.“
„Ich werde sie heiraten und nach Duncarrick mitnehmen“, sagte Kieran.
Rory nickte zustimmend. „Und sie wird mehr sein als die Braut eines Holzschnitzers, denke ich mal.“
„Sie ist eine Prinzessin“, piepste Shannon dazwischen.
Als Iseult errötete, stimmte Kieran ihr zu. „Eines Tages, wer weiß …“ Dann wandte er sich an Rory und fügte hinzu: „Meinen Dank dafür, dass du die Hochzeit aufgehalten hast.“
Mit einem Mal sah der alte Mann schuldbewusst drein. „Nun, deinen Dank richtest du besser an Niamh. Was mit Davin und dem Ganzen hier geschah, das war ihr Tun.“
Iseult starrte ihren Vater an. „Was meinst du mit ‚mit Davin und dem Ganzen‘?“
Rory bemühte sich vergeblich, unschuldig dreinzuschauen. „Ich würde nicht sagen, dass es mir leidtut. Mit dem Mann hier bist du weit glücklicher als mit Davin. Niamh und ich unternahmen einfach nur, was nötig war, um dich davon abzuhalten, den Falschen zu heiraten.“
Iseult war entsetzt. „Vater, was hast du getan?“
Davin erwachte im Stall mit den schlimmsten Kopfschmerzen, die er je gehabt hatte. Benebelt und von Übelkeit gequält, versuchte er einen klaren Kopf zu bekommen. Aber er konnte keinen einzigen richtigen
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