Ihr stolzer Sklave
Das hier war wirklich der schlimmste Tag, den sie je erlebt hatte.
Ein Teil von ihr wollte glauben, dass etwas geschehen war, das Davin davon abgehalten hatte, zum Ehegelöbnis zu erscheinen. Doch in ihrem Innern erinnerte sie eine Stimme daran, dass Davin ein eifersüchtiger Mann war. Wie wütend war er gewesen, als er erfuhr, dass sie Kieran liebte.
Nein, Davin würde nicht kommen und sich um sie kümmern. Der einzige Mensch, auf den sie zählen konnte, war sie selbst. Die Last der Einsamkeit wog schwer auf ihr bei dieser Erkenntnis.
Der Klang von Stimmen unterbrach sie in ihren Gedanken. Es waren Kinderstimmen, zusammen mit einem vertrauten Bariton. „Hört jetzt auf zu streiten, alle beide“, befahl ein Mann. „Nehmt meine Hände, und dann gehen wir hinein.“
Iseult hob die Augen und sah Kieran in nicht allzu weiter Entfernung im Regen stehen. Die dunklen Haare fielen ihm auf die Schultern, und er blickte drohend drein. Wassertropfen glänzten auf seiner Haut, und seine Kleider waren vom Regen völlig durchweicht.
Als sie die kleine Hand entdeckte, die die seine hielt, fühlte sie in ihrem Herzen einen Stich. Er war es. Ihr Sohn Aidan.
Die Beine drohten sie nicht mehr tragen zu wollen, und Tränen strömten ihr ein weiteres Mal über die Wangen. Er hatte Wort gehalten. Kieran hatte ihren Sohn gefunden und ihn zu ihr zurückgebracht. Sie raffte die Röcke und rannte auf den Jungen zu. Als sie ihn erreichte, kauerte sie sich neben ihm nieder.
Sein Gesicht, von dem sie das letzte Jahr unentwegt geträumt hatte, es hatte tatsächlich etwas von seinen Babyrundungen verloren. Kinnlanges, feines dunkles Haar umrahmte es, und der Junge starrte sie mit blauen Augen an, die ihre eigenen waren.
Misstrauen verdunkelte seinen Blick. Es war kein Wiedererkennen in ihm zu entdecken. „Du erinnerst dich nicht an mich, nicht wahr?“, flüsterte sie.
„Ich bin deine Mutter.“
Der Junge schüttelte den Kopf. Aber Kieran fasste ihn am Handgelenk und legte die kleine Hand in die ihre.
Mehr als alles andere wünschte sie sich, Aidan in die Arme zu nehmen und ihn an sich zu drücken. Sie wollte sein seidiges dunkles Haar berühren und sich an seinem Anblick erfreuen. Doch Iseult hatte Angst, ihn zu erschrecken.
„Er wird sich schon noch an dich erinnern“, sagte Kieran.
Iseult brachte kein Wort heraus, aber es gelang ihr zu nicken. Langsam stand sie auf, hielt aber Aidan weiterhin fest an der Hand. „Du bist zurückgekommen.“
„Ich halte meine Versprechen.“
Sie wartete darauf, dass er sie in die Arme nahm. Sie musste seine Arme um sich spüren. Aber er rührte sich nicht. Sie wurde aus seinem Gesichtsausdruck nicht klug, wusste nicht, was er fühlte.
„Ich danke dir, dass du mir Aidan gebracht hast“, sagte sie schließlich.
Er nickte nur. Wieder wartete sie darauf, dass er sie in die Arme zog, dass er irgendetwas sagte, ihr mitteilte, woran er dachte. Die Erde schien sich unter ihr aufzutun, als er immer noch schwieg.
Er ist deinetwegen gekommen, ermahnte sie sich. Sicher hatte das etwas zu bedeuten. Sie verdrängte ihre Selbstzweifel und sah ihn an.
„Hast du ihn geheiratet?“, fragte er mit gepresster Stimme. Erst jetzt konnte Iseult die tiefe Angst erkennen, die er die ganze Zeit vor ihr verborgen hatte. Und sie überlegte, ob es vielleicht nicht doch noch eine Chance für sie beide gab.
„Nein. Er kam nicht.“
Kieran trat einen Schritt auf sie zu und streichelte ihre Wange. „Willst du mich dann seinen Platz einnehmen lassen?“
21. KAPITEL
Iseult begann zu zittern und hatte Angst, Kieran zu berühren. Angst davor, dass sie sich verhört hatte.
„Lass mich dein Ehemann werden“, murmelte Kieran. „Lass mich für dich und Aidan sorgen.“
Blind vor Tränen schlang sie die Arme um seinen Nacken. „Ich glaubte, du wolltest mich nicht mehr. Ich dachte …“
Er schnitt ihr mit einem Kuss das Wort ab, heilte ihren Schmerz und schenkte ihr ein Gefühl der Erleichterung, wie niemand sonst es gekonnte hätte. Iseult klammerte sich an ihn und merkte selbst jetzt, wo er sie liebkoste, wie stark er war.
„Ich glaube, ich hätte dich von hier entführt, selbst wenn du ihn geheiratet hättest“, knurrte er.
Sie schmiegte die Hand an seine Wange. „Du sollst wissen, dass ich dir folgen werde, wo immer du auch hingehst.“
„Wieso hast du eingewilligt, ihn zu heiraten?“ Er hielt sie
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