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Ihr stolzer Sklave

Ihr stolzer Sklave

Titel: Ihr stolzer Sklave Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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hierhergekommen? Die Heilerin Deena würde den Sklaven bereits versorgt und ihm auch etwas zu essen gegeben haben. Ihre Anwesenheit würde nur stören. Sie wollte sich gerade abwenden, als die Tür sich öffnete.
      „Oh“, keuchte Deena und griff sich ans Herz. Schon fast eine Generation lang kümmerte sich die Heilerin um Davins Stamm, aber ihr Haar besaß immer noch seinen schwarzen Schimmer. Feine Linien zogen sich um ihren lächelnden Mund. „Du hast mich erschreckt. Ich wollte gerade etwas Wasser holen.“
      „Wie geht es dem Sklaven?“, fragte Iseult.
      Deena schüttelte den Kopf. „Nicht gut, fürchte ich. Er will weder trinken noch essen. Das ist ein ganz Eigensinniger. Wenn er unbedingt sterben will, so ist das seine Sache, aber eigentlich wäre es mit lieber, wenn es nicht in meiner Krankenhütte geschähe.“
      „Soll ich mit ihm sprechen?“
      „Wenn du magst. Nicht, dass es irgendetwas ändern würde.“ Deena stieß einen verächtlichen Seufzer aus. „Dann mal los.“
      Iseult trat über die Schwelle in den verdunkelten Raum. In der Feuerstelle glühten Kohlen, und es roch intensiv nach Wintergrün und Kamille. Der Sklave lag mit geschlossenen Augen auf seinem Lager. Das ungekämmte schwarze Haar fiel ihm bis auf die Schultern, seine Wangen waren rau und unrasiert. Er ähnelte einem aus der Unterwelt heraufgekrochenen Dämon, einem dunklen Gott wie Crom Dubh einer war.
      Doch er war ein Sklave, und als solcher musste er durch Irland gereist sein. Vielleicht hatte er ihren Sohn Aidan gesehen oder Neuigkeiten über ihn in Erfahrung gebracht. Iseult versuchte die Welle der Hoffnung zu unterdrücken, die in ihr aufstieg.
      Sei nicht närrisch, ermahnte sie sich. In einem so weiten Land war es höchst unwahrscheinlich, dass er etwas über einen kleinen Jungen wusste.
      „Willst du etwas essen?“, fragte sie, als sie sich neben seine Strohmatte kniete.
      Er öffnete die Augen nicht und rührte sich auch sonst nicht. Iseult streckte die Hand aus, um seine Schulter zu berühren.
      Da schoss seine Hand vor und umklammerte ihr Handgelenk.
      Dunkelbraune Augen blitzten sie warnend an. Der Schmerz ließ sie aufschreien.
      „Raus“, sagte er. Der schneidende Klang seiner Stimme erschreckte sie.
      Dieser Mann hatte nichts von der demütigen Haltung eines Sklaven an sich.
     
      Heilige Mutter Maria, was für eine Sorte Mann hatte Davin da gekauft?
      Iseult sprang auf die Füße und entriss ihre Hand seinem Griff. „Wer bist du?“
      „Kieran Ó Brannon. Und ich möchte allein gelassen werden.“ Er drehte sich auf die Seite. Beim Anblick seines geschundenen Rückens überlief Iseult ein Schauder. Die Stimme der Vernunft riet ihr zu gehen. Und zwar sofort, bevor er noch einmal wild um sich schlug.
      „Ich bin Iseult MacFergus“, sagte sie ruhig. „Und ich bringe dir Essen.“
      „Ich will es nicht.“
      Mit fester Stimme fügte Iseult hinzu: „Wenn du nicht isst, wirst du sterben.“
      „Lieber sterbe ich, als so zu leben.“
      Iseult spürte, dass er von einer kochenden Wut erfüllt war, nicht von Kummer. Das machte ihr Angst. Sie wusste nicht, was er sagen oder tun würde. Wie ein wildes Tier war er bereit, jeden anzugreifen, der ihm gegenüber Mitleid zeigte.
      Ohne sich darum zu kümmern, dass das Brot mit Schmutz in Berührung kam, stellte sie das Essen neben ihn auf den Boden. „Wenn du sterben willst, dann mach schnell. Solltest du dich entscheiden zu leben, dann wisse, dass dir hier niemand etwas tun wird.“
      Bevor er noch etwas erwidern konnte, floh sie aus der Hütte. Von einem Mann wie diesem würde sie keine Antwort über den Verbleib ihres Sohnes erhalten. Je eher Davin diesen Sklaven wieder loswurde, desto besser. Das war jedenfalls ihre Meinung.
      Kieran Ó Brannon hätte am liebsten laut gelacht. Einer von Gottes Engeln war ihm erschienen, wie passend! Nachdem er die letzte Zeit in der Hölle verbracht hatte, war ihm die Ironie des Geschehens nicht entgangen.
      Ihr Haar besaß die Farbe des Sonnenuntergangs, Gold mit etwas Rot darin. Ihr blaues léine und ihr Oberkleid ließen einen schlanken Körper und lange Beine erkennen. Früher einmal hätte er vielleicht versucht, mit einer Frau wie Iseult Mac-Fergus anzubändeln.
      Aber Frauen war nicht zu trauen, besonders schönen Frauen nicht. Seiner Erfahrung nach fand man in ihren Herzen umso mehr Verrat, je hübscher sie waren.
      Er starrte auf das heruntergefallene Brot.

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