Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall
profitiert, und Rory Armitage war bei ihm, als seine Frau Ernies Kopf fand. Ich möchte, dass er die Geschichte ebenfalls hört. Also muss die Einladung von Wynne kommen – falls sie nichts dagegen hat, heißt das.«
»Bestimmt nicht«, hatte Meredith geantwortet.
»Sie ist selbst halb verrückt vor Neugier, alles zu erfahren.« Und so saßen sie nun alle hier, Rory Armitage und seine Frau, Meredith, Alan, Wynne und Tom Burnett. Mrs Burnett war ebenfalls eingeladen, doch sie hatte abgesagt, weil eines ihrer Kinder zahnte. Max Crombie, ebenfalls eingeladen, war der zweite Abwesende.
»Hab einen dringenden Auftrag«, hatte seine Ausrede gelautet. Zwei Tage Regen hatten die Luft gereinigt. Die Wolken hatten sich verzogen, und die Sonne war zurückgekehrt, ein wenig blasser und schwächer als zuvor, doch immer noch angenehm und freundlich. Sie schien durch das Fenster, und Nimrod aalte sich auf dem Sims in ihren wärmenden Strahlen, die Vorderpfoten unter den Leib gezogen und die Hinterbeine zur Seite ausgestreckt. Er spitzte sein unbeschädigtes Ohr und lauschte auf interessante Geräusche im Haus, während seine Augen die Welt draußen vor dem Fenster beobachteten. Von Zeit zu Zeit peitschte sein verstümmelter Schwanz auf der Decke hin und her, wenn ein Hund, ein Vogel oder ein verhasster anderer Kater sein Sichtfeld durchquerte. Wynne hatte ihren selbst gemachten Wein aufgetischt, und sie hatten mehr als einmal davon gekostet und ihn – ebenfalls mehr als einmal – mit dem Prädikat
»köstlich« ausgezeichnet. Unter dem Einfluss des Alkohols hatten sie sich schließlich entspannt zurückgelehnt und angefangen, über die Ereignisse der vergangenen Zeit zu sprechen, insbesondere das plötzliche und unerwartete Ende der ganzen Angelegenheit.
»Kevin, der arme Junge, war bereits in blinder Panik, bevor Sadie aufgetaucht ist. Er wäre vor Angst beinahe gestorben. Sie sah ziemlich gewöhnlich aus, kein bisschen wie eine Hexe, wirklich nicht. Eher wie eine Hochseefischerin, mit all dem gelben Ölzeug am Leib!«, erinnerte sich Meredith. Sie dachte kurz nach.
»Trotzdem, sie hat auch mir einen Schreck eingejagt, für einige Minuten wenigstens, weil ich keine Ahnung hatte, dass sie hinter mir stand. Der arme Kevin hat fast den Verstand verloren. Er hat wirklich geglaubt, sie würde magische Kräfte besitzen. Seine Nerven lagen blank. Wie ich das sehe, wich er einen Schritt zurück und drehte sich um, weil er davonlaufen wollte. Er hatte vergessen, wie dicht er vor dem Stehenden Mann war, und rannte mit der Schulter gegen den Stein. Für Kevin in seiner Angst und seiner Verwirrung muss es gewesen sein, als hätte sich der Stein bewegt und ihm den Weg verstellt. Er zuckte zusammen, wie man das tut, wenn man glaubt, allein zu sein, und jemand klopft einem unerwartet auf die Schulter. Dabei stolperte er und fiel hin, und das ist alles. Er lag einfach nur noch da und schluchzte und zitterte. Sadie nahm das Gewehr an sich, und ich half Kevin auf die Füße und brachte ihn zu meinem Wagen. Nichts auf der Welt hätte ihn dazu gebracht, bei Sadie einzusteigen. Der arme Junge murmelte den ganzen Rückweg etwas von dem Stein, der sich bewegt hätte, und dass er wirklich keinen Schaden an dem heiligen Monument hatte anrichten wollen.«
»Der arme Junge?«, grollte Markby.
»Er hätte dir den Kopf von den Schultern schießen können!« Meredith nahm es philosophisch.
»Hat er aber nicht, oder? Warum zerbrichst du dir im Nachhinein darüber den Kopf? Unglücklicherweise traf die Ladung den anderen Stein, die Stehende Frau, und schlug ein paar Splitter heraus. Sadie ist deswegen schrecklich aufgebracht, und ich kann mir gut vorstellen, dass die Englische Denkmalschutzkommission nicht sehr begeistert reagieren wird, wenn sie davon erfährt.«
»Wieso ist Sadie Warren zu dem Monument gefahren?«, fragte Gill Armitage.
»Ich empfand die Frau immer als abstoßend. Ihre Augen sehen immer ganz entrückt aus, als wäre sie meilenweit entfernt und würde mit irgendeiner Macht in Verbindung stehen, die keiner von uns Normalsterblichen sehen kann. Als würde sie ständig … na ja, irgendwelche Nachrichten von Geistern erhalten.«
»Ganz genau!«, stimmte Meredith ihr zu.
»Und Sadie besteht darauf, dass es genau das war. Eine Art spiritueller Nachricht, die die Steine ihr geschickt hatten, weil sie in Gefahr waren. Wie sich herausgestellt hatte, waren sie das tatsächlich. Sadie jedenfalls sagt, sie wäre sofort in den Wagen
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