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Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall

Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall

Titel: Ihr Wille Geschehe: Mitchell& Markbys Zehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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hatte mich schon gefragt, ob sie überhaupt irgendwelchen Besuch mochte, aber daran hat es sich gezeigt, finde ich. Der äußere Eindruck ist hin und wieder trügerisch. Sie wirkte immer so hochnäsig, und in Wirklichkeit war sie heilfroh, dass jemand da war, mit dem sie reden konnte und der sich für sie interessierte.« Es hatte offensichtlich keinen Zweck, weiter mit ihm über Olivia Smeaton zu reden. Seine Selbstgefälligkeit umgab ihn wie ein Panzer. Das Traurige daran war, dass er es im Grunde nur gut meinte. Er hatte auf seine tollpatschige Art Freundschaft mit Olivia zu schließen versucht, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob sie es überhaupt wollte oder nicht. Als Meredith so dasaß und den Vikar nach Worten suchend ansah, wurde Dave aus irgendeinem Grund nervös.
    »War es das, was Sie wissen wollten?«, fragte er und warf einen sehnsüchtigen Blick auf seine Gitarre. Vielleicht will er wieder zurück zu seinen Übungen, dachte Meredith. Vielleicht ist es aber auch nur sein Lieblingsspielzeug, wie bei einem Kind, kam ihr ein plötzlicher Gedanke. Er spielte eigentlich nicht damit, sondern zog Trost aus ihm. Irgendwie hatte eine ihrer Fragen ihn erschüttert. Er war unglücklich. Die Frage lautete – welche?
    »Dave«, fragte Meredith leise, weil es wichtig war, ihn nicht zu erschrecken.
    »Haben Sie Mrs Smeaton am Wochenende ihres Todes besucht? Oder wollten Sie es?« Er wurde blass. Er öffnete den Mund ein paar Mal und schloss ihn wieder, ohne dass ein Wort herausgekommen wäre, und für einen Augenblick oder zwei sah er aus, als wollte er in Tränen ausbrechen. Meredith fühlte sich eigenartig an Julie Crombie erinnert, deren selbstsichere äußere Schale ebenfalls ganz schnell abgefallen war. Sie hatte diesem ernsten jungen Mann ausgerechnet die Frage gestellt, von der er offensichtlich gebetet hatte, dass niemand sie stellen würde und dass er sie niemals der Wahrheit gemäß würde beantworten müssen. Er konnte nicht lügen. Es war ihm nicht gegeben. Doch wie es sich für ihn geziemte, kam er seiner Pflicht tapfer nach. Er setzte sich kerzengerade auf, legte die Hände auf die Knie, wandte den Blick resolut von der Gitarre ab und sagte:
    »Es hat mein Gewissen belastet. Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Ich frage mich seit damals, ob ich mit irgendjemandem darüber hätte reden sollen oder nicht.«
    »Dann reden Sie mit mir«, sagte Meredith einfach. Jetzt wollte er wirklich reden. Die Worte, die seit Wochen in ihm eingesperrt gewesen waren, brachen aus ihm hervor wie eine Beichte. Plötzlich war sie der spirituelle Beistand und Tröster, und er war der von seinem Gewissen gequälte arme Sünder.
    »Hören Sie, ich bin froh, dass Sie gekommen sind«, sagte er.
    »Ich weiß nicht, wer Sie sind, doch ich glaube, Gott hat Sie zu mir geschickt. Nein, nein, sagen Sie nicht, er wäre es nicht gewesen. Seine Wege sind seltsam. Außerdem hätte es keinen Unterschied gemacht, verstehen Sie? Ich war bei der Gerichtsverhandlung zur Feststellung der Todesursache der alten Dame, und der Mediziner sagte aus, dass sie wahrscheinlich bereits am Freitag in der Nacht oder spätestens am Samstagmorgen gestorben war. Ich bin erst am Samstagnachmittag hingegangen. Ich weiß überhaupt nicht, warum ich gegangen bin … doch, jetzt fällt es mir wieder ein, ich war in der Kirche gewesen. Als ich rauskam, fiel mein Blick auf Rookery House, und ich dachte, ich gehe mal hin und sehe nach, wie es der guten alten Ollie geht. Ich ging durch das Tor und den Kiesweg hoch. Es war niemand da, im Haus war es still. Die Fensterläden waren offen. Wäre alles verschlossen gewesen, hätte ich bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte, aber so … sie waren ganz normal nach hinten geklappt, alte, innen liegende Fensterläden, wie man sie früher hatte, kennen Sie die? Ich läutete an der Tür, aber niemand kam, um mir zu öffnen. Ich ging ums Haus herum zur Hintertür und klopfte an, wartete, klopfte erneut. Keine Antwort. Also dachte ich, entweder sie schläft oder sie ist im Garten. Ich sah mich im Garten um, aber da war sie nicht, also musste sie schlafen. Es war ein sehr heißer Nachmittag, und sie war wahrscheinlich eingedöst. Und deshalb … deshalb bin ich dann einfach gegangen.« Er starrte sie erbarmungswürdig an.
    »Ich konnte es doch nicht wissen, oder? Viele ältere Menschen machen einen Mittagsschlaf. Sie hatte nicht mit meinem Besuch gerechnet. Ich dachte, vielleicht wollte sie mich auch nicht sehen und hat

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