Ihr wisst genau, dass ihr mich liebt
zu ignorieren. Sie hatte Serena zur Aussätzigen gemacht.
Blair setzte sich und begann missmutig, Spinatblätter
aufzuspießen. Nach dem Vorfall bei Barneys gestern hatte sie sich eine Weile auf
eine Bank gesetzt, um Serena nicht noch mal über den Weg zu laufen. Zu Hause
hatte ihre Mutter dann beiläufig erzählt, sie habe ihr Konto aufgelöst und ein
Gemeinschaftskonto mit Cyrus eröffnet. Blair würde in ein paar Tagen eine neue
Kreditkarte bekommen. Das erklärte natürlich einiges. Danke für die prompte
Info, Mom.
Blair hatte im Schrank einen hübschen Karton für die
Pyjamahose gefunden, ihn in schönes Silberpapier gepackt, mit schwarzem
Geschenkband eine Schleife gebunden und das Paket bei Nate abgegeben. Aber Nate
hatte sich gestern Abend nicht mehr bei ihr gemeldet, um sich zu bedanken. Was
war bloß los mit ihm?
Kati und Isabel kamen angestöckelt und setzten sich
ihr gegenüber.
»Ich versteh nicht, wieso du deiner Mutter nicht
einfach sagst, dass du Serena als Brautjungfer nicht willst«, meinte Isabel.
Sie drehte ihre dicken braunen Haare zu einem Knoten, den sie am Kopf
feststeckte, und trank einen Schluck von ihrer fettarmen Milch. »Das würde sie
sicher verstehen.«
»Genau. Erzähl ihr doch, dass ihr gar nicht mehr
befreundet seid«, schlug Kati vor, beugte sich über ihre Tasse und fischte ein
gekräuseltes blondes Haar aus dem Tee. Ihre Haare flogen immer überall durch
die Gegend.
Blair sah verstohlen zu Serena hinüber. Sie hatte
gehört, wie ihre Mutter mit Serenas Mutter telefoniert hatte, also wusste
Serena bereits, dass sie Brautjungfer werden sollte. Die Idee klang verlockend,
aber Blair konnte ihre Mutter nicht bitten, Serena abzusagen. Das wäre stillos.
Außerdem wollte Blair einen offenen Konflikt mit Serena um jeden Preis
vermeiden. Immerhin hatte Serena sie vielleicht bei Barneys beim Klauen
beobachtet. Wenn sie das auf der Upper East Side herumerzählte, konnte sich
Blair einsargen lassen.
»Zu spät.« Blair zuckte die Achseln. »Eigentlich interessiert
es mich auch gar nicht. Sie läuft bloß in der Kirche neben uns her und trägt
dasselbe Kleid wie wir. Sonst haben wir ja nichts mit ihr zu tun.«
Was nicht ganz stimmte. Blairs Mutter hatte davon gesprachen,
den Brautjungfern ein Essen und einen Wellness- Tag zu spendieren, aber das
verdrängte Blair vorerst.
»Wie sehen unsere Kleider denn aus? Hast du mit deiner
Mutter schon welche ausgesucht?«, fragte Kati und biss in ihr Schokotörtchen.
»Bitte nehmt nichts, was so supereng ist, ja? Ich will ja eigentlich bis
Weihnachten mindestens fünf Kilo abnehmen, aber guckt mich an. Jetzt ess ich
schon wieder so eine Kalorienbombe!«
Blair rührte gelangweilt in ihrem Jogurt. »Ach, die
Kleider sind doch total egal.«
Isabel und Kati starrten sie entgeistert an. Hatte sie
das eben tatsächlich gesagt? Die Kleider waren natürlich kein bisschen egal.
Wenn ein Mädchen wie Blair so etwas sagt, ist
glockenklar, dass etwas massiv nicht stimmt.
Blair steckte sich einen Löffel Jogurt in den Mund,
ohne auf die beiden einzugehen. Was war denn auf einmal mit allen los? Konnten
sie vielleicht endlich mal aufhören, über die blöde Hochzeit zu quatschen, und
sie einfach in Ruhe lassen?
»Eigentlich hab ich gar keinen Hunger.« Sie stand auf.
»Ich glaub, ich geh in den Computerraum und schreib ein paar Mails.«
Kati deutete auf das Törtchen, das Blair nicht
angerührt hatte. »Willst du das nicht mehr?«
Blair schüttelte den Kopf.
Kati nahm es und legte es auf Isabels Tablett. »Dann
können wir es uns ja teilen.«
Isabel runzelte die Stirn, nahm das Törtchen und warf
es auf Katis Teller. »Wenn du es fressen willst, friss es. Aber allein.«
Blair nahm ihr Tablett und stampfte davon. Mein Gott,
wann war endlich der letzte Schultag?
Als Jenny mit ihrer Tasse Tee und ihrer Banane in die
Cafeteria kam, entdeckte sie Serena sofort. Sie saß allein an einem Tisch und
las. Jenny ging schnurstracks zu ihr hin.
»Kann ich mich zu dir setzen?«
»Klar.« Serena klappte ihr Buch zu. Es hieß »Die
Leiden des jungen Werther« und war von irgendeinem Goethe. Jenny hatte noch nie
was davon gehört.
Serena hatte ihren Blick bemerkt. »Das hat mir dein
Bruder empfohlen. Ich versteh echt nicht, was er an dem Scheiß so toll findet.
Es ist stinklangweilig.« Genau genommen hatte Dan ihr das Buch nicht empfohlen,
sondern nur erwähnt, dass er es gelesen hatte. Es ging um einen Typen, der
total von einer bestimmten Frau besessen ist. Er
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