Ihre Beiden Väter
Nummer und wartete.
„Hallo?“
Srikkanths Stimme war so unaufmerksam, dass Jaime erneut lächelte. „Ich hab Sophie nicht geweckt, oder?“, fragte er.
„Nein“, antwortete Srikkanth. „Sie schläft in ihrem Autositz, während ich versuche zu kochen.“
„Gut. Hast du eine Minute oder ruiniere ich das Essen, wenn ich dich ablenke?“
Srikkanth schnaubte. „Wir werden Glück haben, wenn es überhaupt essbar ist. Irgendwie kann ich mich auf nichts anderes konzentrieren, außer auf Sophie.“
Jaime lachte. Srikkanth klang hinreißend zerstreut, so ganz anders, als sein übliches, beherrschtes Selbst. „Ich denke, das ist vollkommen normal“, beschwichtigte er seinen Freund. „Ich mach jetzt Feierabend und fahr noch am Supermarkt vorbei wegen den Sachen, die du mir geschrieben hast. Brauchst du sonst noch was?“
„Ich denke, wir haben gestern alles für sie gekauft, außer die Babynahrung“, antwortete Srikkanth.
„Ich hab nicht gefragt, ob Sophie was braucht“, mahnte Jaime, „sondern ob du etwas brauchst.“
„Eine Flasche Wodka?“, witzelte Srikkanth. „Ein Loch im Kopf?“
Jaime kicherte. „Hör auf, dir so viel Sorgen zu machen. Genieße es lieber, sie bei dir zu haben. Erzähl mir mal, wie sie aussieht.“
Während er auf Srikkanths Antwort wartete, zog er seine Jacke an und winkte seiner Assistentin zum Abschied. Die Frau winkte zurück. Damit ließ Jaime seine Arbeit für heute hinter sich.
„Sie sieht aus wie Jill“, antwortete Srikkanth prompt.
„Sie kann unmöglich wie Jill aussehen“, widersprach Jaime und dachte an die helle Haut und die roten Haare der Frau, die er so oft an Srikkanths Seite gesehen hatte. „Du bist zu dunkel, als dass sie Jills Hautfarbe haben könnte.“
„Sie hat meine Farbe“, bestätigte Srikkanth. Jaime suchte in seiner Jackentasche nach seinem Schlüssel, ohne dabei das Handy fallen zu lassen. „Dunkle Haare, dunkle Augen, auch wenn ihre Haut bis jetzt nicht so dunkel ist, wie meine.“
„Tja, sie ist eine Mischung von euch beiden.“ Jaime setzte sich ins Auto und fuhr vom Parkplatz. „Also ist es logisch, dass sie ein bisschen heller ist als du. Wenn sie älter wird, wird sie vielleicht etwas dunkler. Ich erinnere mich an meine Mama, die meinte, die Pigmentierung eines Babys sei erst nach ein paar Monaten voll ausgeprägt.“
„Abgesehen davon sieht sie aber aus wie Jill“, fuhr Srikkanth mit zärtlicher Stimme fort. „Sie hat dieselben Augen, denselben Mund und ich denke, sie bekommt auch Locken.“
„Ich bin mir sicher, sie wird so schön wie ihre Mutter“, meinte Jaime. Sie hätte es außerdem wesentlich schlimmer treffen können, als so auszusehen wie ihr Vater, dachte er still für sich. Srikkanth war ihm sofort, nachdem er auf die Anzeige für einen neuen Mitbewohner geantwortet hatte, aufgefallen. Von Anfang an hatten sie aber beschlossen, dass es schwerer war, einen guten Mitbewohner zu finden, als einen tollen Bettgefährten und dass sie, solange sie Mitbewohner waren, nichts miteinander anfangen würden. Das hat bisher gut funktioniert. In den drei Jahren, in denen sie sich nun schon die Wohnung teilten, sind einige Liebhaber gekommen und gegangen. Auch einige dritte Mitbewohner, aber ihre Freundschaft blieb bestehen. Er schätzte, das war ein toller Rekord. Trotzdem fragte er sich, wie Sophie jetzt alles verändern könnte.
„Das hoffe ich“, murmelte Srikkanth, „obwohl es in der Schule interessant werden könnte.“
„Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand“, riet Jaime. „Du hast noch ein paar Jahre, bis du dir darüber Gedanken machen musst. Lass sie erst mal in den Kindergarten, ehe du an die High School denkst, okay?“
„Verdammt!“
„Was ist los?“, fragte Jaime unmittelbar und hoffte, dass Sophie nichts passiert war.
Srikkanth seufzte. „Ich hab das Abendessen ruiniert.“
Jaime lächelte. „Macht doch nichts. Ich fahr beim Chinesen vorbei. Noch bin ich am Laden, dann hol ich noch das Milchpulver. Ruf an und bestell etwas. Ich hol es dann ab, wenn ich dran vorbei fahre.“
Erneut seufzte Srikkanth. „Okay, ich muss nur Nathaniel fragen, was er möchte. Was ist mit dir? Hühnchen mit Cashewnüssen wie üblich?“
„Das ist ok.“ Es amüsierte Jaime, wie gut sie sich nach drei Jahren kannten.
„Okay, ich ruf an. Hebe die Rechnung auf, damit ich es dir nachher zurückzahlen kann.“
Jaime wollte schon protestieren, doch Srikkanth hatte schon aufgelegt. „Pass auf, Bhattacharya“,
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