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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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mussten lernen, in einer Welt zu leben, in der Folter, Zwangsarbeit und das Verschwinden von Menschen zum Alltag gehörten.«
    Die japanische Armee verachtete die Burmesen infolge eines Rassismus, den sie für die meisten Völker in Asien hegte. Viele Offiziere meinten, dass ein Volk, das sich hatte kolonisieren lassen, nicht verdiente, als Menschen behandelt zu werden. Die Gefängnisse, die nach der Flucht der Briten geleert worden waren, füllten sich schnell aufs Neue. Verhöre wurden regelmäßig unter der Anwendung von Folter durchgeführt; unter anderem wurden die Gefangenen kopfüber aufgehängt und bekamen kochendes Wasser über die Geschlechtsteile und in die Nasenlöcher gegossen.
    In jeder Stadt verlangten die Japaner freien Zugang zu burmesischen Frauen. Bordelle hatten immer schon zum allgemeinen Stadtbild gehört, nie zuvor jedoch in solch einem geradezu industriellen Ausmaß wie jetzt. Junge Frauen wurden gezwungen, sich für ein paar Rupien zu verkaufen; waren keine Prostituierten zur Verfügung, gingen die Soldaten zu regelrechten Vergewaltigungen über.
    Aung Sans Verbitterung angesichts des japanischen Verrats wurde immer größer. Unmittelbar nach der Okkupation hatte die BIA den Befehl erhalten, nach Norden zu marschieren und den Kampf gegen die fliehenden Briten fortzusetzen. Nach einigen Wochen allerdings verstand Aung San, dass das einzige Ziel dieser Aktion darin bestand, ihn vom politischen Spiel in der Hauptstadt fernzuhalten. Die BIA wurde später von den Japanern aufgelöst und durch eine kleinere Truppe, welche die Verantwortung für die innere Sicherheit übernehmen sollte, ersetzt. Die BIA sollte in eine Art Polizeitruppe umgewandelt werden – ganz anders als die nationale Armee, die Aung San ein Jahr zuvor an jenem Abend in Bangkok vor seinem geistigen Auge gesehen hatte.
    Auf einem Bankett zur Feier des Sieges im Frühjahr 1942 hielt Aung San eine Rede, die klar verdeutlichte, wo er stand: »Auch wenn ich an diesem Bankett teilnehme, so ist es mir dennoch unangenehm. Ich weiß, dass es zu Ehren der Anführer stattfindet, die das Land in die Souveränität geführt haben, aber ich kann dieses Geschenk nicht annehmen, weil ich noch nichts Bemerkenswertes vollbracht habe.«
    Und beim Besuch eines Militärquartiers in Maymyo sagte er: »Ich bin nach Japan gefahren, um mein Volk zu retten, das von den Briten wie eine Kreatur geschunden wurde. Aber jetzt werden wir wie Hunde behandelt und müssen noch mehr kämpfen, um überhaupt unseren Status als Kreatur zurückzuerlangen.«
    1943 kehrten Aung San und einige andere der Dreißig Kameraden nach Japan zurück, wo sie eine Auszeichnung vom Kaiser sowie das erneute Versprechen erhielten, dass sich die japanische Armee zurückziehen werde, sobald der Zweite Weltkrieg vorüber sei. Als sie nach Burma zurückkehrten, wurde Aung San zum Verteidigungsminister in einer neuen Regierung ernannt. Ne Win, einer der Dreißig Kameraden, wurde Oberbefehlshaber. Für einen Augenblick schien die Souveränität in Reichweite.
    Doch kurz danach bat Oberst Suzuki Aung San um eine private Unterredung. Suzuki war nach Japan zurückbeordert worden und lüftete vor seiner Abreise das Geheimnis um die geheim gehaltene Agenda, welche die Politik Japans gegenüber Burma die ganze Zeit bestimmt hatte. Die Japaner hatten keineswegs die Absicht, dem Land eine tatsächliche Souveränität zu gewähren. Suzuki berichtete, dass er mehrmals darauf gedrungen hätte, den Einfluss der Burmesen zu erhöhen, doch jedes Mal seien seine Befehle von den Generälen in Tokio widerrufen worden.
    Angesichts dieser Situation machte Aung San eine sogar für ihn ungewöhnlich dramatische Kehrtwendung: Er suchte Unterstützung bei den Briten. Wenn Japan vertragsbrüchig wurde, mussten die Bücher eben erneut umgeschrieben werden. Jetzt sollte die alte Kolonialmacht benutzt werden, um die neue zu vertreiben.
    Die Alliierten hatten die Hoffnung, Burma wieder einzunehmen, noch nicht aufgegeben. Japans Vorrücken war stellenweise durch Guerillatruppen der ethnischen Minderheiten gebremst worden. Im Norden hatten die Kachin erfolgreich Widerstand geleistet, und die japanischen Soldaten hatten furchtbare Angst, sich in die Berge nördlich der Stadt Myitkyina zu begeben, wo Krankheiten, Tiger und eine nahezu unsichtbare Armee aus Dschungelkriegern auf sie warteten. Die Kachin hatten darüber hinaus die morbide Angewohnheit, ihren Opfern die Ohren abzuschneiden und sie als Kriegstrophäen mit

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