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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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der japanischen Okkupation einmal beobachtet hatte, wie Aung San vor einem Treffen in Zentralburma seinen Uniformrock auszog. Das Hemd darunter war schmutzig und voller Löcher. Er hatte nur zwei Uniformen, die er abwechselnd trug, und lehnte alle Formen persönlichen Komforts ab. Diese selbstaufopfernde Attitüde hatte seine Stellung unter den Burmesen gestärkt und ihn unerhört beliebt gemacht, doch Frauen waren in seinem Leben nicht vorgekommen. Die allermeisten glaubten, dass »das politische Urwesen« Aung San kein Interesse an Heirat oder Familiengründung hatte. Dies schien ein Luxus zu sein, der er sich nicht gönnen konnte – oder wollte. Während des Krieges hatte er einmal sogar seinen Soldaten verboten, am Abend im Lager romantische Lieder zu singen, da er Angst hatte, dass der Gesang sie von dem übergeordneten Ziel ablenken könnte. Ebenso ist dokumentiert, dass er bei einem Wutausbruch einmal geschrien hatte, alle wahren Patrioten sollten sich kastrieren lassen, damit der Sexualtrieb sie nicht von »der großen Aufgabe« wegführen könnte.
    In seinem Buch
Perfect Hostage
beschreibt der Autor Justin Wintle, dass viele in Aung Sans Umgebung geradezu eifersüchtig reagierten, als er schließlich selbst der Liebe verfiel. Sie wollten Bogyoke Aung San für sich selbst behalten, und gleich von Anbeginn kursierten eigenartige Gerüchte über Khin Kyi. Einige behaupteten, sie stamme aus dem Karen-Volk, andere sagten, sie sei Christin, Baptistin oder sogar Angehörige der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten.
    Die Wahrheit jedoch war, dass ihr Vater, Pho Hnyin, in einer gewöhnlichen burmesischen Familie aufgewachsen war, deren einzig denkbare Religion Buddhismus hieß. Als junger Mann war er häufig zur Jagd gegangen, und viele seiner Jagdkameraden – oft die besten Schützen – stammten aus christlichen Familien des Karen-Volkes. Während der gemeinsamen Jagdausflüge hatten sie ihm oft aus der Bibel vorgelesen. Sie hatten von der christlichen Botschaft der Liebe und Vergebung berichtet, und nach einiger Zeit war Pho Hnyin zum Christentum konvertiert. Vor dem Hintergrund der Konflikte zwischen den verschiedenen Religionen und ethnischen Gruppen sowie des sich verstärkenden Nationalismus war dies sicher ein ungewöhnlicher und umstrittener Schritt.
    Auch Khin Kyis Mutter reagierte ablehnend. Sie stammte aus einer gläubigen Familie und weigerte sich lange, die Entscheidung ihres Mannes zu akzeptieren. Zu guter Letzt kamen sie zu der Übereinkunft, ihre Kinder mit zwei Religionen aufwachsen zu lassen, so dass diese sich später entscheiden konnten, welchen Glauben sie annehmen wollten. Während ihrer Jugend in Myaungmyar im Irrawaddy-Delta besuchte Khin Kyi regelmäßig buddhistische Klöster, nahm aber auch an christlichen Gottesdiensten teil. Daher wurde es für sie auch ganz natürlich, in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft zu leben. Die starken Spannungen, die das Verhältnis der verschiedenen Volksgruppen in Burma insgesamt prägten, waren in ihrem eigenen Zuhause nicht existent.
    Beide waren sich im Klaren darüber, dass ihre Beziehung keine »gewöhnliche« Ehe werden würde. Doch auf dem spiegelnden Wasser des Inya Sees nahm Khin Kyi schließlich Aung Sans Heiratsantrag an. Doch beinahe wäre nichts aus alledem geworden, denn am Tage vor der Hochzeit verlor Aung San auf eine für ihn untypische Art und Weise die Kontrolle. Der Vorfall ist in
Perfect Hostage
wiedergegeben. Eine Gruppe japanischer Offiziere hatte Aung Sans Junggesellenabend ausgerichtet und freute sich, dass der engagierte und äußerst hart arbeitende Burmese trotz allem eine menschliche Seite zu haben schien. Aung San hatte kaum je zuvor im Leben Alkohol getrunken und war deshalb chancenlos, als die abgehärteten Japaner das Trinktempo erhöhten. Völlig betrunken luden sie ihn kurz nach Mitternacht auf der Veranda seines Hauses ab, wo Khin Kyi bereits auf ihn wartete. Sie wurde wütend und beschimpfte die Japaner für das, was sie mit ihrem zukünftigen Ehemann angestellt hatten. Nachdem die Japaner fort waren, schimpfte sie auch Aung San ordentlich aus. Statt zu antworten, erbrach sich dieser jedoch auf der Veranda. Daraufhin erklärte Khin Kyi die Hochzeit für abgesagt. Sie machte Schluss. Wenn er sich derart benehme, müsse sich »der große« Aung San eine andere Frau suchen. Nach einer stundenlangen Diskussion, in der er erklärte, dass er sich niemals zuvor so benommen habe und dies auch nie wieder

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