Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
Vom Netzwerk:
wodurch sich die Freundschaft zwischen den Familien vertiefte. Als Suu Kyi sich in Oxford bewarb, suchte Khin Kyi jemanden, der ihre Tochter in die neue Umgebung einführen könnte, und ihre natürliche Wahl fiel auf das Ehepaar Gore-Booth, das zu diesem Zeitpunkt bereits nach England zurückgekehrt war. Einige Jahre lang war Suu Kyi so etwas wie ein Familienmitglied. »Eine zusätzliche Tochter«, sagte Patricia Gore-Booth. Wenn Pauls Kollegen zum Abendessen kamen, saß Suu Kyi mit am Tisch und erhielt so Einblicke in die Diskussionsweise der britischen Diplomaten.
    Bei der Familie Gore-Booth begegnete Suu Kyi zum ersten Mal den Zwillingsbrüdern Michael und Anthony Aris. In vielerlei Hinsicht hatten die beiden denselben bunten kosmopolitischen Hintergrund wie Suu Kyi. Die Brüder wurden am 27. März 1946 in Havanna geboren, wo ihr Vater für den British Council arbeitete, eine Einrichtung, die sich für die Verbreitung der englischen Kultur und Sprache in der Welt einsetzt. Die Mutter der beiden war Tochter eines frankokanadischen Diplomaten. Die Familie zog zuerst von Kuba nach Peru und landete danach in England.
    Mitte der 1960er Jahre studierten Michael und Anthony Aris Orientalismus an der Universität im nordenglischen Durham. Schon als ihr Vater eine Zeitlang in Indien gearbeitet hatte, interessierten sich die beiden für Tibet, und Michael hatte bereits im Alter von 14 Jahren die tibetische Sprache erlernt. In Durham hatten die Brüder Christopher Gore-Booth, den Sohn von Paul und Patricia, kennengelernt, und da das Haus in Chelsea als eine Art Sammelpunkt für den ganzen Freundeskreis der Familie fungierte, kamen die Brüder Aris schließlich auch nach London. Zunächst war es Anthony, dem Suu Kyi auffiel. »Du musst mitkommen und diese einzigartige burmesische Frau kennenlernen!«, sagte er zu seinem Bruder.
    Michael verliebte sich sofort bis über beide Ohren, doch Suu Kyi wollte erst einmal abwarten. Sie hatte nicht die Absicht, ein Verhältnis einzugehen, geschweige denn einen Mann aus der westlichen Welt zu heiraten. Viele ihrer Freunde und Verwandte zu Hause hätten starke Vorbehalte gegen eine solche Ehe gehabt. Vielleicht hat sie auch schon zu diesem Zeitpunkt geahnt, dass es problematisch werden könnte, falls sie irgendwann einmal eine öffentliche Rolle in ihrem Heimatland einnehmen müsste. Gleichwohl jedoch begann sie, den Kontakt mit Michael Aris zu vertiefen, dem schlaksigen, etwas unkonventionellen, aber dennoch konservativ erzogenen Studenten aus Durham.
    Nach dem Examen wohnte Suu Kyi eine längere Zeit bei den Gore-Booths in London. Um etwas Geld zu verdienen, nahm sie einen Nebenjob als Privatlehrerin einiger Kinder der britischen Oberklasse in Chelsea an und arbeitete eine Zeitlang als Assistentin des Südostasienforschers Hugh Tinker an der School of Oriental and African Studies (SOAS) in London. Tinker hatte das Buch
Burma – the Struggle for Independence 1944–48
herausgegeben und hatte großen Nutzen von einer Assistentin, die ganz persönlich ein Teil der Geschichte war, die er als sein Forschungsfeld gewählt hatte.
    Als Suu Kyi nach dem Studium ihre ersten Schritte in das Berufsleben unternahm, hatte Michael Aris England bereits verlassen. Durch einen Bekannten, der ebenfalls Experte in Sachen Himalaya war, hatte er Kontakt zum Hof des kleinen Bergkönigreichs Bhutan bekommen und ein Angebot erhalten, das kein Student seiner Fachrichtung ablehnen konnte: Er wurde Lehrer der königlichen Familie in Bhutan. Mit 20 Jahren bekam er also die einzigartige Gelegenheit, vor Ort mehr über den Himalaya zu erfahren. In den grünen Bergen Bhutans fand Michael Aris Ende der 1960er Jahre seine Lebensaufgabe und sein Selbstverständnis als Wissenschaftler; er wurde zu einem Experten für die Kultur und Religion dieses Gebirgsreiches im Himalaya. Schnell lernte er die lokale Dzongkha-Sprache und konnte parallel zu seiner Arbeit Material für seine Doktorarbeit sammeln. Unter anderem bekam er die Möglichkeit, Dokumente aus dem uralten Klosterarchiv Bhutans auf Mikrofilm aufzunehmen, und baute auf diese Weise eine einzigartige Sammlung buddhistischer Schriften auf, die heute in Oxford archiviert sind.
    Zur selben Zeit beschloss Suu Kyi, in die USA umzusiedeln. Sie wollte ihr Studium fortsetzen und ein Magisterexamen ablegen, darüber hinaus konnte sie sich das weitverzweigte internationale Netzwerk der Familie zunutze machen. 1969 kam sie zur University of New York und wurde von Frank Trager

Weitere Kostenlose Bücher