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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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Ansicht, dass die UN unparteiisch sein müsse, nicht jedoch moralisch neutral. Käme es zu groben Verletzungen der Statuten und grundlegenden Prinzipien der UN, müsse man reagieren. U Thant übte beispielsweise heftige Kritik am Krieg der USA in Vietnam und erbot sich mehrmals, in diesem Krieg zu vermitteln, aber US-Präsident Lyndon B. Johnson lehnte jedes Mal ab. Möglicherweise war U Thant ein Wegbereiter der Debatte um Menschenrechte und humanitäre Interventionen, von der die UN Jahrzehnte später, als die Berliner Mauer fiel und ein weniger angespanntes internationales Klima in Reichweite schien, geprägt sein sollte.
    Als Ne Win 1962 die Macht an sich riss, war U Thant bereits zum Generalsekretär gewählt worden. So gern U Thant es auch gesehen hätte, war es dem neuen burmesischen Diktator doch nicht möglich, auf ihn zuzugehen. Ne Win missbilligte U Thant, weil er erstens so eng mit U Nu befreundet und zweitens zum hellsten burmesischen Stern der internationalen Politik aufgestiegen war. Und diese Rolle hätte Ne Win nur zu gern für sich selbst beansprucht.
    Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass U Thant die Einstellung von Aung San Suu Kyi bei den Vereinten Nationen direkt beeinflusst hat, doch es ist durchaus denkbar, dass er etwas damit zu tun hatte. Die Bande zwischen den burmesischen Familien in New York war eng geknüpft, und Aung San Suu Kyi hatte Kontakt zur Familie des Generalsekretärs.
    Die in New York lebenden Burmesen waren klar in zwei Fraktionen aufgeteilt: die Regimekritiker und die Regimetreuen. Letztere hatten ihre Basis in der burmesischen Botschaft und der von Ne Win ausgewählten UN-Delegation. U Thant lud oft beide Gruppen zum Sonntagslunch in sein Haus in Riverdale/Bronx ein, das über einen großen Garten und eine hübsche Aussicht über den Hudson verfügte. »Viele andere Burmesen waren anwesend, und zu unserer größten Freude wurden stets burmesische Speisen serviert. Zu besonderen Anlässen, wenn beispielsweise eines seiner Enkelkinder Geburtstag hatte, wurde die Terrassentür geöffnet, um alle zu empfangen, und dann kamen sogar die Leiter verschiedener UN-Delegationen dorthin«, erinnert sich Ma Than É.
    Aung San Suu Kyi erhielt eine Anstellung beim Advisory Committee on Administrative and Budgetary Questions, dessen Arbeitsaufgaben offenbar so unterhaltsam waren wie die Bezeichnung vermuten lässt. Das Komitee überprüfte die Budgets und Ausgaben verschiedener wichtiger UN-Einrichtungen wie z.B. der WHO oder der UNDP und war unabhängig sowohl vom Generalsekretär als auch der Generalversammlung. Obwohl es sich um eine eher eintönige Arbeit handelte, verschaffte sie Aung San Suu Kyi doch einen einzigartigen Einblick in die Funktionsweise der Weltorganisation.
    Abends leistete Suu Kyi ehrenamtliche Arbeit, was von dem jüngeren Personal der UN zu jener Zeit mehr oder weniger erwartet wurde. Suu Kyis »Dienst an der Gesellschaft« vollzog sich im Bellevue Hospital auf der First Avenue. Das Krankenhaus wurde bereits 1736 gegründet und ist heute das älteste, in öffentlichem Besitz befindliche Krankenhaus der USA . Über 80 Prozent der Patienten kommen aus sozial benachteiligten Verhältnissen und haben keine umfassende Krankenversicherung. Ende der 1960er bzw. Anfang der 1970er Jahre, als Suu Kyi hier arbeitete, war die Situation nicht anders. Sie verbrachte viele Abende und oft auch einen Tag des Wochenendes im Krankenhaus. Sie las den kleinen Patienten auf der Kinderstation vor und wachte am Bett vieler älterer Menschen. Das Krankenhaus nimmt auch Patienten mit psychischen Problemen auf, und Suu Kyi kümmerte sich um die Betreffenden im Wartezimmer, bis sie mit einem Arzt sprechen konnten.
    In Burma war Ne Win nun bereits seit über acht Jahren an der Macht. Die Wirtschaft war zusammengebrochen und der Bürgerkrieg hatte sich aufgrund der Weigerung des Regimes, mit den ethnischen Minderheiten zu verhandeln bzw. ihr Recht auf eine eigene Kultur überhaupt anzuerkennen, weiter fortgesetzt. Der Konflikt mit der Kuomintang war Anfang der 1960er Jahre gelöst worden, indem chinesische und burmesische Truppen einen gemeinsamen Angriff auf die Kuomintang-Festung im nordöstlichen Shan-Staat unternahmen. Die Soldaten wurden über die Grenze nach Laos getrieben, wo sich viele dem eskalierenden indochinesischen Krieg der USA anschlossen. Andere Teile der Kuomintang landeten in Nordthailand, wo noch heute eine Reihe von Dörfern von ehemaligen Kuomintang-Soldaten und deren

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