Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
verfolgt. Besuchte Suu Kyi abends ein Restaurant, konnte es geschehen, dass dieses am nächsten Tag geschlossen wurde, so dass ihre Möglichkeiten, sich unter Menschen zu bewegen, stark begrenzt waren.
»Versucht man, Sie durch die Überwachung fertigzumachen?«, fragte ein Journalist von der BBC .
»Sollte es so sein, wird es ihnen nicht gelingen«, erwiderte Suu Kyi mit einem Lachen. »Außerdem ist es fast ein wenig rührend, dass sie ihre Überwachung nicht besser tarnen können. Was nützt eine Geheimpolizei, wenn sie nicht im Geheimen agiert?«
Gleichzeitig fuhr die »Geheimpolizei« damit fort, NLD -Anhänger zu verhaften und die Parteiversammlungen zu stören. Anlässlich des burmesischen Unabhängigkeitstags hatte Aung San Suu Kyi zu einer großen Party in die University Avenue geladen. Unter den Gästen waren auch zwei Mitglieder der sogenannten Schnauzbartbrüder, einer sehr bekannten Komikertruppe aus Mandalay. Als die beiden Komiker das Fest wieder verlassen wollten, wurden sie von der Polizei festgenommen und dann zu drei Jahren Zwangsarbeit im Kachin-Staat verurteilt.
Die Junta hatte sich darüber hinaus eine neue Waffe im Kampf gegen die Demokratiebewegung zugelegt. Im Herbst 1993 hatte Juntaführer Than Shwe die Union Solidarity and Development Association (USDA) gegründet. Die Absicht war, eine regimetreue Kraft in der Zivilgesellschaft zu etablieren, die ähnlich wie die Golkar-Partei für Diktator Suharto in Indonesien oder wie die Kommunistische Partei für Mao in China agieren konnte. Der Plan war simpel: Jedes Parteitreffen der NLD sollte von Aktivisten der USDA, die den ganzen Machtapparat hinter sich hatte, gestört werden. Die Parteimitglieder wurden mehr oder weniger unter Zwang rekrutiert. Schulkindern wurde eingeschärft, dass sich ihre Noten erheblich verschlechtern würden, wenn sie sich der USDA nicht anschlössen. Auf dem Land wurden arme Jugendliche mit dem Versprechen angeworben, dass ihre Eltern keine Steuern mehr bezahlen müssten oder sie selbst einer Zwangsrekrutierung als Träger für die Armee entgehen würden. In den Dörfern hatte die USDA oft das Gewaltmonopol von der Polizei übernommen und die politische Überwachung verschärft. Zugleich nahm die Jugendorganisation der USDA Züge einer bewaffneten Miliz an, deren Mitglieder in Waffengebrauch, Kampfsport und nachrichtendienstlicher Arbeit ausgebildet wurden – immer in enger Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsdienst. Ihr vornehmlicher Auftrag bestand darin, die oppositionellen politischen Zusammenkünfte und Kräfte zu sabotieren.
Während einer dieser Zusammenkünfte in der Stadt Inndaw im Herbst 1996 richtete der USDA-Generalsekretär U Win Sein ein paar grobe Angriffe gegen Aung San Suu Kyi. Er verlangte von seinen Anhängern, die Ursachen für die internen politischen Probleme des Landes »auszurotten«. »Versteht ihr, was ich mit ausrotten meine?«, schrie er ins Mikrophon. »Ausrotten bedeutet töten! Wagt ihr es, Aung San Suu Kyi zu töten? Wagt ihr es?«
Noch am selben Tag wurden Suu Kyi und die übrige Parteiführung angegriffen, als sie mit ihren Fahrzeugen wieder nach Rangun zurückkehrten. Ungefähr 200 USDA-Aktivisten überfielen sie mit Knüppeln und Pflastersteinen. Autofenster gingen zu Bruch, aber Aung San Suu Kyi kam unbeschadet davon. Später stellte sich heraus, dass jeder Angreifer 5000 Kyat von der USDA erhalten hatte, was einem knappen Wochenlohn entspricht. Nach weiteren Angriffen der USDA, unter anderem während einer buddhistischen Zeremonie, wandte sich Suu Kyi mit einer deutlichen Warnung an die Weltöffentlichkeit.
»Die Weltgemeinschaft muss begreifen, dass die USDA keine soziale Wohlfahrtsorganisation ist, so wie sie selbst behauptet«, erklärte sie. »Es handelt sich vielmehr um eine Organisation, die von den Behörden gelenkt und wie eine Gangsterbande eingesetzt wird. Ihre Vorgehensweise erinnert an die nationalsozialistischen Braunhemden. Die Junta hat Mitglieder dieser sogenannten Wohlfahrtsorganisation damit beauftragt, Teilnehmer an einer friedlichen religiösen Zeremonie brutal zu misshandeln. Was sie tun, ähnelt dem, was die Braunhemden in Deutschland taten.«
Im Herbst 1997 legte die SLORC ihren alten Namen ab und nannte sich fortan State Peace and Development Council (SPDC). Diese propagandistische Maßnahme schien anzudeuten, dass es sich hierbei auch um einen politischen Wechsel handelte. Einige Mitglieder der Junta wurden gestürzt und der Korruption beschuldigt.
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