Ilias
faßt’ er die Ulm in den Händen,
Frisch von Wuchs, hochragend, doch jene, gestürzt aus den Wurzeln,
Riß das Gestad auseinander und sank, die schönen Gewässer
Hemmend mit dichtem Gezweig, und überbrückte die Fluten,
Ganz hineingestürzt; und der Held, aus der Tiefe sich schwingend,
Eilte dahin, durch die Ebne mit hurtigen Füßen zu fliegen,
Angstvoll. Noch nicht ruhte der Schreckliche, sondern er stürzt’ ihm
Nach mit dunkelnder Flut; daß er hemmen möcht in der Arbeit
Peleus’ göttlichen Sohn und die Plag abwenden den Troern.
Aber Achilleus entsprang, so weit die Lanze dahinfliegt,
Ungestüm wie der Adler, der schwarzgeflügelte Jäger,
Welcher der mächtigste ist und geschwindeste aller Gevögel;
Diesem gleich hinstürmt’ er. Das Erzgeschmeid um den Busen
Rasselte grausen Getöns, und seitwärts jenem entschlüpfend
Floh er; allein nachrauschte der Strom mit lautem Getös ihm.
Wie wenn ein wässernder Mann von des Bergquells dunklem Gesprudel
Über Saat und Gärten den Lauf der Gewässer daherführt
Und, in der Hand die Schaufel, den Schutt wegräumt aus der Rinne
(Jetzo strömt es hervor und die Kieselchen alle des Baches
Werden gewälzt; denn geschwinde mit rauschenden Wellen entstürzt es
Vom abschüssigen Hang und eilet zuvor auch dem Führer):
Also erreichte der Strom mit wogender Flut den Achilleus
Stets, wie rasch er auch war; denn stark vor Menschen sind Götter.
Aber sooft ansetzte der mutige Renner Achilleus,
Fest ihm entgegenzustehn, daß er schauete, ob ihn die Götter
Alle zur Flucht hinscheuchten, die weit den Himmel bewohnen,
Naht’ ihm sofort das Gewoge des himmelentsprossenen Stromes,
Hoch die Schultern umspülend. Dann sprang er empor mit den Füßen,
Unmutsvoll in der Seel; und der Strom bezwang ihm die Knie,
Schräg anrollend mit Macht und den Staub den Füßen entreißend.
Laut wehklagt’ Achilleus, den Blick gen Himmel gewendet:
Vater Zeus, daß auch keiner der Himmlischen nun sich erbarmet,
Mich aus dem Strom zu retten! Wie gern dann duldet’ ich alles!
Keiner indes ist mir der Uranionen so schuldig
Als die liebende Mutter, die mich durch Lüge getäuschet;
Denn sie sprach, an der Mauer der erzumpanzerten Troer
Sei mir zu sterben bestimmt durch Apollons schnelle Geschosse.
Hätte mich Hektor getötet, der hier der Tapferste aufwuchs!
Dann wär ein Starker erlegt und es raubt’ ein Starker die Rüstung!
Doch nun ward zu sterben den schmählichen Tod mir geordnet,
Eingehemmt von dem mächtigen Strom, wie ein jüngerer Sauhirt,
Welcher im Regenbache versinkt, durchwatend im Winter!
Als er es sprach, da traten Poseidon schnell und Athene
Ihm zur Seite genaht, an Gestalt gleich sterblichen Männern,
Fügten ihm Hand in Hand und redeten tröstende Worte.
Also begann vor ihnen der Erderschüttrer Poseidon:
Nicht so bang, o Peleid, erzittere, noch so verzagend,
Denn wir sind dir beid als helfende Götter genahet
Mit Einwilligung Zeus’, ich selbst und Pallas Athene!
So nicht ward zu sterben im Strom dir geordnet vom Schicksal,
Sondern bald kehrt jener zur Ruh, und du selber erkennst es.
Doch ermahnen wir dich aufs fleißigste, wenn du gehorchest:
Laß nicht ruhn die Hände vom allverheerenden Kriege,
Eh in Ilios’ türmende Stadt du die Scharen der Troer
Eingehemmt, wer entrann. Doch wann Hektors Geist du geraubt hast,
Dann zu den Schiffen gekehrt; wir geben dir Ruhm zu gewinnen.
Also redeten beid und eilten hinweg zu den Göttern.
Jener nun drang, vom Gebot der Unsterblichen mächtig ermuntert,
In das Gefild, und es wogte von weitergossenen Wassern.
Viel schönprangende Waffen der kampferschlagenen Männer
Schwammen mit Leichen umher. Doch sprang er empor mit den Knien
Gegen die Flut gradaus, der Stürmende, welchen umsonst nun
Hemmte der breite Strom, denn mit Kraft erfüllt’ ihn Athene.
Noch nicht ließ Skamandros vom Zorn ab, nein, noch ergrimmter
Eifert’ er Peleus’ Sohn und erhob hochwogige Brandung,
Mächtig empor sich bäumend, und laut zum Simois rief er:
Bruder, wohlan! Die Gewalt des Mannes da müssen wir beid itzt
Bändigen, oder sofort des herrschenden Priamos Feste
Wirft er in Staub; denn die Troer bestehen ihn nicht im Getümmel!
Auf denn, und hilf in Eil und erfülle den Strom mit Gewässern
Rings aus den Quellen der Berg’ und ermuntere jeglichen Gießbach!
Hoch nun erhebe die Flut und rolle mit donnernder Woge
Blöck’ und Steine daher, daß den schrecklichen Mann wir
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