Illuminati
sie.
»Wie bitte?«
»Es entspannt die Muskulatur. Man nennt es pranayama.« »Piranha?«
»Pranayama. Na ja, ist auch egal.«
Sie bogen um die Ecke auf die Piazza della Rotunda, und vor
ihnen lag das Pantheon. Wie immer betrachtete Langdon das alte Bauwerk mit Ehrfurcht. Pantheon. Tempel aller Götter. Paganische Götter. Götter der Natur und der Erde. Das Bauwerk kam ihm von außen klobiger vor, als er es in Erinnerung hatte. Der Säulenvorbau mit seinem Giebeldach verdeckte den Kuppelbau dahinter fast zur Gänze, doch die stolze, unbescheidene Inschrift über dem Eingang zeigte ihm, dass sie am richtigen Ort waren.
M AGRIPPA L F COS TERTIUM FECIT.
Amüsiert übersetzte Langdon die Inschrift:
Marcus Agrippa hat diesen Tempel in seiner dritten Amtszeit als Konsul errichtet.
So viel zum Thema Bescheidenheit, dachte Langdon und ließ den Blick über den Platz schweifen. Ein paar vereinzelte Touristen mit Kameras schlenderten umher. Andere saßen im La Tazza di Oro, dem bekannten Straßencafe, und tranken den besten römischen Eiskaffee. Vor dem Eingang zum Pantheon standen vier bewaffnete Polizisten, genau wie Olivetti es gesagt hatte.
»Sieht eigentlich alles ziemlich ruhig aus«, sagte Vittoria.
Langdon nickte, doch er war innerlich aufgewühlt. Nun, da er hier stand, erschien ihm die ganze Geschichte völlig surreal. Obwohl Vittoria offensichtlich überzeugt war, dass er mit seiner Theorie Recht hatte, wurde ihm bewusst, dass er alles auf eine Karte setzte. Das Poem Miltons ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. From Santi’s earthly tomb with demon’s hole. Ja, sagte er sich einmal mehr. Das hier ist die Stelle. Santis Grab. Er hatte schon oft unter dem Loch in der Decke des Pantheons und vor dem Grab des großen Raphael gestanden.
»Wie spät ist es?«, fragte Vittoria.
Langdon schaute auf die Uhr. »Zehn vor acht. Noch zehn Minuten.«
»Ich hoffe nur, diese Gardisten sind so gut, wie sie aussehen«, sagte Vittoria mit einem Blick zu den vereinzelten Touristen, die das Pantheon betraten. »Wenn dort drin irgendetwas passiert, sitzen wir genau zwischen den Fronten.«
Langdon atmete tief durch, während sie sich dem Gebäude näherten. Die Waffe fühlte sich schwer an in seiner Tasche. Er fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn die Polizisten ihn filzten und die Waffe bei ihm fänden. Doch die Beamten würdigten das Paar keines Blickes. Offensichtlich funktionierte ihre Tarnung.
»Kennen Sie sich wirklich mit Waffen aus?«, flüsterte Langdon fragend.
»Vertrauen Sie mir etwa nicht?«
»Ihnen vertrauen? Ich kenne Sie kaum!«
Vittoria runzelte die Stirn. »Und ich dachte doch tatsächlich, wir wären frisch verheiratet.«
61.
Die Luft im Innern des Pantheons war kühl und feucht und roch nach Geschichte. Die gewaltige Kuppel der Decke hoch über ihnen wirkte eigenartig schwerelos, obwohl ihr Durchmesser von mehr als dreiundvierzig Metern sogar den der Kuppel des Petersdoms übertraf. Wie immer liefen Langdon Schauer über den Rücken, als er die gewaltige Halle betrat. Sie war eine bemerkenswerte Verschmelzung von Architektur und Kunst. Über ihnen fiel ein warmer Sonnenstrahl durch das berühmte Dämonenloch ins Innere. Der Oculus, dachte Langdon.
Sie waren angekommen.
Langdons Augen folgten dem Verlauf der gewölbten Kuppel bis zu der Stelle, wo sie in die senkrechte Außenwand überging, und von dort aus weiter zum Marmorfußboden. Das leise Echo von Schritten und murmelnden Stimmen von Touristen hallte durch den Saal. Langdon musterte verstohlen die Besucher, die ziellos in den Schatten umherwanderten. Bist du hier?
»Sieht ziemlich still aus«, sagte Vittoria. Sie hielt immer noch seine Hand.
Langdon nickte.
»Wo ist Raphaels Grab?«
Langdon überlegte einen Augenblick und versuchte sich zu orientieren. Er musterte die Peripherie des Raums. Gräber. Altäre. Säulen. Nischen. Er deutete auf eine besonders prachtvoll ausgeschmückte Nische auf der and eren Seite der Halle, ein Stück zur Linken. »Ich glaube, dort drüben«, sagte er.
Vittoria blickte sich suchend um. »Ich sehe niemanden, der aussieht, als würde er im nächsten Augenblick einen Kardinal ermorden. Sollen wir uns ein wenig umsehen?«
Langdon nickte. »Es gibt nur eine Stelle, wo jemand sich verstecken könnte. Besser, wir sehen in den rientranzenach.«
»In den Alkoven?«
»Ja. Die Nischen in den Wänden.«
Die Nischen zwischen den Säulen waren groß genug, um sich in ihren
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