Illuminati
zum Bauch in die Erde eingegraben. Nackt. Die Hände waren mit einer roten Kardinalsschärpe auf den Rücken gefesselt. Er steckte schief in der Erde, und sein Kopf lag im Nacken, die Augen himmelwärts gerichtet, als flehte er Gott persönlich um Hilfe an.
»Ist er tot?«, rief Vittoria.
Langdon bewegte sich auf den reglosen Körper zu. Ich hoffe es, um seinetwillen. Er blickte in das Gesicht. Die Augen waren weit geöffnet, blutunterlaufen, und die Augäpfel traten hervor. Langdon beugte sich hinunter, um nachzuprüfen, ob der Mann noch atmete, und zuckte zurück. »Um Gottes willen!«
»Was ist denn?«
Langdon hätte sich beinahe übergeben. »Er ist tot, so viel steht fest. Und die Todesursache ist leicht zu erkennen.«
Der Anblick war grauenhaft. Der Mund des Mannes war weit aufgerissen und voller Dreck. »Irgendjemand hat ihm Dreck in den Hals gestopft, bis er erstickt ist.«
»Dreck?«, fragte Vittoria. »Erde?«
Langdon begriff. Erde. Er hatte es beinahe vergessen. Die Brandzeichen. Erde. Luft, Feuer, Wasser. Der Mörder hatte gedroht, jedes seiner Opfer mit einem der alten Elemente der Wissenschaft zu brandmarken. Das erste Element war Erde. Aus Santis irdenem Grab… Halb betäubt von den Ausdünstungen umrundete Langdon den Leichnam, und der Wissenschaftler in ihm erkannte einmal mehr die künstlerische Herausforderung, ein entsprechendes Ambigramm zu schaffen. Erde. Wie? Und doch – einen Augenblick später sah er es vor sich. Jahrhunderte voller Illuminati-Legenden wirbelten durch seinen Verstand. Das Brandzeichen auf der Brust des toten Kardinals war schwarz und nässte. Das Fleisch um die Ränder war rot. La lingua pura…
Langdon starrte auf das Brandzeichen, und rings um ihn herum begann sich der Raum zu drehen.
»Erde«, flüsterte er und verdrehte den Kopf, um das Symbol andersherum zu betrachten. Es war tatsächlich in englischer Sprache. Genau wie das Gedicht John Miltons. »Earth.«
In einer Woge des Entsetzens dämmerte ihm noch etwas. Es gibt drei weitere Brandzeichen.
68.
Trotz des sanften Kerzenlichts im Innern der Sixtinischen Kapelle war Kardinal Mortati nervös. Das Konklave hatte offiziell begonnen – und zwar auf eine höchst Unheil verkündende Weise.
Vor einer halben Stunde, genau zur vereinbarten Zeit, war der Camerlengo Carlo Ventresca in die Kapelle gekommen. Er war zum Altar gegangen und hatte das Eröffnungsgebet gesprochen. Dann hatte er die Arme ausgebreitet und zu ihnen geredet, wie Mortati es vom Altar der Sixtinischen Kapelle noch nie gehört hatte.
»Sie alle wissen sehr wohl«, hatte der Camerlengo gesagt, »dass unsere vier preferiti zurzeit noch nicht im Konklave sind. Ich bitte Sie daher im Namen Seiner verstorbenen Heiligkeit, so vorzugehen, wie es von Ihnen erwartet wird… voll Glauben und Zuversicht. Mögen Sie alle Gott vor Augen haben.« Dann hatte er sich zum Gehen gewandt.
»Aber…«, hatte ein Kardinal gerufen, »… aber wo sind die preferiti?«
Der Camerlengo hatte gezögert. »Das weiß ich nicht.«
»Wann werden sie kommen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Sind sie gesund und wohlauf?«
»Das weiß ich nicht.«
»Werden sie überhaupt kommen?«
Der Camerlengo hatte sichtlich nicht gewusst, was er darauf antworten sollte. »Vertrauen Sie auf Gott«, hatte er schließlich gesagt. Dann hatte er die Kapelle verlassen.
Die Türen der Sixtinischen Kapelle waren, wie der Brauch es verlangte, mit zwei schweren Ketten von außen verschlossen worden. Vier Hellebardiere der Schweizergarde standen im Gang davor Wache. Die Türen, das wusste Mortati, würden erst wieder geöffnet, wenn das Konklave einen neuen Papst gewählt hatte – es sei denn, einer der Kardinale wurde zwischenzeitlich sterbenskrank, oder einer der vier preferiti tauchte auf. Mortati betete, dass sie noch kamen, auch wenn der Knoten in seinem Magen eher das Gegenteil ahnen ließ.
Gehe vor, wie es von dir erwartet wird, beschloss er und nahm sich die Unverzagtheit des Camerlengos zum Vorbild. Er würde die Kardinale zur Abstimmung aufrufen. Was sonst blieb ihm übrig?
Sie hatten dreißig Minuten für die vorbereitenden Rituale benötigt, die zur ersten Abstimmung führten. Mortati hatte geduldig am Altar gewartet, während jeder Kardinal in der Reihenfolge seines Alters zu ihm gekommen war und die Wahlprozedur durchgeführt hatte.
Nun stand der letzte Kardinal vor dem Altar und kniete nieder.
»Ich rufe Christus unseren Herrn als meinen Zeugen«, sagte er
Weitere Kostenlose Bücher