Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
Vom Netzwerk:
der den Petersdom besuchte, wusste, was in der goldenen Truhe ruhte.
    »Offen gestanden nein«, antwortete der Camerlengo. »Ein weit verbreiteter Irrtum. Das dort ist kein Reliquienschrein. Die Truhe enthält Pallien – das sind die gewebten Schärpen, die der Papst neu ernannten Kardinalen überreicht.«
    »Aber ich dachte…«
    »Genau wie jeder andere. Die Reiseführer schreiben, dies sei der Schrein des heiligen Petrus, aber sein wirkliches Grab befindet sich zwei Stockwerke tiefer in der Erde. Der Vatikan hat es in den Vierzigerjahren bei einer Grabung gefunden. Niemand darf dort hinunter.«
    Vittoria war schockiert. Während sie sich von der erleuchteten Vertiefung entfernten und wieder von Dunkelheit umfangen wurden, dachte sie an die vielen Geschichten von Pilgern, die Tausende von Kilometern gereist waren, um einen Blick auf diese goldene Truhe zu werfen, in dem festen Glauben, die Gebeine und den Geist des heiligen Petrus vor sich zu haben. »Sollte der Vatikan die Menschen denn nicht aufklären?«
    »Wir alle profitieren vom Kontakt mit dem Göttlichen… selbst wenn es nur eingebildet ist.«
    Vittoria war Wissenschaftlerin und wusste, dass die Argumentation durchaus den Tatsachen entsprach. Sie hatte zahllose Studien über den Placebo-Effekt gelesen – gewöhnliches Aspirin hatte Krebsleiden geheilt, nur weil die damit behandelten Patienten glaubten, eine Wundermedizin zu nehmen. Aber was war Glaube letzten Endes sonst?
    »Veränderung…«, sagte der Camerlengo, »… mit Veränderungen hat der Vatikan sich immer schon schwer getan, Signorina Vetra. Er scheut es traditionell, Fehler der Vergangenheit einzugestehen und die Strukturen der Kirche zu modernisieren. Seine Heiligkeit aber wollte das ändern…« Der Camerlengo stockte. »Er wollte die Kirche in die neue Zeit führen. Nach neuen Wegen zu Gott suchen.«
    Vittoria nickte in der Dunkelheit. »Beispielsweise durch die Wissenschaft?«
    »Offen gestanden, Wissenschaft erscheint vollkommen irrelevant.«
    »Irrelevant?« Vittoria fielen eine Menge Begriffe ein, mit denen sich Wissenschaft beschreiben ließ, doch »irrelevant« gehörte nicht dazu.
    »Wissenschaft kann heilen, und Wissenschaft kann töten. Es kommt auf die Seele des Menschen an, der sie benutzt. Und ich interessiere mich für die Seele.«
    »Wann haben Sie Ihren Ruf gehört?«
    »Noch bevor ich geboren wurde.«
    Vittoria blickte ihn fragend an.
    »Bitte verzeihen Sie, aber diese Frage erscheint mir stets ein wenig seltsam. Was ich damit sagen möchte: Ich habe immer gewusst, dass ich Gott dienen würde. Von dem Augenblick an, als ich mich zum ersten Mal meines Verstandes bediente. Allerdings war ich bereits ein junger Mann und beim Militär, als mir meine Bestimmung in vollem Umfang bewusst wurde.«
    »Sie waren beim Militär?«, fragte Vittoria überrascht.
    »Zwei Jahre. Ich weigerte mich, eine Waffe abzufeuern, also wurde ich zum Piloten ausgebildet. Ich flog Sanitätshubschrauber. Offen gestanden, ich fliege auch heute noch hin und wieder.«
    »Haben Sie den Heiligen Vater geflogen?«
    »Oh, nein! Diese kostbare Fracht haben wir den Profis überlassen. Doch seine Heiligkeit hat mich hin und wieder mit dem Helikopter nach Castel Gandolfo fliegen lassen.« Er zögerte und blickte Vittoria an. »Signorina Vetra, ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar für Ihre Hilfe an diesem schweren Tag. Und es tut mir sehr Leid wegen Ihres Vaters.«
    »Danke sehr.«
    »Ich habe meinen Vater nie gekannt. Er starb, bevor ich geboren wurde. Ich verlor meine Mutter, als ich zehn Jahre alt war.«
    Vittoria sah überrascht auf. »Sie waren Waise?« Plötzlich spürte sie so etwas wie Seelenverwandtschaft.
    »Ich überlebte ein Unglück. Ein Unglück, das mir meine Mutter nahm.«
    »Wer hat sich um Sie gekümmert?«
    »Gott«, antwortete der Camerlengo einfach. »Er hat mir buchstäblich einen neuen Vater gesandt. Ein Bischof aus Palermo besuchte mich im Krankenhaus und nahm mich bei sich auf. Damals war ich überhaupt nicht überrascht. Ich habe Gottes wachsame Hand schon als Junge über mir gespürt. Das Auftauchen des Bischofs war nur eine Bestätigung für das, was ich bereits vermutet hatte – dass Gott mich ausersehen hatte, ihm zu dienen.«
    »Sie glaubten, Gott habe Sie auserwählt?«
    »Ja, und ich glaube es immer noch.« Nicht die kleinste Spur von Zweifel schwang in der Stimme des Camerlengos mit, nur Dankbarkeit. »Ich war viele Jahre das Mündel des Bischofs. Eines Tages wurde er Kardinal.

Weitere Kostenlose Bücher