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Illuminati

Illuminati

Titel: Illuminati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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zur Skulptur gehörte eine zweite Gestalt, an die Langdon sich im ersten Augenblick nicht erinnert hatte.
    Ein Engel.
    Mit einem Mal war die ganze schäbige Legende wieder präsent…
    Die heilige Teresa war eine Nonne gewesen, die heilig gesprochen worden war, nachdem sie behauptet hatte, dass ein Engel ihr im Schlaf einen wunderbaren Besuch abgestattet hatte. Kritiker hatten später behauptet, dieser Besuch sei wohl eher sexueller denn spiritueller Natur gewesen. Am unteren Rand des Blattes stand ein Auszug aus Teresas Bericht, den Langdon bereits aus Büchern kannte. Ihre Wortwahl ließ der Fantasie nur wenig Spielraum:
    Sein großer goldener Speer… gefüllt mit Feuer… stieß mehrere Male in mich… drang in mich ein bis zu den Eingeweiden… eine so gewaltige Süße erfüllte mich, sodass ich mir wünschte, sie möge niemals aufhören…
    Langdon grinste. Wenn das keine Umschreibung für richtig guten Sex ist, dann weiß ich es nicht… Er grinste auch wegen der Beschreibung des Werks. Obwohl sie in italienischer Schrift gehalten war, erschien das Wort fuoco fast ein halbes Dutzend Mal:
     
    … feurige Spitze seines Speers…
    … der Kopf des Engels sandte Feuerstrahlen aus… 
    … Frau entflammt vom Feuer der Leidenschaft…
     
    Doch Langdon war nicht völlig überzeugt, das richtige Werk gefunden zu haben – bis er erneut auf die Skizze sah. Der feurige Speer des Engels war erhoben wie ein Signal, ein Wegweiser. Lass dich von Engeln führ’n auf deiner Quest’. Selbst der Typus von Engel, den Bernini für sein Werk ausgewählt hatte, schien mit einem Mal signifikant. Es ist ein Seraphim, bemerkte Langdon verblüfft. Und Seraphim bedeutet wörtlich »der Feurige«.
    Robert Langdon hatte nie nach göttlicher Bestätigung gesucht, doch als er nun den Namen der Kirche las, in der Berninis Werk aufgestellt war, stand er kurz davor, zum Gläubigen zu werden.
    Santa Maria della Vittoria.
    Vittoria, dachte er und grinste. Wie passend.
    Er erhob sich, und ihm wurde schwindlig. Er starrte auf die Leiter und fragte sich, ob er den Katalog wieder auf seinen Platz stellen sollte. Zur Hölle damit, dachte er. Soll Vater Jaqui es machen. Er schloss den Folianten und ließ ihn am Boden des Regals liegen.
    Auf dem Weg zur Drehtür ging sein Atem nur noch flach. Nichtsdestotrotz hatte sein Glückstreffer ihm zu neuer Frische verhelfen.
    Das Glück verließ ihn, bevor er den Ausgang erreichte. Ohne Vorwarnung ertönte ein leises gequältes Zischen. Die
    Lichter wurden dunkel, und der Knopf für die elektrische Drehtür erlosch. Das gesamte unterirdische Gewölbe lag von einer Sekunde zur anderen in tiefster Schwärze. Irgendjemand hatte den Strom abgeschaltet.
     

85.
     

    Die Krypta unter dem Petersdom war traditionell der Ort, an dem verstorbene Päpste beigesetzt wurden.
    Vittoria erreichte den Fuß der Wendeltreppe und betrat das Gewölbe. Der finstere Tunnel war dunkel und kalt, erhellt einzig von den Taschenlampen der Schweizergardisten und getaucht in eine unwirkliche Atmosphäre. Zu beiden Seiten waren Nischen in die Wände eingelassen; in diesen Nischen standen mächtige Sarkophage.
    Eisige Schauer liefen über Vittorias Rücken. Das ist die Kälte, sagte sie sich, obwohl sie wusste, dass es nur zur Hälfte stimmte. Sie hatte das Gefühl, als würden sie beobachtet, nicht von einem Wesen aus Fleisch und Blut, sondern von Gespenstern, die in der Dunkelheit lauerten. Auf jedem der Sarkophage lagen Gestalten in voller päpstlicher Bekleidung, lebensgroße Steinpäpste mit auf der Brust verschränkten Händen. Die liegenden Gebilde schienen aus den Sarkophagen selbst zu wachsen, sich gleichsam durch die zentnerschweren marmornen Deckel zu drücken, als wollten sie ihre sterblichen Fesseln endgültig abschütteln. Die kleine Prozession ging weiter; die Silhouetten in den Nischen tauchten im Licht der Taschenlampen auf und verschwanden wieder wie in einem makabren Tanz der Schatten.
    Alle schwiegen. Vittoria wusste nicht zu sagen, ob aus Respekt vor den Toten oder vor Nervosität. Sie empfand beides, Der Camerlengo ging mit geschlossenen Augen, als würde er jeden Schritt auswendig kennen. Vittoria vermutete, dass er seit dem Tod des Papstes viele Male hier gewesen war… vielleicht, um am Grab seines Ziehvaters zu beten.
    Ich habe viele Jahre bei ihm gelebt, hatte der Camerlengo gesagt. Er war wie ein Vater für mich. Vittoria erinnerte sich, wie der Camerlengo diese Worte im Gedenken an den Kardinal gesagt

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