Illuminati
versank in schwarzer Tiefe, während er orientierungslos umherwirbelte und gegen die steilen Wände stieß, die ihn von allen Seiten umhüllten. Irgendwie fand er instinktiv zur Oberfläche zurück.
Licht.
Ganz schwach, weit über ihm. Meilenweit über ihm, wie es schien.
Er zappelte im Wasser und tastete die Wände nach einem Halt ab, an den er sich klammern konnte, doch er fand nur glatten Stein. Er war durch eine alte Brunnenabdeckung gefallen. Er schrie um Hilfe, doch seine Schreie hallten unbeantwortet durch den engen Schacht. Er rief wieder und wieder. Über ihm wurde das Licht schwächer.
Die Nacht brach herein.
Die Zeit schien sich in der Dunkelheit zu verzerren. Taubheit trat ein, während er wassertretend in den Tiefen des Abgrunds verharrte, immer wieder um Hilfe rufend und schreiend. Visionen von einstürzenden Wänden quälten ihn, Mauern, die ihn lebendig begruben. Seine Arme schmerzten vor Erschöpfung. Ein paar Mal meinte er, Stimmen zu hören. Er schrie um Hilfe, doch seine eigene Stimme klang erstickt und kraftlos… wie in einem Traum.
Die Nacht dauerte an, und der Schacht schien tiefer zu werden. Die Wände rückten zusammen. Der Knabe kämpfte gegen sie, drückte sie von sich weg. Er war erschöpft und wollte aufgeben; zugleich spürte er, wie das Wasser ihn trug und seine brennende Angst kühlte, bis er taub war.
Als die Rettungsmannschaft eintraf, fand sie den Knaben fast bewusstlos. Er hatte mehr als fünf Stunden wassertretend im Schacht verbracht. Zwei Tage später stand im Boston Globe ein Artikel auf der ersten Seite mit der Schlagzeile:
DAS TAPFERE SCHWIMMERLEIN.
97.
Der Hashishin lächelte, als er den Lieferwage n in den gewaltigen Steinbau lenkte, der den Tiber überragte. Er trug seine Beute nach oben, weiter und immer weiter durch den spiralförmig verlaufenden Tunnel, und war dankbar, dass sie so schlank war.
Er traf vor der Tür ein.
Die Kirche der Erleuchtung, dachte er in diebischer Schadenfreude. Der alte Versammlungsraum der Illuminati. Wer hätte gedacht, dass die Kirche sich ausgerechnet hier verbirgt?
Drinnen legte er seine Beute auf einen Plüschdiwan. Er band ihr fachmännisch zuerst die Arme hinter dem Rücken zusammen; dann fesselte er ihr die Füße. Das, wonach er gierte, würde warten müssen, bis er seine letzte Aufgabe erfüllt hatte: Wasser.
Trotzdem blieb ihm noch ein wenig Zeit zum Schwelgen. Er kniete neben ihr nieder und fuhr mit der Hand über einen ihrer Schenkel. Die Haut fühlte sich glatt an. Höher hinauf. Seine dunklen Finger tasteten sich unter den Saum ihrer Shorts. Höher.
Er hielt inne. Geduld, sagte er sich trotz der wachsenden Erregung. Es gibt noch Arbeit, die du erledigen musst.
Er trat hinaus auf den steinernen Balkon der großen Kammer. Der Abendwind kühlte seine Leidenschaft langsam ab. Tief unter ihm toste der Tiber. Er hob die Augen und blickte zur Kuppel des Petersdoms, etwas weiter als einen Kilometer entfernt, nackt unter dem grellen Leuchten Hunderter Scheinwerfer, die Fernsehstationen aus aller Welt auf dem weiten Platz aufgestellt hatten.
»Deine letzte Stunde«, sagte er laut und dachte an die Tausende von Muslimen, die während der Kreuzzüge abgeschlachtet worden waren. »Um Mitternacht wirst du deinem Gott gegenübertreten.«
Hinter ihm in der Kammer regte sich die Frau. Der Hashshin wandte sich um. Er überlegte, ob er sie aufwachen lassen sollte – das Entsetzen in den Augen einer Frau war das beste aller Aphrodisiaka.
Doch er entschied sich dagegen. Besser, wenn sie bewusstlos blieb, während er weg war. Auch wenn sie gefesselt war und nicht entkommen konnte, wollte er nicht zurückkehren und sie erschöpft vorfinden vom Kampf gegen die Fesseln. Ich möchte, dass du dir deine Kraft aufsparst… für mich.
Er hob ihren Kopf an, schob seine Hand unter ihren Nacken und fand die hohle Stelle direkt unter der Schädelbasis, den Druckpunkt zwischen Meridian und Basis. Mit rücksichtsloser Kraft trieb er seinen Daumen in den weichen Knorpel und spürte, wie er nachgab. Die Frau erschlaffte augenblicklich. Zwanzig Minuten, dachte er. Sie würde den aufreizenden Abschluss für einen perfekten Tag bilden. Nachdem sie ihm zu Willen gewesen und dabei gestorben war, würde er auf den Balkon hinaustreten und das mitternächtliche Feuerwerk beim Vatikan beobachten.
Er ließ seine Beute bewusstlos auf dem Diwan zurück und ging hinunter zu einem unterirdischen Gewölbe, das von Fackeln erhellt wurde. Die
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