Illuminati
auf scheußliche Weise daran, dass er inmitten menschlicher Knochen lag. Ihm wurde übel, und Schauer rannen ihm über den Rücken. Dann kam ihm ein Gedanke.
Er tastete blind im Sarkophag umher und fand schließlich, was er suchte – einen Knochensplitter. War es eine Rippe? Es spielte keine Rolle. Er brauchte einen Keil, nichts weiter. Wenn es ihm gelang, den Sarkophag zu heben, nur ein paar Millimeter, und das Knochenstück unter den Rand zu schieben, kam vielleicht genügend Luft hinein…
Langdon griff um sich herum und drückte das spitze Knochenstück gegen den Sarkophag, während er mit der anderen Hand nach oben drückte. Der Sarkophag bewegte sich um keinen Millimeter. Er versuchte es erneut. Einen Augenblick lang schien er leicht zu beben, doch das war alles.
Der faulige Gestank und der Sauerstoffmangel saugten die Kraft aus seinem Körper. Langdon wurde bewusst, dass er höchstens noch einen Versuch hatte. Und er würde beide Arme benötigen.
Er rückte sich in die richtige Position, drückte das spitze Ende des Knochenstücks gegen den Spalt am Boden und positionierte sich so, dass er es mit der Schulter an Ort und Stelle halten konnte. Vorsichtig, damit es nur ja nicht verrutschte, hob er beide Hände und legte sie gegen den Innenboden des Sarkophags. Die drangvolle Enge seines Gefängnisses hüllte ihn ein, und einmal mehr stieg Panik in ihm auf. Es war das zweite Mal an diesem Tag, dass er ohne Luft in der Falle saß. Er nahm all seine Kräfte zusammen, und mit einem wilden Aufschrei drückte er gegen den Sarkophag. Das Behältnis hob sich für einen kurzen Augenblick vom Boden, doch der Augenblick reichte Langdon. Der Knochensplitter an seiner Schulter rutschte in den sich weitenden Spalt. Als der Sarkophag sich wieder senkte, zerschmetterte er den Knochen. Doch diesmal sah Langdon, dass ein kleiner Schlitz geblieben war, durch den Licht drang.
Erschöpft blieb Langdon liegen. Er wartete darauf, dass das erstickende Gefühl in seiner Kehle abklang, doch es wurde mit jeder Sekunde schlimmer. Falls überhaupt Frischluft durch den schmalen Spalt drang, bemerkte er nichts davon. Langdon fragte sich, ob es ausreichte, um ihn am Leben zu halten. Und falls ja, für wie lange? Wenn er das Bewusstsein verlor – wer würde überhaupt merken, dass er unter dem schweren Sarkophag gefangen lag?
Seine Arme waren schwer wie Blei. Er blickte auf die Uhr: zwölf nach zehn. Langdon spielte seine letzte Karte aus. Mit zitternden Fingern hantierte er an den winzigen Einstellungen der Uhr und drückte auf einen Knopf.
Während sein Bewusstsein langsam schwand und die Wände näher und näher rückten, übermannten ihn die alten Ängste. Er versuchte sich vorzustellen, wie schon viele Male zuvor, dass er sich auf einem freien Feld befand. Das Bild, das vor seinen Augen entstand, war allerdings keine Hilfe. Es war der Albtraum, der ihn seit seiner Jugend verfolgte, und alles stürzte wieder auf ihn ein…
Die Blumen sind wunderschön, wie Gemälde, dachte das Kind Robert Langdon und rannte lachend über die Wiese. Er wünschte, seine Eltern wären mitgekommen. Doch seine Eltern waren damit beschäftigt, das Zelt aufzuschlagen.
»Geh nicht zu weit!«, hatte seine Mutter ihn ermahnt.
Er hatte getan, als höre er sie nicht, und war in die Wälder gerannt.
Jetzt hatte er diese wundervolle Wiese entdeckt, und mitten auf der Wiese fand er einen Haufen Feldsteine, vielleicht die Fundamente eines alten Gehöfts. Er würde nicht dorthin gehen; dazu war er zu klug. Außerdem hatte etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen – ein leuchtender Frauenschuh, die seltenste und schönste Blume in ganz New Hampshire. Er hatte sie bisher nur auf Fotos in Büchern gesehen.
Aufgeregt wandte der Knabe sich der Blume zu. Er kniete nieder. Der Boden unter ihm fühlte sich weich und hohl an. Er erkannte, dass die Blume einen sehr fruchtbaren Fleck gefunden hatte. Sie wuchs auf einem Stück verrottendem Holz…
Angestachelt von dem Gedanken, seine Beute mit zu den Ehern zu nehmen, griff der Knabe nach der Pflanze… die Finger reckten sich nach dem Stängel.
Er erreichte ihn nie.
Mit einem dumpfen Knacken gab die Erde unter ihm nach.
In den drei Sekunden betäubenden Entsetzens, während er fiel, wusste der Knabe, dass er sterben würde. Er fiel, rollte sich zusammen und bereitete sich auf den knochenbrechenden Aufprall vor. Als er kam, gab es keinen Schmerz. Nur Kälte.
Er prallte mit dem Gesicht zuerst aufs Wasser und
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