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Illuminatus 2 - Der goldene Apfel

Illuminatus 2 - Der goldene Apfel

Titel: Illuminatus 2 - Der goldene Apfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Shea & Robert Anton Wilson
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Fliegenfänger jeden, der die Faust gegen ihn erhob, in seinen Bann zog.
    Mehr noch (bei Hagbard war immer ein «mehr noch»), bei der Lektüre von Weishaupts Über Schnipp-Schnapp, Weltspiel und Fünferwissenschaft fesselte ihn ganz besonders die Passage über den Orden der Assassinen:
    Auf der einen Seite von fanatischen Moslems eingekreist, auf der anderen von fanatischen Christen, erhielt der weise Lord Hassan sein Volk und seinen Kult dadurch, indem er die Kunst des Mordens zu ästhetischer Perfektion brachte. Mit nur wenigen Dolchen, strategisch exakt an die richtigen Kehlen gesetzt, fand er der Weisheit Alternative zu Krieg und bewahrte das Leben ganzer Völker dadurch, daß er deren Führer ermordete. Wahrlich, das war ein höchst beispielhaftes Leben von großmütterlicher Gefälligkeit.
    «Großmütterliche Gefälligkeit», murmelte Hagbard, der das zitierte Buch im deutschen Original gelesen hatte, «wo habe ich das bloß schon einmal gehört?»
    Eine Sekunde später erinnerte er sich: das Mu-Mon-Kan oder die «Pfortenlose Pforte» des Rinzai Zen enthielt die Geschichte eines Mönchs, der seinen Zen-Meister immer wieder fragte: «Was ist Buddha ?» Jedesmal, wenn er fragte, erhielt er von seinem Meister mit dessen Stab einen Schlag auf den Kopf. Irgendwann entschloß er sich dann, völlig entmutigt, zu gehen und bei einem anderen Meister die Erleuchtung zu suchen. Als der arme Trottel dem anderen Meister erklärte, warum er zu ihm gekommen war, erteilte dieser ihm eine ontologische Abfuhr: «Geh sofort zu deinem Meister zurück», schrie er, «und entschuldige dich, daß du seine großmütterliche Gefälligkeit nicht genügend geschätzt hast!»
    Hagbard war nicht erstaunt, daß Weishaupt, 1776 als er Über Schnipp-Schnapp schrieb, offensichtlich von einem Buch wußte, das bislang in keine europäische Sprache übersetzt worden war; er war jedoch überrascht, daß sogar der üble Ingolstädter Zauberer die Grundzüge des Fliegenfänger-Prinzips verstanden hatte. Es zahlt sich niemals aus, die Illuminaten zu unterschätzen, dachte Hagbard zum erstenmal in seinem Leben. Er sollte über die nächsten zweieinhalb Dekaden noch oft genug dran denken. Am Z4. April, als er Stella bat, etwas Kallisti-Gold in Georges Kabine zu bringen, hatte Hagbard FUCKUP bereits nach der Wahrscheinlichkeit gefragt, mit der die Illuminaten-Schiffe zu der Zeit, zu der er selbst in Peos eintreffen wollte, ebenfalls ankämen. Die Antwort war: besser als hundert zu eins. Er dachte nach, was das wohl zu bedeuten habe, und ließ dann Harry Coin zu sich rufen.
    Harry schlenderte zu einem Stuhl, versuchte dabei einen so unverschämt wie nur möglichen Eindruck zu machen und sagte: « Sie sind also der Führer der Diskordier, heh ?» «Ja », sagte Hagbard kalt, « und auf diesem Schiff ist mein Wort Gesetz. Wasch dir dieses dämliche Grinsen vom Gesicht und setz dich gerade hin. » Er beobachtete den unfreiwilligen Ruck in Harrys Körper, bevor dieser sich besann und sich erinnerte, seine Lässigkeit zu bewahren. Typisch: Coin konnte den Schlüsselsätzen der Konditionierung zwar widerstehen, aber nicht ohne Anstrengung. «Hör mal», sagte er sanft. «Ich werde es dir nur noch einmal sagen» — eine andere bayrische Feuerlöschübung - «Das ist mein Schiff. Du wirst mich mit Kapitän Celine anreden. Du wirst Haltung annehmen, wenn ich mit dir spreche. Sonst...» Der Satz verlor sich irgendwo in der Ferne. Langsam rückte Coin sich zu einer etwas respektvolleren Körperhaltung — und wandelte sie sogleich durch ein noch unverschämteres Grinsen ab. Well, das war gut; sein Hang zur Rebellion ging tief. Für einen professionellen Kriminellen ging die Atmung gut: die einzige Unebenheit schien am Ende des Ausatmens zu liegen. Das Grinsen stellte eine Abwehr der Tränen dar, ganz klar, so verhielt es sich mit den meisten amerikanischen Lächlern, Hagbard versuchte eine Gegenprobe: Harrys Vater war einer derjenigen, die vorgaben, sich die Sache durch den Kopf gehen zu lassen und mit Vergebung zu spielen, bevor sie dann schließlich doch Prügel verabreichen würden.
    «Ist es so besser?» fragte Harry, indem er seine respektvolle Pose verstärkte und noch sarkastischer grinste. «Ein wenig», sagte Hagbard besänftigt. «Aber ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll, Harry. Das ist ein übler Haufen, mit dem du dich da eingelassen hast; sehr un-amerikanisch.» Er legte eine kleine Pause ein, um eine Reaktion auf dieses Wort zu sehen; sie

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