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Illusion der Weisheit

Illusion der Weisheit

Titel: Illusion der Weisheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Pferd für einen Spucknapf, die laufen gleich wie die Ratten ins Loch … Diesmal habt ihr nicht die üblichen schrägen Vögel vor euch, sondern zwei alte, zähe Kampfhähne, mit härterem Schnabel als eine Krähe. Und die hier … Sobald der die Nase aus dem Fenster steckt, kriegt er sie mit einem Bleitaschentuch geputzt … Wenn ich den Kerl, der dich in die Mangel genommen hat, erwische, mach ich ihn so fertig, dass man ihn in einem Rattenloch beerdigen kann.
    I: Das reicht vielleicht.
    W: Rede ich wirklich so?
    I: Ich fürchte, ja.
    W: Tja, ich gebe Ihnen recht, hier und da ist es ein bisschen dick aufgetragen. Ich werde mal drüber nachdenken.
    I: Es freut mich sehr, dass Sie zu Selbstkritik bereit sind. Ich glaube, wir können uns jetzt einem anderen Thema zuwenden. Ich würde gern über Ihr Verhältnis zu Frauen sprechen.
    W: (leicht befangen) Muss das sein?
    I: Ist Ihnen das unangenehm?
    W: Um ehrlich zu sein, ja. Vor allem möchte ich nicht über meine Frau Lilith sprechen. Es ist noch immer eine schmerzliche Erinnerung für mich, auch wenn es lange zurückliegt.
    I: Nun, das überrascht mich ein wenig. Ich hätte nie geglaubt, dass Sie etwas aus der Fassung bringen könnte. Wenn Sie über etwas anderes reden möchten …
    W: Nein, nein, schon in Ordnung, fragen Sie ruhig. Ich bitte Sie nur, schmerzliche Themen auszuklammern.
    I: Einverstanden. Lilith lassen wir beiseite, aber, nun ja, ich will nicht lange drum herumreden: In einem Blog habe ich gelesen, dass Sie und Ihre Freunde nach jedem Abenteuer … Na ja, Sie sind nicht so enthaltsam und dem Sex abhold, wie Sie es uns glauben lassen wollen. In diesem Blog habe ich auch gelesen …
    W: Was ist ein Blog?
    I: Ein Blog ist … Vergessen Sie’s, ich erklär’s Ihnen nachher. Soweit es in diesem Rahmen möglich ist, würde ich gern über Ihr Sexleben reden, also über das von Ihnen und Ihren Freunden.
    W: (nach einer Pause und einem Seufzer) Wissen Sie, was die Lücken zwischen den Panels sind?
    I: Na, das sind … die Lücken zwischen einem Panel und dem nächsten. Der weiße Zwischenraum, der …
    W: Sehr gut, Hut ab. Sie sind wirklich äußerst präzise. Ich stelle die Frage anders: Wissen Sie, was in den Lücken zwischen den Panels steckt?
    I: (leicht pikiert) Nein, sagen Sie es mir.
    W: Das ganze Leben, das nie erzählt wurde. Die Ereignisse, die nicht zu Geschichten werden – absichtlich oder meistens zufällig – und im Strudel der Zeit untergehen. Verpasste Chancen, Dinge, an die wir uns nicht erinnern oder die wir von uns und den anderen nicht wissen wollen. Die Lücken zwischen den Panels sind die tiefste Schicht unseres Bewusstseins.
    I: Aber das …
    W: Lassen Sie mich ausreden, das ist wichtig. Die Lücken zwischen den Panels mögen schmal sein, sie sind kaum mehr als Schlitze, doch die Weite und die Zeit, die sich darin verbergen, sind endlos. Hätten wir den Mut, den Inhalt dieser Weite zu sehen, zu berühren, zu hören und zu riechen, würden wir vielleicht etwas verstehen (Er senkt die Stimme, als wäre er plötzlich bedrückt.) Da ist vieles, was von den Lücken zwischen den Panels verschluckt wird.
    Die beiden schweigen einen Moment.
    I: Ich gebe zu, das ist ziemlich interessant. Aber was hat das mit dem Thema Sex zu tun?
    W: Vielleicht machen meine Freunde und ich in den Zwischenräumen andere Sachen als die, die man in den Bildern sieht. Sachen, die Schnüffler wie Sie gar nicht sehen. Und eines will ich Ihnen sagen: Was wir da machen, geht Sie gar nichts an.
    I: Da mögen Sie recht haben, und irgendwie ist das ja auch eine Antwort. Deshalb würde ich jetzt gern zu meiner Anfangsfrage zurückkommen. Zur Altersfrage. Lassen Sie mich erklären, warum.
    W: Schießen Sie los.
    I: Ihre ersten Abenteuer tragen sich Ende der Vierzigerjahre des neunzehnten Jahrhunderts zu. Eines – in dem zum ersten Mal Ihr ärgster Feind Mefisto auftaucht – spielt sich während des Krieges zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko im Jahre ’46 ab, da scheinen Sie bereits um die dreißig zu sein.
    W: Und was ist das Problem?
    I: Das Problem ist, dass Sie rund siebzig Nummern später praktisch unverändert Buffalo Bill gegenüberstehen, der zur Zeit des Mexikokrieges noch gar nicht geboren war. Ihr seht aus wie Altersgenossen.
    W: Tja, das Leben an der frischen Luft …
    I: Und in anderen Nummern nehmen Sie es mit der berüchtigten Dalton-Bande auf (die Sie natürlich besiegen), die tatsächlich existierte und im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts ihr

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