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Illusionen

Illusionen

Titel: Illusionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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Gegenwart einer fortgeschrittenen Seele zu tun, dachte ich. Vielleicht dürfen all diese Ereignisse nur innerhalb eines bestimmten Umkreises, sagen wir, in einem Radius von fünfzehn Metern, geschehen... Ich kniete mich auf die Oberfläche und tauchte die Hand in die Schwemme.
    Flüssig.
    Dann legte ich mich flach hin und tauchte mein Gesicht in seine Bläue und atmete vertrauensvoll. Es fühlte sich an wie warmer, flüssiger Sauerstoff. Ich erstickte nicht, noch rang ich nach Luft. Ich setzte mich auf und sah ihn fragend an. Ich erwartete, daß er meine Gedanken kannte.
    »Sprich«, sagte er.
    »Weshalb muß ich sprechen?«
    »Was du zu sagen hast, läßt sich präziser in Worte fassen. Also sprich.«
    »Wenn wir auf dem Wasser wandeln, es einatmen und trinken können, weshalb geht das nicht auch auf der Erde?«
    »Hmm. Gute Frage. Paß auf...«
    Er ging ans Ufer, leichten Schrittes, als wanderte er über einen gemalten See. Aber als sein Fuß festen Boden berührte, Sand und das schilfbestandene Ufer, sank er immer tiefer ein. Er tat noch ein paar Schritte und stand jetzt bis an die Schultern in Erde und Gras. Es war, als wäre der Teich auf einmal zur Insel geworden, das Festland um uns zu einem See. Einen Augenblick schwamm er in dem Weideland herum und planschte in dunklen, lehmigen Tropfen. Dann ließ er sich darauf treiben, dann stand er auf und ging darauf weiter.
    Plötzlich war es ein Wunder, einen Menschen auf der Erde wandeln zu sehen!
    Ich stand auf der Schwemme und applaudierte. Er verbeugte sich und applaudierte mir ebenfalls.
    Ich ging bis ans Ufer des Teichs, wünschte mir, daß sich die Erde verflüssigte, und berührte sie mit der Zehe. Im Gras zeigten sich Kräuselwellen. Wie tief mag es wohl sein? Nun, der Grund wird so tief sein, wie ich ihn haben will. Sagen wir, etwa einen halben Meter. Ich werde darin waten.
    Zuversichtlich stieg ich ans Ufer und sank sofort bis über den Kopf ein. Unten war es schwarz und unheimlich; ich kämpfte mich zurück an die Oberfläche, hielt die Luft an und ruderte verzweifelt mit den Armen, um mich im festen Wasser am Rande des Teichs festzuhalten.
    Er saß im Gras und lachte.
    »Du bist ein bemerkenswerter Schüler, weißt du das?«
    »Ich bin überhaupt kein Schüler! Hol mich hier raus!«
    »Komm selber raus.«
    Ich hörte auf zu strampeln. Ich nehme an, daß es fest ist, daß ich hinausklettern kann. Ich nehme an, daß es fest ist... Und ich kletterte hinaus, bedeckt mit einer schwarzen Schlammkruste.
    »Mann, du hast dich dabei aber vielleicht dreckig gemacht!« Auf seinem eigenen blauen Hemd, auf seinen Jeans kein Fleck, kein Stäubchen.
    »Baah!« Ich schüttelte mir den Schlamm aus den Haaren, aus den Ohren. Dann legte ich die Brieftasche ins Gras, ging in das flüssige Wasser und säuberte mich auf die traditionelle, nasse Weise.
    »Ich weiß, daß es eine bessere Art der Reinigung gibt.« »Stimmt. Und eine schnellere.«
    »Du brauchst es mir natürlich nicht zu sagen. Bleib nur ruhig da sitzen, lache und laß es mich allein herausbekommen.« »Wird gemacht.«
    Schließlich mußte ich mit patschnassen Stiefeln zurück zur Fleet gehen und mich umziehen. Ich hängte die Sachen über die Spanndrähte zum Trocknen.
    »Richard, vergiß nicht, was du heute getan hast. Es ist leicht, unsere Augenblicke der Erleuchtung zu vergessen, sich einzubilden, es wären Träume oder einmalige Wunder gewesen. Nichts Gutes ist jemals ein Wunder, nichts Wunderbares ist jemals ein Traum.«
    »Du sagst, die Welt ist ein Traum. Sie ist manchmal herrlich. Sonnenuntergang, Wolken, Himmel.«
    »Nein. Die Einbildung ist ein Traum. Die Schönheit ist wirklich. Siehst du den Unterschied?«
    Ich nickte, ich verstand ihn beinahe. Später schlug ich wieder verstohlen den Leitfaden auf.
     
    Die Weit ist dein Schulheft,
    die Seiten, auf denen du deine
    Rechenaufgaben löst.
    Es ist aber nicht die Wirklichkeit,
    obwohl du, wenn du willst,
    die Wirklichkeit auch dort ausdrücken kannst.
     
    Du kannst aber auch ruhig Unsinn
    hineinschreiben oder Unwahrheiten
    oder die Seiten zerreißen.

 
12. Kapitel
     
    Es war ein angenehm warmer Nachmittag zwischen einzelnen Regenschauern, und die Gehsteige waren naß, als wir aus der Stadt zurückgingen.
    »Du kannst durch Wände gehen, nicht wahr, Don?«
    »Nein.«
    »Wenn du nein sagst, weiß ich immer, daß du ja meinst und daß dir nur an meiner Fragestellung etwas nicht gefällt.«
    »Uns entgeht aber auch gar nichts, was?« sagte er.
    »Liegt

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