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Illusionen

Illusionen

Titel: Illusionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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wirst du dich fragen müssen, weshalb manche Menschen unglücklich sind. Sie sind es, weil sie es sich ausgesucht haben, Richard, und das ist in Ordnung.«
    »Hmm.«
    »Wir sind verspielte Geschöpfe, wir haben gern Spaß, wir sind die Fischotter des Universums. Wir können nicht sterben, wir können uns nicht verletzen, wir können es genausowenig, wie Illusionen auf einer Leinwand verletzt werden können. Aber wir können uns einreden, wir seien verletzt worden, und es uns in den schrecklichsten Einzelheiten ausmalen. Wir können uns einreden, wir seien Opfer, wir töten oder werden getötet, vom Glück und vom Pech gebeutelt und hin und her gezerrt.« »Viele Leben lang?« fragte ich.
    »Wie viele Filme hast du gesehen?«
    »Ach so.«
    »Filme über das Leben auf diesem Planeten, auf anderen Planeten; alles, was Raum und Zeit einnimmt, ist nichts als nur Film und nur Illusion«, sagte er. »Aber für eine Weile können wir eine Unmenge Dinge lernen und an unseren Illusionen sehr viel Spaß haben, nicht wahr?«
    »Wie weit willst du den Vergleich ausdehnen, Don?«
    »Wie weit möchtest du es haben? Du hast dir den Film heute abend teilweise deshalb angesehen, weil ich ihn sehen wollte. Viele Menschen wählen ein Leben, weil es ihnen Freude macht, Dinge gemeinsam zu tun. Zum Beispiel haben die Schauspieler in diesem Film heute abend auch in anderen Filmen zusammen gespielt - ob davor oder danach, das hängt davon ab, welchen Film du zuerst gesehen hast. Du könntest sie aber auch gleichzeitig auf verschiedenen Leinwänden sehen. Wir kaufen Eintrittskarten für die Vorstellung, wir bezahlen dafür, weil wir an die Realität von Raum und Zeit glauben wollen... Keins von beiden ist wahr; aber trotzdem kann niemand, der nicht bereit ist, diesen Preis zu bezahlen, auf unserem Planeten, ja überhaupt in einem Raum-ZeitSystem existieren.«
    »Gibt es Menschen, die überhaupt kein Leben in der RaumZeit haben?«
    »Gibt es Menschen, die nie ins Kino gehen?«
    »Ich verstehe. Sie lernen auf andere Weise?«
    »Richtig, du hast's erfaßt.« Er war offenbar zufrieden mit mir. »Raum-Zeit, das ist eine recht primitive Schule. Aber es gibt viele Menschen, die auf der Illusion, auch wenn sie langweilig ist, bestehen; sie mögen es nicht, wenn die Lichter zu früh wieder angehen.«
    »Wer schreibt eigentlich diese Filme, Don?«
    »Ist es nicht seltsam, wieviel wir wissen, wenn wir uns selbst statt jemand anderen fragen? Wer schreibt diese Filme, Richard?«
    »Wir schreiben sie«, antwortete ich.
    »Und wer spielt in ihnen?«
    »Wir.«
    »Wer ist der Kameramann, der Vorführer, der Kinopächter, der Platzanweiser, der Verleiher, und wer schaut sie sich alle an? Wer kann getrost mitten drin weggehen, wer kann, wann und wie er will, die Handlung verändern, und wer kann, wenn er will, sich denselben Film unzählige Male ansehen?«
    »Laß mich raten«, sagte ich. »Jeder, der es möchte?«
    »Ist das genügend Freiheit für dich?« fragte er zurück.
    »Und darum gehen wir gern ins Kino, meinst du? Weil wir instinktiv begriffen haben, daß die Filme parallel zu unserem eigenen Leben verlaufen?«
    »Kann sein .. . kann aber auch nicht sein. Ist jedenfalls nicht so wichtig, was? Nun: Was ist der Projektor?«
    »Der Verstand«, erwiderte ich. »Nein: aber die Phantasie. Es ist unsere Phantasie, ganz gleich, was du sagst.«
    »Und der Film?« fragte er.
    »Ich passe.«
    »Was immer wir in unsere Phantasie hi nein projizieren lassen?«
    »Mag sein, Don.«
    »Du kannst eine Filmrolle in die Hand nehmen«, sagte er, »und sie ist ein vollständiges Ding, sie hat einen Anfang, eine Mitte und einen Schluß, alles ist da in derselben Sekunde, in dem gleichen Millionstel einer Sekunde. Der Film existiert über die Zeitgrenze hinaus, die er aufzeichnet, und wenn du den Film schon kennst, weißt du, ehe du den Saal betrittst, was gespielt wird: Schlachten und Abenteuer, Sieger und Besiegte, Liebe und Unglück - du weißt alles im voraus. Aber um von ihm ergriffen, mitgerissen zu werden, um ihn ganz zu genießen, muß der Film zunächst in den Projektionsapparat gespult werden und an der Linse vorbeilaufen, Minute für Minute... Jede Illusion braucht Raum und Zeit, um erlebt zu werden. Also bezahlst du an der Kasse für deinen Eintritt, setzt dich hin und vergißt völlig, was draußen auf der Straße gespielt wird. Und damit fängt für dich der Film an.«
    »Und niemandem wird wirklich weh getan? Das Blut auf der Leinwand ist nur

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