Iloo - Die andere Welt (German Edition)
gibt, das ganze Leben zusammenzubleiben. Aber es ist noch mehr. Man geht eine sehr enge Bindung ein. Ich weiß nicht, wie ich es besser erklären kann.«
»Also verstehe ich das richtig, dass bei euch die Männer ihre Dienerinnen ein Leben lang an sich binden, sie an sich ketten?«
»Nein, das hast du vollkommen falsch verstanden! Männer und Frauen tun das freiwillig. Frauen sind bei uns auch keine Dienerinnen der Männer. Gibt es bei euch denn überhaupt keine gleichberechtigten Frauen?«
Für einen Moment war Innilu sprachlos. »Wie jetzt? Gleichberechtigt? Wie muss ich mir das vorstellen? Schlagt ihr eure Frauen nicht?«
»Verdammt nein!«, rief Rainer aus. »Dreht sich bei euch denn alles nur um Gewaltausübung gegen Frauen? Natürlich gibt es auch bei uns Männer, die gewalttätig gegenüber ihren Frauen sind, aber das ist verboten und kann bestraft werden. Im Normalfall wird nicht geschlagen. Frauen haben auch bei uns die gleichen Rechte wie Männer. Niemand darf eines anderen Eigentum sein. Die Meinung von Mann und Frau zählt gleich viel. Männer und Frauen haben grundsätzlich das Recht, jeden Beruf auszuüben, wenn sie die Befähigung dazu haben und so weiter. Gleichberechtigung geht viel weiter, als nur der Verzicht auf gegenseitige Gewalt.«
»Das ist schon sehr fremdartig, was du mir da erzählst«, meinte Innilu, »aber es ist noch immer nur eine Geschichte. Woher soll ich wissen, ob du mir nicht eine gut erdachte Geschichte auftischst. Ich gebe zu, der Gedanke, dass wir Frauen nicht euer Eigentum sind und die gleichen Rechte haben, wäre verlockend, aber es ist absolut unmöglich. Überraschend ist nur, dass es ausgerechnet ein Mann ist, der solche Fantasien äußert. Erzähl mir mehr. Erzähl von deiner Welt, von dem was du dort gemacht hast.«
In der nächsten Stunde berichtete Rainer Innilu von seinem bisherigen Leben, seinem Beruf, dem Scheitern seiner Ehe, dem Niedergang seines Arbeitgebers, seiner Depression und schließlich seinem verheerenden Autounfall, nach dem er dann in dieser Welt und in diesem Körper wieder wach geworden war. Innilu hatte gebannt den Ausführungen Rainers gelauscht und hin und wieder eine Frage eingeworfen, wenn ihr etwas zu fantastisch vorkam. Sie stellte fest, dass der neue Inolak über Wesensmerkmale verfügte, die ihr sehr sympathisch waren. Das hatte sie bis jetzt noch nie bei einem Feliden-Mann empfunden. Er sprach mit ihr tatsächlich wie mit einem gleichrangigen Wesen und war viel warmherziger, als sie es von Männern gewohnt war. Bisher hatte sie Männer als eine Art notwendiges Übel betrachtet. Männer paarten sich mit ihren Dienerinnen und zeugten so den notwendigen Nachwuchs zur Erhaltung der Art. Jedenfalls verhielt es sich so im Turm der Wissenschaftler. Sie hatte jedoch gehört, dass es in einigen der anderen Gilden auch freiwillige Verpaarungen von Feliden unterschiedlichen Geschlechts geben sollte. Vorstellen konnte sie es sich nicht, denn sie kannte nur das Leben im Wissenschaftler-Turm.
Als Rainer geendet hatte, atmete Innilu erst einmal tief durch.
Innilu sah ihn einige Sekunden schweigend an. Es war ihr anzusehen, dass sie überlegte. »Niemand kann sich ausdenken, was du mir eben alles erklärt hast. Also muss es stimmen.«
Rainer sah sie verblüfft an.
»Wie? Du glaubst mir? Einfach so?«
Sie zuckte mit ihren Schultern. »Was soll ich sagen? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand sich einen solchen Blödsinn aus dem Stegreif ausdenken kann. Die ganze Geschichte klingt in sich logisch, obwohl sie mit vielen Dingen gefüllt ist, die es einfach nicht gibt. Trotzdem passt es in die Geschichte ...«
»Aber du hältst es trotzdem für Blödsinn?«
Innilu lachte kurz auf. »Was denkst denn du? Ich kann mir kaum vorstellen, dass es fremde Welten geben soll, und du kommst mit einer Geschichte, dass du nicht mein Herr Inolak bist, sondern ein Wesen aus einer fremden Welt - im Körper von Inolak. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sowas überhaupt geben kann.«
Rainer war verwirrt. »Wie jetzt? Glaubst du mir nun, oder nicht? Ich muss das wissen, denn du bist im Grunde meine einzige Verbindung in diese fremde Welt hier.«
Innilu war nicht minder verwirrt, doch musste sie lächeln angesichts der völlig verqueren Sichtweise dieses - möglicherweise - Fremden in Inolaks Körper.
»Wie ich schon sagte: Die Geschichte ist so völlig verrückt, dass ich dazu neige, sie erst einmal zu glauben. Du wirst mich jedoch noch überzeugen
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