Iloo - Die andere Welt (German Edition)
müssen. Du musst bedenken, dass diese ›fremde Welt‹, wie du das alles hier nennst, meine Heimat ist und ich hier aufgewachsen bin. Ein Gespräch, wie wir es jetzt führen, hätte es zwischen mir und Inolak in dieser Form nie gegeben. Ich hab nur ein Problem damit, mir vorzustellen, dass du kein Felide bist, sondern ein vollkommen anderes, fremdes Wesen.«
»Das versteh ich doch, Innilu«, sagte Rainer. »Ich verlange doch nur, dass du mir nicht von vornherein ablehnend gegenüberstehst. Ich hatte gehofft, dass du mir helfen könntest, mich hier - in eurer Welt - zurechtzufinden, denn ich fürchte, ich werde mich damit abfinden müssen, ab jetzt im Körper eines Feliden zu leben.«
Sie sah ihm fest in die Augen, wie sie es vorher nie gewagt hatte. »Sag mir nur, dass alles, was du mir erzählt hast, wirklich wahr ist. Ich will es aus deinem Munde hören.«
Rainer hob die Finger seiner Hand . »Ich schwöre, dass es sich wirklich so verhält, wie ich es geschildert habe.«
Sie deutete auf seine Finger. »Was soll das mit der Hand?«
»Wir tun das bei uns, wenn wir einen Eid schwören, um den Wahrheitsgehalt unserer Aussagen zu bekräftigen. Und? Wirst du mir helfen?«
Innilu verzog leicht ihren Mund. »Ich bin aber keine Lehrerin, sondern nur eine einfache Dienerin. Ich bin nicht sicher, ob ich dir ausreichend helfen kann, damit du dich zurechtfindest.«
»Auch wenn du dich nur Dienerin nennst, Innilu - versuch dich von dem Gedanken zu lösen, du seist minderwertig. Ich werde dich behandeln, wie ich in meiner Welt auch eine Frau behandeln würde. Du bist eine sehr intelligente, junge Frau und wirst meine Lehrerin sein. Übrigens: Wenn du meine Dienerin bist, hältst du dich dann nicht häufig in meiner Nähe auf?«
»Natürlich. Es ist meine Aufgabe, immer bereit zu sein, dir zu dienen.«
»Umso besser, dann kennst du jeden in dieser Welt, den ich kennen sollte. Du wirst mich mit jedem bekannt machen und dabei darauf hinweisen, dass ich durch meinen Unfall eine Amnesie erlitten habe. Das wird jeder verstehen, und wird in der ersten Zeit lästige Fragen beantworten.«
»Ich soll dir also beibringen, wie man ein Felide ist? Alles, was Recht ist, Herr, aber ist das nicht lächerlich?«
Rainer hob einen Finger, was Innilu irritierte, da sie diese Geste nicht kannte. »Zwei Dinge, Innilu: Nenn mich nicht ›Herr‹, wenn wir allein sind, sondern Rainer oder Inolak - was dir leichter fällt. Und selbst wenn du mir immer noch nicht glaubst, dass ich ein Fremder bin - verlange ich, dass du wenigstens so tust, als wenn es so wäre. Erkläre mir eure Welt. Erzähl mir, wie sie entstanden ist, was euch bewegt und antreibt, welche technischen Errungenschaften ihr habt, welche Medizin, welche sozialen Strukturen. Mich interessiert einfach alles, denn wenn ich nicht ganz schnell lerne, werde ich hier nicht bestehen können, bis ich eine Gelegenheit finde, nach Hause zu kommen.«
Innilu sah ihn lange an. »Du meinst das wirklich ernst, oder?«
Als Rainer schwieg, seufzte sie leise. »Gut, also was möchtest du wissen?«
Rainer hob hilflos seine Arme. »Fang irgendwo an. Wo kommen die Feliden her? Wie haben sie sich entwickelt? Menschen stammen zum Beispiel vom Affen ab.«
Innilu musste lachen. »Meine Güte, ich bin keine Geschichtskundige. Ich kann dir nur versichern, dass wir ganz sicher nicht vom Affen abstammen. So wie ich weiß, lebten in der fernen Vergangenheit unsere Vorfahren gemeinsam mit Affen auf Iloo. Die Feliden lernten irgendwann, auf den Hinterbeinen zu laufen und mit den Vorderbeinen feine Arbeiten auszuführen. Damit begann der Siegeszug der Feliden und sie entwickelten sich zur beherrschenden Spezies auf dieser Welt.«
»Das klingt sehr ähnlich wie die Entwicklungsgeschichte des Menschen. Gibt es viele von euch?«
»Oh ja!« Innilu wackelte zustimmend mit ihren Ohren. »Auf ganz Iloo gibt es Millionen von uns. Einer unserer Wissenschaftler hat sogar gewarnt, wenn es noch viel mehr von uns gäbe, könnte in der Zukunft das Fleisch für unsere Ernährung knapp werden. Ich halte das allerdings für übertrieben.«
»Sag das nicht. Auf meiner Erde leben ungefähr sechs Milliarden Menschen. Das schafft schon Probleme.«
»Sechs Milliarden? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
Rainer winkte ab. »Lassen wir das erst mal. Wie heißt das Land oder Staat, in dem wir hier leben?«
»Staat? Land? Was meinst du?«
Rainer machte eine ausholende Geste. »Diese ganze Region hier. Sie muss doch einen
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