Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
Versteck aus beobachtet. Es gab aber noch einen zweiten Eingang in den Sehenden Turm. Er schlüpfte aus seinem Tunnel und huschte hinter den Gesichtslosen vorbei, ohne dass sie ihn bemerkten. Die Szene vor dem Tor lenkte alle Beteiligten so sehr ab, dass der König unbemerkt blieb. Dann lief er zum hinteren Teil des Turmes und presste seine Hände gegen die spiegelglatte Wand. Ein rundes Loch tat sich auf, durch das Effèlan ins Innere schlüpfen konnte.
*
Miray war so aufgeregt, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Seine Hände zitterten, als er das Medaillon hervorholte. Es funkelte und glitzerte, als hätten sich Sonnenstrahlen darin verfangen, aber es gab keine Lichtquelle in der dusteren Kuppel.
Miray atmete einmal tief durch und legte sich das Amulett um den Hals. Auch diesmal wusste er nicht, was das Medaillon bewirken würde. Trotzdem wollte er Nyasintas Worte genau befolgen.
Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Das Lid des schimmernden Drachenauges hob sich blinzelnd, und die Kristallkugel blickte den Prinzen unverwandt an. Miray bemerkte nun, dass sich eine durchsichtige Pupille in der Kugel befand, die sich zusammenzog und auseinander dehnte, als blicke sie sich genau um. Im selben Moment, in dem sich das Auge geöffnet hatte, verschwand auch die Trübung der Steinkuppel, in der sich Miray befand. Helles Sonnenlicht flutete in den kleinen Raum. Zuerst dachte Miray, den Himmel und die Stadt der Drachenhüter erkennen zu können. Aber gleich darauf bemerkte er, dass dies ein Irrtum war.
Mit dem, was er sah, wusste er nichts anzufangen. Die Umgebung bewegte sich sehr schnell, als würde man auf dem Rücken eines Pferdes dahingaloppieren. Dann begriff Miray, dass auch das ein Irrtum war. Er befand sich in der Luft und flog über dem Land dahin, wie ein Drache.
Der Prinz begann zu ahnen, dass der Sehende Turm in der Lage war, ihm das Land aus der Sicht der Drachen zu zeigen.
Von den unter ihm dahinziehenden Farben, wurde es Miray einen Moment schwindelig, und er musste die Augen schließen. Die vielen Eindrücke überschwemmten seinen ohnehin schon überanstrengten Geist.
Als er wieder aufsah, raste dichter Wald über ihm dahin. Er sah aus wie der Wald von Eshkash. Miray glaubte einen Hügel wiederzuerkennen. Und dort! War das nicht die Rauris, die an der Grenze zu Effèlan entlangfloss. Es dauerte nicht lange, da kam der felsige Berg ins Blickfeld, auf dem der Palast von Effèlan gestanden hatte. Aber ... jetzt war nicht viel mehr davon übrig, als eine rauchende Ruine.
Miray spürte, wie sich sein Herz zusammenzog. Dort unten lag seine Heimat. Zerstört und ausgestorben. Dort hatte er sein ganzes Leben verbracht. Jetzt würde er nie wieder zurückgehen können.
Du musst die Drachen rufen, ermahnte er sich selbst. Aber wie sollte er das anstellen? Er war noch nie hier gewesen. Kein Drachenhüter hatte ihn unterrichtet. Er kannte die Rituale nicht, und vielleicht würden diese uralten Wesen ihm gar nicht folgen. Dazu kam noch, dass der vierte Name des Drachenrings geheim gehalten wurde.
Miray trat an das große Drachenauge heran und blickte in die durchsichtige Pupille.
„Algament!“, rief er, und seine Stimme klang zittrig und unsicher.
Auf dem Auge bildete sich am äußeren Rand ein goldener Schriftzug: Algament.
Es funktioniert, schoss es Miray durch den Kopf.
„Firintur!“, rief der Prinz schon ein bisschen sicherer.
Der zweite Schriftzug bildete sich hinter dem ersten.
„Ignita!“, rief Miray, und auch der Name des dritten Drachen erschien auf dem Rand des Auges.
„Und was soll ich jetzt tun?“, murmelte Miray.
Ganz von selbst erschien ein vierter Namenszug auf dem kristallenen Rand, und der Prinz musste überrascht grinsen, als er ihn las.
„Jonkanur!“, rief er, und dann gab es eine weitere Überraschung.
*
Jonkanur, der ungefähr eine halbe Meile von der Stadt der Drachenhüter entfernt durch die Wolken über dem Land dahinraste, wurde ganz plötzlich langsamer.
„Was ist denn los mit dir!“, rief Nevantio überrascht, der nach dem weißen Greif hinter ihnen Ausschau hielt.
„Ich muss dich kurz
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