Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
kenne.
Am Abend desselben Tages, gebar ich meinen Sohn. Ich nannte ihn Miray, nach Deinem Vater. Ich wusste, Dir hätte das gefallen. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Effèlan erfuhr von meiner Niederkunft und nahm mir das Kind fort. Er hatte keinen Erben und auch sonst keine Nachkommen. Er sagte mir, er würde Miray an dem Tag töten, an dem ich sein Geheimnis preisgeben würde. Ich ging also allein zurück nach Shidabayra. Da Du von der Schwangerschaft nichts wusstest, musste ich keine Vorkehrungen treffen.
Ich habe sehr gelitten in diesen Jahren, und mein Glück kam erst mit unseren beiden Töchtern zu mir zurück, die zwei Jahre später als Miray das Licht der Welt erblickten.
Ich lüfte das Geheimnis deshalb zum heutigen Tage, weil Miray nun volljährig sein muss, und Effèlan es sich nicht mehr leisten kann, unserem Sohn ein Leid zuzufügen. Ich möchte also, dass Du Prinz Miray nach Shidabayra zurückholst und ihn als Deinen rechtmäßigen Sohn und Erben anerkennst. Effèlan wird seine Macht damit verwirken, und Miray kann Faranjoma gegen die Magischen Ritter schützen.
Ich hoffe, Du kannst mir verzeihen, was ich damals tat. Möge auch Miray mir vergeben, dass er bei König Effèlan aufwachsen musste.
Deine, Dich liebende, Königin und Ehegattin, Nyasinta, Drachenhüterin in der siebten Generation.
„Du denkst doch nicht schon wieder über Mutters Brief nach!“, unterbrach Fay Lucys Gedankengänge, die erschrocken zusammenfuhr. Levanda machte einen Stolperschritt und riss dann auf einmal den Kopf in die Höhe.
Fay griff alarmiert in Philemons Zügel.
Sie hatten nun den Bereich des Waldes von Yspiria erreicht, in dem Mondbäume in lockerem Verband über weite, parkähnliche Wiesen verteilt standen. Es handelte sich um ein langgestrecktes Gebiet, das sich nach Norden ausbreitete, bis es an den Distrikt der Steinfelsen stieß.
Die Mondbäume besaßen ausladende Baumkornen und ihre Blätter wirkten wie aus Glas. Sie entfalteten sich erst in der Nacht, um das Mondlicht einzusammeln.
„Vermutlich haben sie unsere Fährte entdeckt“, flüsterte Lucy. „Wir sind schließlich keine geübten Krieger. Wahrscheinlich haben wir Spuren hinterlassen, die für die Ashjafal einfach zu entdecken sind.“
Hinter ihnen raschelte es zwischen den Bäumen. Philemon stieß ein dunkles Wiehern aus.
„Ich kann Levanda keine längere Strecke galoppieren lassen“, fuhr Lucy fort, die von Fays Gesicht ablesen konnte, was die Schwester plante.
„Dann müssen wir uns verstecken“, wisperte Fay zurück.
„Aber ... wo denn? Zwischen den Mondbäumen können wir uns nicht verbergen. Kein Unterholz, kein Buschwerk. Sie werden uns jeden Moment entdecken.“ Lucys Stimme wurde ängstlich.
Fay seufzte, drehte sich nun ihrerseits zu dem Gepäck um, das hinter Philemons Sattel verschnürt war und holte eine breite, an manchen Stellen zerschlissene, Decke hervor.
„Bist du verrückt!“, stieß Lucy aus. „Was soll das sein?“
„Das ist Mutters Tarndecke“, entgegnete Fay ruhig.
„Das ist Hexenwerk!“, erboste sich Lucy. „Vater hat es verboten. Vater hat in ganz Faranjoma jede Art der, Zaub ...“
Die junge Prinzessin wurde von Hufgetrappel und lauten Stimmen unterbrochen.
Beide Schwestern blickten nach Westen. Schatten lagen zwischen den dünnen Stämmen des dichteren Waldstückes. Das Knirschen von Sätteln und klirrende Kandaren waren wie letzte Nacht zu hören.
„Dann müssen wir doch fliehen!“, stieß Lucy hervor.
„Nein, diesmal sind wir zu dicht dran. Sie würden uns noch schneller einholen. Selbst in der Nacht konnten wir nur mit Mühe und Not entkommen, und mit Levandas Bein ...“ Fay entfaltete die graue Decke, die immer größer wurde, je länger die Prinzessin an ihr zog. Der Stoff war dünn und durchscheinend, beinahe wie mottenzerfressene Seide. Aber der zerschlissene Eindruck trog über eine mächtige Magie hinweg. Nyasinta hatte diese Decke oft verwendet. Sie war groß genug, um damit einen ganzen Drachen verbergen zu können, und Nyasinta war nie ohne Drachen gereist.
Lucy gab Levanda leichten Schenkeldruck und dirigierte die zierliche Stute neben Philemon. Als dies geschehen war, breitete Fay die durchscheinende Decke über sie beide und die Pferde. Für die Prinzessinnen änderte sich dadurch nichts, aber weder die Decke, noch die Frauen und ihre Pferde waren jetzt von außen sichtbar.
Lucy hielt angstvoll Ausschau nach den Rittern aus Effèlan. Wenn sie falsch abbogen
Weitere Kostenlose Bücher