Im Anhang mein Herz
hast.
Dienstag, 11. April, 16.15
Betreff: Marlene?
Liebste Marlene, irgendwie habe ich das Gefühl, du bist heute wieder schlecht zu sprechen auf mich. Dabei hatte ich so gehofft, dass rechtzeitig vor Ostern gute Stimmung und Einverständnis aufkommen werden. Nun mache ich mir Sorgen.
Du hast zwar gestern oft und lieb gelacht, blicktest mich aber zwischendurch auch fremd und kalt an. Du schautest drein wie eine neue, fremde Marlene. Wie ist das denn mit dir jetzt? Wollen wir abends telefonieren?
Wurden meine Mails durch andere ersetzt? Du schriebst früher so viele und jetzt überhaupt keine mehr. Wie kommt es zu dieser Wandlung? Vielleicht bist du heute länger im Büro und ich darf dich anrufen?
Love,
Artur
Donnerstag, 13. April, 11.26
Betreff: Ebenfalls guten Morgen!
Liebe Marlene, ich würde es lieber telefonisch besprechen.
Artur
Donnerstag, 13. April, 14.47
Betreff: Anruf
Liebe Marlene,
ja, bitte rufe mich an. Es hat sich schon wieder einiges angesammelt, was ich mit dir besprechen will. Ab fünf sollte ich hier ganz alleine sein.
Dienstag, 18. April, 10.31
Betreff: Guten Morgen!
Liebste Marlene!
Ja, es ist die Verhandlung zum Nachlass. Es muss auch ein Bank-Safe geöffnet werden, von dem der Schlüssel fehlt. Das Versteigerungshaus hat sich die schönsten Möbel ausgesucht. Das Hauptproblem war, so viel Platz zu schaffen, dass die Sachen nicht im Weg standen beim Abtransport der Möbel. Die Berge an Gerümpel in der Wohnung sind meterhoch. Auch die überdachte Terrasse ist bis obenhin mit Klumpert vollgeräumt.
Nein, ich weiß es nicht, was passiert, wenn die Wohnung nicht ganz leer übergeben werden kann, weil ich es nicht schaffe.
Mir tut der Rücken weh vom Heben. Ich habe auch ein paar ganz interessante Sachen gefunden, uralte Fotoplatten, Stadtpläne, holzgeschnitzte Figuren. Ein Ladenkasterl habe ich mir behalten und gestern nach Hause führen lassen.
Ich hoffe, du freust dich auch nach Ostern noch über das Geschenk! Und dann musst du mir von eurer Reise erzählen. Und vom Radfahren. Und so weiter!
Viele liebe Grüße, ich freue mich schon.
Artur
Dienstag, 18. April, 15.57
Betreff: Übersiedlung
Jetzt wird mein PC gleich stromlos. Ich übersiedle wieder einmal in ein anderes Zimmer.
Auf Wiedersehen, meine Liebe!
Artur
Mittwoch, 19. April, 15.40
Betreff: Guten Nachmittag!
Liebe Marlene, diese Mail wurde aus meinem neuen Zimmer versandt.
Mein Platz ist ideal, da es sich wegen der Lichtverhältnisse so ergeben hat, dass der Rest der Crew woanders sitzt. Ich sehe nun aus der Firma heraus auf die Straße. Das konnte ich bisher noch nicht. Ob das ein Vorzeichen für meinen Abgang ist?
Die Übersiedlung war viel Arbeit. Ich musste auch den Printserver mitnehmen. Unser Telefon funktioniert noch nicht.
Zu unserem Klub: Allzu viel Unterstützung darfst du dir für dein Vorhaben nicht erwarten. Das ist leider so. Dass die Verantwortlichen keine Kritik vertragen, ist ebenfalls ein Faktum. Sie sind im Dauerschlaf. Jedoch gehen die unsachlichen Angriffe auf meine Person eigentlich zu weit. Ein sogenannter alter Hase bezeichnet lieber einen Kritiker als verrückt, als dass er zugibt, dass sich die Zeiten geändert haben, und der Klub sich darauf einstellen sollte.
Aber das ist mir jetzt, im sonnigen Zimmer mit Blick auf die lockende Freiheit, egal.
Nette Grüße.
Artur
PS Ich erwarte mir keine Mail-Antwort.
Freitag, 21. April, 10.47
Betreff: Guten Morgen
Liebe Marlene, ich bin zwar noch nicht ganz gesund, muss aber arbeiten. Ich würde dir heute gerne einige Sachen geben. Es ist nichts zum Lesen dabei, keine Sorge!
Und ein wenig mit dir reden wollte ich. Es wäre wirklich schön, wenn du dafür etwas Zeit aufbringen könntest. Bei einem Mittagessen? Ich würde allerdings nur etwas trinken. Ich glaube, dass es sehr vorteilhaft wäre, über ein paar Dinge zu sprechen.
Artur
Freitag, 21. April, 11.22
Betreff: Heute
Liebe Marlene, nein, viel besser geht es mir noch nicht.
Nein, wir besprechen heute nicht wieder das Gleiche. Das ist vorbei. Hast du es denn noch nicht bemerkt? Selbst wenn du plötzlich anders zu mir sein würdest, ich könnte es bestimmt nicht mehr, da ich mich zu oft über dich gekränkt habe. Nein, ich könnte es dir nicht mehr glauben.
Worüber wir plaudern könnten, sind Themen, die man üblicherweise unter Freunden bespricht. Unsere Interessen, unsere Arbeit, unsere Pläne.
Wenn du daheim essen willst, dann würden wir eben nicht in ein Lokal
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