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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn
Autoren: Béla Bolten
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Abordnung der dortigen Antikenbehörde, begleitet von einer bewaffneten Polizeieinheit und einigen Kriminaltechnikern, die Grabhöhle auf. Sie wollten Beweise für gestohlene Artefakte sicherstellen, um die britische Regierung damit zu konfrontieren. Die Höhle aber war sauber wie die Wohnung einer amerikanischen Hausfrau nach dem Frühjahrsputz. Sie fanden nicht ein Fitzelchen Staub und schon gar nichts, was darauf hindeutete, dass sich dort noch wenige Stunden zuvor ein antikes Grab mit elf erhaltenen Ossuarien befunden hatte. Der gesamte Bereich in und um die Höhle war systematisch gereinigt worden.»
    Bartoni hatte aufmerksam zugehört und fragte:
    «Wissen wir denn inzwischen, wie die Funde unbemerkt aus dem Grab geschafft wurden?»
    «Ja, Exzellenz. Die Israelis fanden einen den Felsen durchschneidenden, hundertzwanzig Meter langen Gang, der auf einem brachliegenden Grundstück ins Freie führte.»
    «Aber es ist doch unmöglich, einen solchen Tunnel innerhalb weniger Tage zu graben», wandte der Bischof ein.
    «Und das auch noch unbemerkt», fügte der Kardinal hinzu.
    Di Lucca nickte.
    «Sie haben recht, deshalb müssen sie den Tunnel vorher gegraben haben, vielleicht schon vor Wochen. Schließlich haben sie auch den hinteren Teil des Hauses eingerissen, ohne dass es irgendeinen Argwohn erzeugt hätte. Warum auch? Ein neuer Eigentümer reißt einen Teil seines gerade erworbenen Hauses nieder, um etwas Neues zu bauen. Wenn sie gleichzeitig den Tunnel in den weichen Fels geschlagen haben, wird der Lärm niemandem aufgefallen sein.»
    «Das heißt», sagte der Bischof zornig, «wir haben keine Ahnung, wo sich die Ossuarien und vor allem wo sich das besagte Skelett jetzt befindet.»
    «So ist es. Leider ...», antwortete di Lucca zerknirscht.
    «Wir wissen, dass Henderson mit seinem Privatjet nach London geflogen ist. Sie hatten keinerlei auffälliges Gepäck an Bord. Engel, der deutsche Professor, ist von Israel direkt nach Hause geflogen und von dort heute Morgen ebenfalls nach London aufgebrochen. Er kann die Ossuarien auch nicht bei sich gehabt haben. Sie sind wie vom Erdboden verschwunden.»
    «Und die Israelis?», fragte der Kardinal.
    Di Lucca zuckte mit den Achseln.
    «Sie haben eine leere Höhle gefunden, wie es viele in der Gegend gibt. Der künstlich angelegte Tunnel ist zwar verdächtig, aber die blitzblanke Felsengrotte gibt keinen Anlass zur Besorgnis. Mein Kontaktmann sagte mir heute Morgen, wir wären wohl einer Falschinformation aufgesessen. Von dort ist keine Hilfe zu erwarten.»
    Der Kardinal erhob sich von seinem Sofa und ging zum Fenster. Er blickte direkt in die große Audienzaula im apostolischen Palast auf der anderen Seite der kleinen Piazza. Er füllte sich mit festlich gekleideten Menschen, alle in der Hoffnung, mit etwas Glück in wenigen Minuten dem Heiligen Vater die Hand reichen zu dürfen. Nachdem er einige Sekunden nach draußen geblickt hatte, wandte er sich wieder den anderen beiden Männern zu.
    «Die Situation scheint uns aus den Händen zu gleiten.»
    Als der Bischof und di Lucca zustimmend nickten, fuhr er fort: «Wir brauchen eine Handlungsoption, und die bekommen wir nur, wenn wir wissen, wo sich die Ossuarien und die darin liegenden sterblichen Überreste befinden. An diese Information zu kommen, hat absolute Priorität. Ich werde heute mit dem Heiligen Vater zu Abend essen und ihm von unserem Problem berichten. Ich bin sicher, er wird den Ernst der Lage sofort verstehen und uns alle Handlungsfreiheiten geben.»
    Di Lucca atmete hörbar ein. Der Kardinal beeindruckte ihn. Er war ein Mann der Tat, der nicht lange fackelte. Die Tatsache, dass er ein enger Vertrauter des Papstes war, konnte in den kommenden Tagen noch von großem Nutzen sein.
    Der Kardinal trat einen Schritt vom Fenster zurück und blieb stehen.
    «Ich denke, für den Moment ist alles besprochen. Tun Sie, was Sie können, di Lucca, und finden Sie diese Knochen. Koste es, was es wolle.»
    «Koste es, was es wolle», murmelte der Bischof zustimmend.
     
    ***
     
    «Willkommen, Professor!»
    Henderson eilte auf Engel zu, als dieser den kleinen Besprechungsraum betrat, und schüttelte ihm die Hand. Engel überlegte, ob er darauf hinweisen sollte, dass ihm der Professorentitel nicht mehr zustünde, nachdem er seine Stelle an der Universität gekündigt hatte, unterließ es jedoch. Irgendeine Ehrenprofessur würde sich später schon noch finden lassen, vorausgesetzt, der Grabfund hielt, was der Engländer sich
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