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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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das macht die Sache sehr kompliziert. Weichteile werden wir nicht mehr finden, sondern wir müssen uns mit Knochen und Knochenresten zufriedengeben und hoffen, dass wir noch winzige Knochenmarkreste beziehungsweise Zahnpulpa finden. Vor allem in Zähnen kann DNS lange überleben. Die DNS-Stücke, die wir finden, werden auf jeden Fall winzig sein. Sie werden mit einem chemischen Verfahren vervielfältigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir verwertbare Zellkern-DNS finden, ist auf jeden Fall nicht groß. Bei der Mitochondrien-DNS sehe ich viel weniger Probleme.»
    Van Damme stand auf, um sich aus dem Barkühlschrank ein weiteres Bier zu holen.
    «Und das heißt dann, dass wir zwar sagen können, ob Maria die Mutter dieses Jesus war, aber immer noch keine Ahnung haben, ob Josef der Vater war. Dabei interessiert uns doch gerade das brennend!»
    In die einsetzende Heiterkeit sagte Stone:
    «Warten wir ab, was uns die Laborergebnisse sagen. Manchmal wundert man sich, wie viel Material noch vorhanden ist.»
    Latour hatte die Ausführungen Stones gebannt und mit nach vorne gebeugtem Körper verfolgt. Jetzt entspannte er sich und schlug die Beine übereinander.
    «Mich würde noch interessieren, wie lange es dauert, bis die Ergebnisse der DNS-Analysen endgültig vorliegen.»
    Henderson meldete sich aus dem Hintergrund:
    «In herkömmlichen Labors dauern derartige Analyse zwei bis drei Wochen. Wir haben dafür gesorgt, dass wir über das beste Equipment verfügen, das man für Geld kaufen kann. Außerdem stehen die fähigsten Experten auf unserer Gehaltsliste. Der Chef des Labors versicherte mir noch vor wenigen Stunden, dass sie in längstens sieben Tagen komplette Analysen liefern können.»
    «Na, das hört sich doch gut an. Dann ist vielleicht ein paar der wildesten Spekulationen bald der Boden entzogen.»
    Engel blickte Henderson herausfordernd an, erntete aber nur ein spöttisches Lächeln.
    «Nun zu Ihnen, André. Was können Sie über die Namensinschriften sagen?»
    Latour räusperte sich und begann bedächtig:
    «Für ein abschließendes Urteil ist es noch zu früh. Wir haben heute den halben Tag damit zugebracht, hochauflösende Fotos von den Inschriften zu machen. Anschließend haben wir den Radiologen kommen lassen und Computertomografien erstellt. Damit bekommen wir ein plastisches Bild davon, wie die Rillen aussehen, die unsere unbekannten Graveure in den Stein geritzt haben. Die Fotos liegen morgen vor, und wir werten sie dann sofort aus. Danach haben wir mit Genehmigung von Mr. Henderson etwas gemacht, was die Archäologen verteufeln werden. Für eine hundertprozentig sichere Altersbestimmung müssen wir aus jeder Inschrift eine kleine Menge Patina isolieren. Dazu hat Dominic mit einem winzigen Meißel jeweils rund einen Millimeter der Inschriften verbreitert und anschließend die Ablagerung herausgelöst. Mit bloßem Auge sind die Vergrößerungen der Schrift nicht zu erkennen.»
    Latour nickte Dominic zu, der sich etwas in seinem Sessel erhob. «Die Patina habe ich ins Labor gebracht. In zwei, drei Tagen bis morgen werden wir eine Altersbestimmung haben. Ist die Patina neu, sind die Inschriften auf jeden Fall eine Fälschung.»
    «Was ich allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen möchte.»
    Latour hatte seine Stimme deutlich erhoben.
    «Für mich stammen alle Inschriften aus dem 1. Jahrhundert.»
    Henderson hielt es nicht auf seinem Stuhl in der Ecke des Raumes. Er stand auf und stellte sich neben Engel, Latour gegenüber.
    «Gilt das auch für die Jesus-Inschrift, vor allem für den Zusatz?»
    «Es gilt für jeden einzelnen Buchstaben auf diesen Kästen!»
    Henderson schlug Engel mit der Hand auf die Schulter, sodass dieser zusammenzuckte.
    «Das nenne ich eine gute Nachricht!»
    Die Freude war ihm anzumerken.
    «Nun wird auch unser Skeptiker hier», erneut sank seine Hand auf Engels Schulter, «ein bisschen vorsichtiger sein.»
    Engel wollte erwidern, dass noch nichts Weltbewegendes passiert sei, doch im Raum hatte sich eine lockere Stimmung breitgemacht. Er kam sich vor wie zu seinen Studientagen, wenn eine Prüfung erfolgreich abgeschlossen war. Warum sollte er ihnen den Spaß verderben. Also hob er nur die Hand und sagte:
    «Gemach, gemach. Das Programm für die nächsten Tage steht im Prinzip. Unsere amerikanischen Freunde beginnen am Skelett zu arbeiten, die Inschriftenkundler liefern schlüssige Ergebnisse.»
    «Und wir drehen immer noch Däumchen», sagte Deary sichtlich

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