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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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jetzt gibt es keinerlei Beweise für einen Mord», versuchte Engel einzuwenden.
    «Hör auf, Wolfram. Hawley ist der beste seiner Zunft, und er hat sofort von Mord gesprochen. Ich wette, heute Abend haben wir den Beweis.»
    Engel fiel keine vernünftige Erwiderung ein, und Sarah saß wie geistesabwesend neben ihm. Dafür redete sich Henderson mehr und mehr in Rage.
    «Ich habe so eine Aktion die ganze Zeit erwartet. Überrascht bin ich nur, dass ausgerechnet Sanika das Opfer ist. Vielleicht denken sie, dass sie mich damit ganz persönlich treffen, schließlich war sie seit Jahrzehnten meine Weggefährtin. Mit keiner anderen Mitarbeiterin verbindet mich so viel ...»
    Für einen Augenblick hatte es den Anschein, als würde dem Briten die Stimme versagen, doch er fing sich sofort wieder.
    «Wahrscheinlich geht es aber gar nicht um Sanika. Das Opfer ist gleichgültig. Dieser feige Mord ist nichts als ein Fanal: ‹Seht her!›, rufen sie uns zu, ‹wir können euch töten. Jeden von euch. Zu jeder Stunde.› Sie wollen uns einschüchtern, damit wir weich werden und auf sie eingehen. Dann werden sie uns umschmeicheln, werden uns lobhudeln ob des tollen Fundes, den wir gemacht haben, werden uns eine Kooperation anbieten, weil doch auch sie wie kein anderer an den Ergebnissen unserer Grabung interessiert seien.»
    Henderson beugte sich vor und blickte Engel mit vor Zorn aufgerissenen Augen an. Die nächsten Worte spuckte er geradezu aus.
    «Und dann werden sie die Funde zerstören. Sie werden die Wahrheit auslöschen, wie sie sie schon immer vom Erdboden getilgt haben, wenn sie sich als scheues Pflänzchen irgendwo zeigte.»
    Henderson lehnte sich zurück, und Engel kam es vor, als erwarte er ein «Amen». Er zog es vor zu schweigen, und so fuhr der Brite fort:
    «Aber wir werden das nicht zulassen. Wir werden die Wahrheit verteidigen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Wir brauchen sichere Ergebnisse, die Labors müssen noch schneller arbeiten als ohnehin, das Team muss das Letzte aus sich herausholen. Wir brauchen gesicherte Fakten, um an die Öffentlichkeit zu gehen.»
    Henderson sprang aus seinem Sessel auf.
    «Sarah, bereiten Sie eine Pressekonferenz vor. Wir müssen in der Lage sein, innerhalb von einem oder zwei Tagen alle relevanten Presseorgane zusammenzubringen. Den Ort erfahren Sie noch von mir.»
    Er drehte sich um und sprach Engel an:
    «Wolfram, Sie trommeln das Team zusammen und machen ihnen den Ernst der Lage klar. Ich erwarte von jedem hundertprozentigen Einsatz. Und jetzt raus mit euch und ans Werk. Ich werde mir derweil eine Strategie zurechtlegen, wie wir mit den Pfaffen in Rom umgehen. Obwohl ... Es würde mich wundern, wenn sie sich nicht bei uns melden.»
     
    Auf dem Flur berührte Sarah Engel leicht am Arm und flüsterte: «Es stimmt nicht.»
    Als er fragend mit den Schultern zuckte, setzte sie hinzu: «Es kann nicht der Vatikan gewesen sein.»
    Engel bedeutete ihr, zu schweigen. Er war sicher, dass die Wände Ohren hatten.
     
    ***
     
    Die große Standuhr in der Bibliothek hatte bereits elf Uhr geschlagen, als Hawley endlich den Raum betrat. Er wirkte abgespannt und müde, von der Spannkraft, die ihn sonst auszeichnete, war nichts zu sehen. Er nippte an einem Glas Gin Tonic und erläuterte mit für ihn leiser Stimme die Ergebnisse der Obduktion.
    «Ich will euch nicht mit allzu vielen medizinischen Details langweilen, deshalb komme ich gleich zur Sache. Die arme Sanika wurde, wie ich es schon bei der ersten Leichenschau vermutet habe, vergiftet.»
    Ein kollektives Aufstöhnen aller Anwesenden war die Antwort, was der Rechtsmediziner mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken quittierte.
    «Die Laborergebnisse bestätigen das. Im Malai Kofta, das sie sich bei einem indischen Lieferservice bestellt hatte ...»
    «Ihre Leib- und Magenspeise», unterbrach Henderson Hawleys Vortrag, wofür er sich mit einer Geste der rechten Hand sofort entschuldigte.
    «Wie gesagt: In ihrem Abendessen konnte das Labor Tetrodotoxin nachweisen. Es handelt sich dabei um ein Nervengift der Superlative. Die meisten werden davon schon einmal gehört haben, denn es ist genauso dieser Stoff, der den Verzehr eines Fugu, eines japanischen Kugelfisches, zum tödlichen Genuss werden lassen kann. Das Gift ist wasserlöslich und hitzestabil, verliert also auch beim Kochen seine Wirkung nicht. Es wirkt recht zügig, Sanika dürfte spätestens eine Stunde nach ihrer letzten Mahlzeit an Atemlähmung gestorben sein.»
    Als Hawley

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