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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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dachte.
     
    ***
     
    «Haben Sie alles verstanden?»
    Thomas Engel nickte unsicher. Di Lucca hatte ihm in der letzten Stunde einen Schnellkurs in Sachen Agententätigkeit gegeben, und er kam sich vor wie in einem schlechten James-Bond-Film. Wie konnte er sich nur darauf einlassen? Gestern hatte di Lucca ihn nur gebeten, Henderson eine Botschaft des Papstes zu überbringen. Dabei könne er gleich versuchen, seinen Bruder von einer möglichen Dummheit abzubringen, indem er ihm von Hannahs Entführung erzählte. Das war alles schlimm genug, aber er sah keinen Ausweg. Schließlich wollte er Angela und Hannah auf keinen Fall gefährden. Jetzt entwickelte sich die Angelegenheit jedoch in eine andere Richtung. Er sollte herausfinden, was sie tatsächlich in diesem Grab in Jerusalem gefunden hatten, und diese Information mittels eines winzigen Hochleistungssenders, der in einem Füllfederhalter untergebracht war, weitergeben. Als er Zweifel äußerte, ob Henderson so kooperativ wäre und ausgerechnet ihm seine geheimsten Pläne enthüllte, hatte di Lucca verärgert mit der Hand gewedelt.
    «Dann werden Sie eben alles aus Ihrem Bruder herausholen.»
    Di Lucca packte den Füllfederhalter in das einfache Lederetui.
    «Übrigens, Thomas, Sie können Ihrem Bruder noch ausrichten, dass seine Frau und seine Tochter gut auf Santorin angekommen sind. Sie wohnen dort bei Jannis und Maria. Können Sie sich das merken?»
    «Jannis und Maria», wiederholte Thomas und nickte. Di Lucca wusste also, wohin Angela gefahren war. Dabei hatte sie ihr Ziel um alles in der Welt geheim halten wollen.
    Engel steckte den Füllfederhalter ein und hoffte inständig, dass er sich in ein paar Stunden noch erinnerte, wie er den Sender in Gang setzte und vor allem, wie er eine Nachricht abschicken konnte.
    Di Lucca blickte ihm ernst ins Gesicht.
    «Denken Sie daran, sich kurz zu fassen, Thomas. Überlegen Sie vorher genau, was Sie uns mitteilen wollen. Fassen Sie die Information in einem Satz zusammen. Wahrscheinlich kann Hendersons Sicherheitsdienst den Sender anpeilen und Sie in wenigen Minuten orten. Sie haben also nur einen Versuch. Wenn Sie gesendet haben, werfen Sie den Füller sofort weg und verschwinden so schnell Sie können. Verstanden?»
    «Ja, ja», antwortete Engel, den im Moment etwas ganz anderes beschäftigte.
    «Was steht eigentlich in der Botschaft des Heiligen Vaters?»
    «Ich weiß es nicht, Thomas.»
    Di Lucca versuchte, einen geknickten und unschuldigen Gesichtsausdruck zu machen. Engel glaubte ihm kein Wort. Di Lucca fuhr betont unbeteiligt fort:
    «Übrigens, es kann sein, dass man Sie nicht wieder aus dem Haus gehen lässt, sondern Sie wie alle anderen dort kaserniert. Ich hoffe, Sie haben genug Wäsche zum Wechseln dabei.»
    Panik stieg in Thomas hoch. Er spürte, wie ihm die Angst die Kehle zuschnürte. Er war zum Spielball geworden in einem Wettkampf, dessen Regeln er nicht kannte und in dem sich mächtige Gegner gegenüberstanden.
    «Wir müssen gehen, Ihr Fahrer erwartet Sie.»
    Di Lucca nahm Engels Hebammentasche und ging zur Tür. Als er sie öffnete, drangen die typischen Geräusche eines Flughafens herein. Wie abgeschottet diese Flughafenkapelle war. Engel drehte sich in Richtung Altar und schaute zum Kreuz hinauf. Er beugte das Knie, senkte den Kopf und wartete darauf, dass die innere Ruhe einkehrte, die ihm der Herr sonst schenkte. Doch nichts geschah.
     
    ***
     
    «Wir haben nicht viel Zeit.»
    Engel schloss die Tür des Damen-WC, ging zum Waschbecken und drehte den Hahn auf. Sarah betrat eine der Kabinen und lehnte die Tür an. Wenn jemand den Raum betrat, würde er sie wenigstens nicht zusammen sehen. Sie hatten in den letzten Tagen keine Gelegenheit gehabt, alleine miteinander zu reden. Henderson hatte sie ständig mit Beschlag belegt, und in ihren Suiten und den Büros trauten sie sich nicht mehr, offen zu sprechen. Zu groß war die Gefahr, abgehört zu werden.
    «Also, was meintest du gestern mit ‹es kann nicht der Vatikan gewesen sein›?»
    Sarah sprach atemlos:
    «Wer auch immer Sanika ermordet hat, der Auftrag kam bestimmt nicht aus Rom.»
    «Warum bist du da so sicher? Mir scheint Hendersons Theorie absolut schlüssig.»
    «Sie passt ja auch wunderbar in sein Konzept. Er hat alle auf Trab gebracht, die Laborergebnisse werden in Kürze erwartet, und auch im Team hier wird mit Hochdruck gearbeitet. Er will Fakten schaffen, verstehst du?»
    «Gut, damit kannst du recht haben. Aber trotzdem hat die Kurie ein

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