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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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vorspielen, dachte Engel. Er will einen ernsten Verhandler darstellen, aber seine Augen widerlegen ihn. Der Inhalt brachte ihn zum Lachen. Die Botschaft des Papstes amüsierte ihn. Thomas erschrak bei dem Gedanken.
    Henderson schob den Brief zurück in das Kuvert und schaute zu Thomas hinüber.
    «Nun gut, Pfarrer Engel. Das ist ein interessantes Schreiben. Ich denke, die Mitglieder meines Teams sollten seinen Inhalt kennenlernen. Am besten kommen Sie mit, auf diese Weise können Sie Ihren Bruder treffen und mit eigenen Augen sehen, was wir entdeckt haben. Ich bin gespannt, was Sie dazu sagen werden.»
    Henderson stand auf und winkelte den rechten Arm ab, als wolle er ihn Engel um die Schultern legen. Dabei wedelte er mit der Hand.
    «Kommen Sie, Herr Pfarrer, kommen Sie. Sie sollen Ihrem Papst etwas zu berichten haben.»
    Von einer Sekunde auf die andere brach das Lachen aus dem Engländer heraus. Ein tiefes, grollendes Lachen, das sich an den Wänden des hohen Raumes gespenstisch brach. Thomas Engel war fast starr vor Angst und schaffte es nur mit äußerster Willensanstrengung, aufzustehen. Was ging hier vor? Er musste mit Wolfram reden. Sein Bruder würde ihm alles erklären. Als sie durch die Tür gegangen waren, schob Henderson den Pfarrer nach rechts.
    «Zunächst allerdings kann ich Ihnen die Prozedur der Leibesvisitation nicht ersparen. Sie werden verstehen, dass wir auf unsere Sicherheit bedacht sein müssen. Nicht dass sich der Vatikan plötzlich die Praxis der Konkurrenz zu eigen macht und uns einen Selbstmordattentäter schickt.»
    Als er den Satz beendet hatte, wandte sich der Brite von Engel ab. Deshalb entging ihm das Entsetzen, das vom Gesicht des Pfarrers Besitz ergriff.
     
    ***
     
    Di Lucca saß in seinem schmucklosen Zimmer und starrte das Handy an. Nachdem er Thomas Engel am Flughafen ins Auto verfrachtet hatte, war er sofort zurück in seine Unterkunft gefahren und direkt in Manfreds Zimmer gegangen. Der deutsche Abhörspezialist hatte seine Geräte im Nachbarzimmer aufgebaut. Di Lucca war erstaunt, wie klein die hochleistungsfähigen Apparate heute waren.
    «Alles okay?»
    Manfred nickte. Er war eher ein schweigsamer Typ. Das kommt von seinem Beruf, dachte di Lucca. Wer stundenlang vor einem kleinen Kasten sitzt und gespannt darauf wartet, dass endlich die erwartete Nachricht aus dem Kopfhörer kommt, darf kein Problem mit der Stille haben.
    «Und Sie sind sicher, dass Sie ihn auf jeden Fall hören? Selbst wenn der Raum, aus dem er sendet, perfekt isoliert ist?»
    Der Deutsche schaute ihn vorwurfsvoll an, und di Lucca wusste sofort, was er dachte. Was will dieser Idiot? Hat keine Ahnung, stellt aber dumme Fragen. Di Lucca machte eine entschuldigende Geste und brummte: «Ist ja schon gut. Man wird doch mal fragen dürfen.»
    Manfreds Miene hellte sich ein bisschen auf.
    «Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn uns der Pfarrer etwas mitteilt, bekommen wir es mit. Egal wann und egal, von wo in London er es sendet.»
    Jetzt wartete er bereits geschlagene vierzig Minuten auf den erlösenden Anruf, dass die Aktion erfolgreich gestartet war. Warum meldete sich der Fahrer nicht, der Engel in die Docklands gebracht hatte?
    Als das Telefon klingelte, nahm di Lucca das Gespräch an, bevor der Ton verklungen war.
    «Alles klar, Chef. Unser Mann ist im Gebäude.»
    «Warum haben Sie mich nicht sofort angerufen?», fauchte di Lucca in den Hörer.
    «Ging nicht, Chef. Ist schon komisch, aber hier draußen gibt es kein Netz.»
    Eigentlich hätte er erleichtert sein müssen, aber der Anruf hatte ihn eher beunruhigt. Di Lucca nahm das Handy und wählte eine Nummer aus dem Adressspeicher. Bereits nach dem zweiten Klingeln meldete sich die vertraute Stimme von Bischof Legado. Di Lucca berichtete in kurzen Worten, was geschehen war, und setzte zum Schluss hinzu: «Jetzt hilft nur noch Beten.»
    Legado atmete schwer.
    «Ich weiß, John. Der Heilige Vater hat heute Mittag alle Kurienkardinäle zu einem Gebet für das Wohlergehen der Christenheit gebeten. Du siehst, wie ernst er die Sache nimmt.»
    «Gut.»
    Di Lucca machte eine Pause.
    «Beten Sie. Ich kümmere mich um den Rest.»
     
    ***
     
    Die Mitglieder des Teams blickten sich irritiert an, als sie den Van im Vorraum des Mausoleums verließen. Die sonst nur verhalten im Hintergrund zu hörende Musik erklang heute laut und triumphierend aus den Lautsprechern. Auch optisch hatte sich der Eingangsbereich verändert. Anstatt der drei Meter hohen Holzwand, die den

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