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Im Antlitz des Herrn

Im Antlitz des Herrn

Titel: Im Antlitz des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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erkennen.
    «Leider kann ich Ihnen das Jakobus-Ossuarium nicht im Original präsentieren. Es befindet sich in Israel. Ich hege aber die Hoffnung, dass wir es bald in unser Mausoleum der Heiligen Familie aufnehmen können. Allerdings konnte ich von dem verrückten Sammler, dem das Stück gehört, das Knochenmaterial erwerben, das sich in der Truhe befand. Sie werden es nicht glauben, Theresia, aber er hatte es in einer Tupper-Schüssel aufbewahrt.»
    Theresia Stone ließ ein kurzes, unnatürliches Lachen erklingen. Henderson räusperte sich.
    «Nun, wie dem auch sei. Unser Labor konnte eindeutig beweisen, dass dieser Jakobus der Sohn von Maria und Josef sowie der Bruder von Jesus war.»
    Auf der Leinwand sah man jetzt ein ärmliches Haus. Davor spielten zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Die Kamera fuhr auf das Haus zu und gab den Blick in das Innere frei. In der Ecke stand eine kleine Kinderkrippe, in der sich ein Säugling befand. Henderson dozierte mit feierlicher Stimme weiter:
    «Kurz nach der Geburt des kleinen Simon – oder war es Salome, wir werden es leider nie klären können, selbst die genauesten Analysemethoden lassen eine exaktere Altersbestimmung der wenigen Knochenreste nicht zu – verstarb der treue Josef.»
    Die Kamera zog auf, und man sah Maria weinend an einem Strohlager sitzen, auf dem Josefs Leichnam lag. Sein Ossuarium verschwand im Bühnenboden.
    «Wie es damals üblich war, musste der älteste noch ledige Bruder des Verstorbenen die Witwe heiraten, damit sie versorgt war.»
    Henderson blickte von seinem Manuskript auf und sah ins Publikum.
    «Genaueres zu diesem Prinzip der sogenannten Leviratsehe kann Ihnen später unser verehrter Professor Wolfram sagen. Wir können beweisen, dass die heilige und ewige Jungfrau Maria mit diesem ihrem dritten Mann, vermutlich einem gewissen Klopas» - in diesem Moment erschien rechts neben Maria ein weiteres Ossuarium - «noch drei Kinder hatte. Wir kennen ihre Namen nicht mit Sicherheit, aber wir folgen der Überlieferung und nennen sie Maria, Josef und Judas.»
    Drei Knochentruhen erschienen neben denen von Salome und Simon.
    Die Leinwand zeigte eine Familie beim Essen. Die Mutter war eindeutig Maria, der Mann war bisher nicht aufgetaucht und sollte wohl Klopas sein. Insgesamt sechs Kinder, aufgereiht wie die Orgelpfeifen, saßen am Tisch.
    «Da haben wir sie jetzt, die ganze Heilige Familie. Klopas, der Ersatzmann, und Maria, die eine wahrlich glorreiche Jungfrau war mit ihren sechs Kindern von drei Männern.»
    Thomas Engel zischte seinem Bruder zu:
    «Jetzt tu endlich etwas, Wolfram. Mach diesem Unsinn ein Ende.»
    Der Angesprochene zuckte mit den Schultern. Was sollte er sagen. Anscheinend hatten die Laborergebnisse die Verwandtschaftsverhältnisse im Grab eindeutig geklärt. Nur die Hypothese, es handele sich bei Jesus um den, der später Christus genannt wurde, war und blieb reine Spekulation. Wobei sich die angesprochenen Familienverhältnisse mit den Ergebnissen der Forschung deckten.
    «Die folgenden Jahre verliefen ereignislos. Unsere kleine, heilige Familie schlug sich einigermaßen durch bewegte Zeiten. Der Älteste machte ihnen auf Dauer einige Sorgen, er schloss sich der Bewegung eines gewissen Johannes an, der apokalyptische Ideen predigte. Jesus ging noch einen Schritt weiter und behauptete, der legitime Nachfolger Davids zu sein und Anspruch auf den Thron zu haben. Was sein Privatleben als Mann anging, folgte er seiner flatterhaften Mutter und verliebte sich in ein leichtes Mädchen: Maria aus Magdala.»
    Im hinteren Teil der Bühne wurde das Jesus-Ossuarium etwa einen Meter emporgehoben, daneben erschien ein zweiter Kasten.
    Auf der Leinwand saß ein Mann mit schulterlangen, gewellten Haaren mit dem Rücken zum Publikum. Vor ihm tanzte eine barbusige junge Frau in aufreizenden Bewegungen, hob ihren knielangen Rock, um ihre kräftigen Schenkel zu zeigen. Nach einiger Zeit verlangsamte sich der Tanz, sie legte den Rock ab und setzte sich nackt auf den Schoß des Mannes. Er legte die Arme nach hinten und beugte den Oberkörper zurück, sein Gesicht blieb weiter verborgen. Die Frau begann sich lustvoll zu bewegen, wobei ihre Brüste auf und ab wippten. Hawley stöhnte auf, bevor er aber einen Kommentar abgeben konnte, stieß Theresia Stone ihren Ellbogen in seine Seite.
    «Unsere beiden Turteltauben hier, Jesus und Maria, hatten ihren Spaß miteinander, und wie das in all den Jahrtausenden vor der Erfindung der Pille war, blieb er

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