Im Auftrag der Rache
Mauer, schaute hinaus auf den Lansweg und verlor sich im Aufruhr seiner Gedanken.
Ein Gewitter zog dichte Vorhänge aus Regen über das ferne Ende der Landenge und die Berge, die sich zu beiden Seiten davon erstreckten. Dies war die Spitze des südlichen Kontinents: das Land Pathia, das vor zehn Jahren an Mhann gefallen war. Seine Haare flatterten in der Brise, und Vögel kreisten hoch und ziellos am Himmel.
Er duckte sich, als eine Kugel vom Stein neben ihm abprallte. Bahm drehte sich um und sah zu der Stelle, wo sie eingeschlagen war. In der Nähe stand Halahan, der mit seinem schlimmen Bein gegen die Trümmer der Brüstung lehnte und die Hand auf das erhobene Knie gelegt hatte, während er mit der anderen Hand die Tonpfeife im Mundwinkel hielt und kühl die Staubschwade betrachtete, die aus dem Stein neben seinem Stiefel aufstieg.
Der nathalesische Veteran beugte sich vor und spuckte auf die Einschlagstelle, als ob er eine Flamme auslöschen wollte, dann sagte er zu Bahm, ohne sich ihm zuzuwenden: »An einen Bums gedacht?«
Bahm blinzelte und verstand nicht, was der Oberst meinte.
»Du schienst vorhin in Gedanken verloren gewesen zu sein. Ich habe mich gefragt, ob du an ein Mädchen gedacht hast.«
Bahm richtete sich aus der Hocke auf, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und setzte den Helm wieder auf. Dabei achtete er sorgfältig darauf, dass er hinter der Zinne verborgen war. »Ihr bewegt Euch leiser als ein Berglöwe«, sagte er zu dem Nathaleser, bevor er begriff, was er da gesagt hatte.
Halahan war so höflich, nicht auf die Metallschienen zu schauen, die einen großen Teil seines Beins bedeckten, sondern blickte Bahm offen an. Grimmige Belustigung glitzerte in seinen Augen, die das verwirrende dunkle Blau des verdämmernden Himmels aufwiesen. Bahm hatte den nathalesischen Kommandanten der Graujacken-Brigade schon immer gemocht und seine sachliche Art geschätzt. Im Gegensatz zu vielen anderen Offizieren, die Bahm kannte, war er weder arglistig noch überheblich.
Der Oberst war einmal Priester gewesen; zumindest hatte Bahm das gehört, aber es war schwer, an diesem Mann jetzt noch etwas Religiöses zu erkennen. Stattdessen wirkte er verwittert und ein wenig gesetzlos.
»Ich hatte an die Flotte in Q‘os gedacht«, gestand Bahm. »Ich frage mich, ob sie bald auslaufen wird – und wohin.«
»Du hast dich gefragt, ob sie herkommt.«
»Natürlich. Ihr nicht?«
Halahan schien zu lachen, was jedoch nur an seinen Augen zu erkennen war.
»Ist der alte Mann schon zurückgekommen?«, fragte er.
Aha , dachte Bahm.
»Nein. Der Rat fragt mich jeden Tag nach ihm.«
»Das kann ich mir vorstellen. Es sieht schlecht für seine Mitglieder aus, wenn der Protektor allein weggeht und die Liga um Verstärkung bittet.«
»Glaubt Ihr, dass er das tut?«
»Bestimmt. Unter anderem. Was kann er denn sonst tun? Der Rat steckt lieber den Kopf in den Sand. Es kling so, als würden sie hoffen, dass die Mhannier Minos statt Kos angreifen.«
Bahm zuckte mit den Achseln, aber diese Bewegung blieb unter den Schulterpolstern seiner Rüstung stecken. »Vielleicht haben sie ja Recht. Minos könnte durchaus das Ziel sein. Während wir uns hier unterhalten, muss die Insel leiden.«
»Ja. Ich habe die Berichte gelesen. Die Reichsdiplomaten laufen in Al-Minos Amok. Die Zweite Flotte befindet sich im Kampf gegen beachtliche feindliche Formationen.« Halahan klang so, als würde er all das nicht glauben. »Und die Dritte Flotte ist aus unseren Gewässern abgezogen wurden, weil es so schlimm steht. Wie praktisch – wenn man eine Invasionsflotte unbemerkt von Lagos hierher schicken will.«
Halahan zog an seiner Pfeife, während der Wind ihm die langen grauen Haare um das Gesicht blies. Es hatte nicht den Anschein, als würde er über die mögliche Auslöschung von Khos reden. Bahm hatte sich schon oft über diese Männer gewundert, die im Krieg lebten, als wäre es für sie der gewöhnliche Alltag. Sie waren in der Lage, einfach nicht an das schlimme Schicksal zu denken, das ihnen zustoßen könnte. Sie trieben ruhig durch das Leben, ob es nun aus Frieden oder Schlachten bestand.
Er beneidete jeden, der solche Eigenschaften besaß. Bahm konnte einfach nicht aufhören, sich Sorgen um die Zukunft und den Krieg zu machen. Und er trieb eindeutig nicht ruhig durch das Leben, sondern stahl sich heimlich hindurch, während er andauernd nach rechts und links spähte und stets befürchtete, einen falschen Schritt zu machen oder ein
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