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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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einzelne Person im Raum herantrat. Er hörte mit dem Kratzen auf und versuchte das Jucken nicht mehr zu beachten, auch wenn seine Blicke weiterhin herumschweiften.
    Ché richtete seine Aufmerksamkeit nach innen und vertrieb sich die Zeit damit, dem Spiel seiner Gedanken nachzugeben.
    Er dachte an seine angenehme neue Wohnung im südlichen Tempeldistrikt, die ihm kürzlich nach seiner Rückkehr von einer Mission in Cheem zugewiesen worden war. Anscheinend handelte es sich um eine Belohnung der Sektion für seine Loyalität. Er dachte auch an die beiden jungen Frauen Perlchen und Schieferchen, mit denen er in den letzten Monaten Sex gehabt und deren bereitwillige Gesellschaft er genossen hatte. Wie eine Katze mit einem Faden spielt, so dachte er daran, welche von beiden er als Nächstes für ein abendliches Vergnügen zu sich bestellen würde.
    Eine Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. Es war Deajit, der endlich von seinem Stuhl aufstand. Ché beobachtete ihn, ohne den Kopf zu bewegen, als der junge Priester zu den Türen im hinteren Bereich des Raumes schlenderte.
    Er stieß sich von der Wand ab und folgte ihm.
    *
    Im Gewühle des Hauptkorridors verlangsamte sich das Pochen von Chés Pulsdrüse beinahe unmerklich. Er machte Deajit in einiger Entfernung vor ihm aus. Der Priester griff nach einem Glas Wein von einem der großen Tische, die man zu beiden Seiten des breiten Ganges aufgestellt hatte. Diener standen bei den Tischen und erklärten die exotischeren Speisen und Getränke, die auf ihnen angerichtet waren. Deajit nahm zunächst einen Löffel mit Hummerfleisch und probierte dann Markgelee von einem Schneemammut. Er nickte anerkennend.
    Ché blieb stehen und suchte in einem Alkoven Schutz, in dem sich eine lebensgroße Bronzestatue von Nihilis befand. Unter der beeindruckend mürrischen Miene des hoch aufragenden Ersten Patriarchen, dessen Züge jetzt bekannter waren als zu seinen Lebzeiten, holte Ché eine kleine Phiole aus einer Tasche seiner Robe. Er schraubte den Deckel ab und stellte sie auf den Kopf, während er die Öffnung mit dem Finger zuhielt. Dann schloss er sie sorgfältig wieder und fuhr sich mit dem angefeuchteten Finger über die Lippen. Eine Sekunde lang stieg ihm der schwache Geruch von etwas Unangenehmem in die Nase, doch dann war er verschwunden.
    Deajit ging in eines der Seitenzimmer, die vom Hauptkorridor abzweigten; sein Glas hielt er noch in der Hand. Ché kam an einem der Tische vorbei, nahm sich ebenfalls ein Glas Wein und folgte ihm.
    Auf halber Höhe des Raumes lief eine Aussichtsgalerie entlang. Ché blieb dort am Geländer stehen, wo er Deajit noch aus den Augenwinkeln beobachten konnte, während unten eine kleinere Konferenz stattfand. Einige Dutzend Priester nahmen daran teil; die meisten waren erstaunlich jung. Sie machten eifrige Mienen, während sie einem Mann zuhörten, der vor einer großen Mosaikkarte des Reiches redete. Der Priester schien gerade den zweiseitigen Weg zu erörtern.
    Deajit nippte an seinem Wein und lauschte der Rede unter ihm. Einige andere Priester befanden sich auf der Galerie; sie hörten entweder ebenfalls zu oder unterhielten sich leise miteinander. Ché blieb dort, wo er war. Er rührte seinen Wein nicht an und leckte sich auch nicht die Lippen.
    Sein Blick fiel unwillkürlich auf die Einzelheiten der Karte, denn er liebte solche Arbeiten.
    Er bemerkte das Vorherrschen von Weiß, das die Nationen repräsentierte, die unter der Herrschaft von Mhann standen. Dieses Weiß hatte sich wie Gletschereis über den größten Teil der bekannten Welt ausgebreitet. Dann warf er einen Blick auf das wärmere Rosa all jener, die Mhann noch Widerstand leisteten: die Vereinigung der Freien Häfen im südlichen Midèr e ¯ s – allein und isoliert; Zanzahar und das Kalifat von Alhazii im Osten, die einzigen Erzeuger von Schwarzpulver von den rätselhaften Inseln des Himmels; die verstreuten kleinen Königreiche im Gebirge von Aradères und dem Hohen Pasch.
    Er wusste, dass er sich bald in eine jener Nationen wagen würde, die in freundlichem Rosa dargestellt waren. Er würde an einer Invasion teilnehmen, die zur Niederlage eines Volkes führen würde, das vom Reich als gefährlichster seiner Feinde dargestellt wurde, auch wenn Ché mutmaßte, dass es eher mit seinem Reichtum an Getreide und Mineralien als mit einer möglichen Bedrohung zu tun hatte – und natürlich mit dem überheblichen Widerstand gegen die Ideologie von Mhann. Aber es würde ihm die Gelegenheit

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