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Im Auftrag der Väter

Im Auftrag der Väter

Titel: Im Auftrag der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Benedikt, der die Gefahren witterte. »Lončar ist ein Mörder, mehr nicht.«
    »Ja«, sagte Louise. Ein Mörder, der lange vorher selbst zum Opfer geworden war.
    Das war der unangenehme Aspekt der Geschichte. Der die Beurteilung solcher Menschen, den Umgang mit ihnen so schwierig machte.
    Menschen, die man mochte und hasste. Für die man Mitgefühl empfand und die man endlich für ihre Taten büßen sehen wollte.
    Ja, das machte es kompliziert, wenn man sich darauf einließ. Mats Benedikt tat es nicht, und dafür schätzte sie ihn. Sie tat es schon, und das war auch okay. Hin und wieder musste es ja jemand tun.
    Auch die unangenehmen Aspekte der Geschichte zu integrieren versuchen.
    Sie hörte, wie die Haustür geöffnet, geschlossen wurde. Geräusche, an die sie sich in diesen Wochen gewöhnt hatte. Richard Landen kam heim.
    Auch daran hatte sie sich gewöhnt.
    Ein anderes Leben, eine andere Zeit. Ohne Menschen wie Antun Lončar, ohne das Zucken der Hand einer Sterbenden. Wenn man gefragt werden konnte: wie war dein Tag?, ohne dass man von Mördern und Sterbenden erzählen musste.
    »Na, und dann natürlich die Frage, wer seine Frau und seine Tochter getötet hat«, sagte Mats Benedikt ein wenig ungeduldig, vielleicht weil sie lange geschwiegen hatte.
    »Und warum.«
    »Ja. Waren es auch Rachemorde? Hat Lončar den Mördern während seiner Zeit in der jugoslawischen oder später der kroatischen Armee die Gründe dafür geliefert?«
    Fragen über Fragen.
    Und natürlich die wichtigste: Wo war er?
     
    Thomas Ilic rief wieder an. Er hatte jetzt so einiges arrangiert. Zagreb und Osijek waren die Ausgangspunkte. In Zagreb sollte sie eine Frau treffen, am 5 . 12 . um fünfzehn Uhr auf der Galerie des Cafés K & K in der – er buchstabierte – Jurišićeva, im Zentrum Zagrebs. Die Frau hieß Iva. Sie würde ihr weiterhelfen. Ein Hotel in Osijek buchen, ihr den Dolmetscher nennen, der sie von dort aus begleiten würde. Bei ihr konnte sie auch übernachten. Aber Iva flog am Tag darauf in die USA , deshalb der 5 . 12 . »Schaffst du das?«
    »Ja.«
    »Mit dem Auto brauchst du von hier um die zehn Stunden.«
    »Ich fahre vorher nach Bleiburg.«
    »Bleiburg in Kärnten? Dann musst du bald los.«
    »Ja.«
    Zagreb und Osijek also. Sie spürte die Vorfreude. Osijek an der Drau, nahe Valpovo.
    Einen Dolmetscher hatte Thomas Ilic noch nicht. Er hatte einen Kandidaten, musste erst noch nachfragen.
    »Mann oder Frau?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Nein.«
    »Ein Mann.«
    Wieder machte sie sein Tonfall stutzig, wie schon beim ersten Telefonat, als er versprochen hatte, nichts anderes zu tun, als zu telefonieren. Da war ein besonderer Klang in seiner Stimme. Er sagte es ... leichthin.
    Thomas Ilic war niemand, der etwas leichthin sagte.
    »Aber nicht etwa du, Illi?«
    »Dann müsste ich nicht erst noch nachfragen.«
    »Nur telefonieren, Illi, du hast es versprochen.«
    »Ja, ja, ja.«
    »Du weißt, was ich tun würde, wenn du in Osijek auftauchen würdest.«
    Thomas Ilic kicherte. Ja, er wusste es.
     
    Dann der erste Tag seit Wochen, an dem sie Richard Landens Haus und Günterstal verließ. In einer Buchhandlung in Freiburg kaufte sie Landkarten, einen Stadtplan. Zagreb war kein Problem. Bleiburg, Osijek, Valpovo, Poreč, Štrpci gab es nicht. Am Augustinerplatz trank sie Kaffee, machte sich mit der Reiseroute vertraut, suchte die Jurišićeva in Zagreb. Auf dem Rückweg fuhr sie durch die Heinrichvon-Stephan-Straße und winkte der Polizeidirektion. Im Januar sie, im Februar Thomas Ilic, das waren doch Aussichten, freut euch.
     
    Schließlich, am 3 .Dezember, der Abschied. Vor ein paar Tagen hatte sie Richard Landen gesagt, wohin sie fahren würde. Er hatte gesagt, er habe so etwas erwartet.
    Sie standen draußen vor dem Holzzaun, bei ihrem Auto.
    Sie sah ihm an, dass er sie nicht gehen lassen wollte. Aber er versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Er wusste, dass er sie nicht hätte überreden können zu bleiben.
    Sie musste tun, was sie tun zu müssen glaubte. Irgendwie war meistens ein Sinn darin zu finden. Irgendwas kam immer dabei raus.
    Das wusste er nicht, aber er versuchte, es sich einzureden.
    »Ein paar Tage«, sagte sie. »Höchstens eine Woche.«
    Er nickte. Der große, ruhige, müde Richard Landen. Schwieg seit Minuten, schien kein Wort mehr herauszubringen.
    »Danke, dass du mich aufgenommen hast.«
    Sie strich ihm über die Wange.
    In einem anderen Leben in einer anderen Zeit.

22
    BLEIBURG , EINE KLEINSTADT mit

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