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Im Auftrag der Väter

Im Auftrag der Väter

Titel: Im Auftrag der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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sie vorhatte, würde sie den Job kosten, falls es herauskam. Genauso Thomas Ilic, falls herauskam, dass er sie unterstützt hatte.
    »Du hörst von mir.«
    »Danke.«
    »Übrigens. Im Februar fange ich wieder an.«
    »Schön«, sagte sie. Die Tränen kamen, und sie ließ sie lautlos laufen. Thomas Ilic zurück, nach gut eineinhalb Jahren ...
    Auch das ein Gedanke, der sie mit neuem Leben erfüllte.
     
    Kurz darauf ein Tag, an dem etwas merkwürdig war. Sie brauchte lange, bis sie begriff. Nach dem Abendessen, während sie und Richard Landen sich im Wohnzimmer auf dem Boden küssten, wusste sie es: Der erste Tag seit fast vier Wochen, an dem sie nicht um Carola geweint hatte.
    Sie hielt bis zum Morgengrauen durch, dann ging es wieder los.
    Erinnerungen, Träume, Tränen.
     
    Mats Benedikt rief an.
    Antun Lončar. Ein paar Antworten, doch so viele Fragen blieben offen.
    Sie saß hinter dem Haus an dem Holztischchen, ihr Lieblingsplatz inzwischen. Kein Regen an diesem Tag, sogar ein wenig Sonne. Richard Landen in der Uni, und sie genoss das Alleinsein. Sie ließ den Blick über den getrimmten Garten schweifen, während sie Mats Benedikt zuhörte.
    »Er hat im Sommer in München bei der Ausländerbehörde tatsächlich nach Niemann gefragt. Der Sachbearbeiter wusste nur, dass die Niemanns nach Baden gezogen sind, Freiburg oder Umgebung vielleicht.« Er hatte angeboten,
sich bei Heidelinde Zach zu erkundigen, die Genaueres wissen müsse.
    Lončar hatte den Kopf geschüttelt und war gegangen.
    Das war der Fritz, hatte Heidelinde Zach zu Alfons Hoffmann gesagt. Zufällig einer der Mitarbeiter des Sachgebietes 312 BKF , der mit Niemann in der Untersbergstraße gewesen und nach Abschluss der Rückführungsphase ins Hauptgebäude zurückgekehrt war.
    Damit begannen die Fragen.
    Biljana und Snježana waren 1999 erschossen worden. 2004 hatte Lončar in München nach Niemann gefragt, hatte Andreas Eisenstein geschrieben und ihn gebeten, ihm bei der Suche nach einem »Freund aus Slawonien« zu helfen.
    »Warum hat er fünf Jahre gewartet?«, fragte Mats Benedikt.
    Sie nickte. Was hatte er in diesen fünf Jahren getan? Wo war er gewesen? »Vielleicht hat er die Mörder seiner Familie gesucht.«
    »Ja, möglich«, sagte Mats Benedikt.
    Sie ging in die gelbe Küche, machte sich einen Espresso. Sogar in der Küche fühlte sie sich nun wohl, seit die Porzellankatze fort war. So viel Ruhe, Frieden. Ein idealer Ort eigentlich für Jenny Böhm, die bei den Toten auf dem Friedhof keine Ruhe mehr fand.
    Draußen weitere Antworten, weitere Fragen.
    »Wir wissen jetzt, dass er keinen Pass hatte«, sagte Mats Benedikt. »Weder einen kroatischen noch einen bosnischen. Trotzdem ist er vermutlich 2004 vermutlich von Bosnien nach München gekommen, über Kroatien, Slowenien oder Italien, Österreich. Wie zum Teufel hat er das angestellt? Hat er sich im Zug versteckt? Ist er zu Fuß gegangen?«
    »Er ist zu Fuß über die grünen Grenzen.«
    »Ja, möglich.«
    »Würde zu ihm passen, Mats.«
    Der alte Krieger, passierte die Grenzen bei Nacht, dort, wo sie nicht lückenlos bewacht werden konnten.
    »Und wir wissen, dass er bis 1992 in der Armee war«, sagte Mats Benedikt, »erst in der jugoslawischen, nach der Unabhängigkeit in der kroatischen. 1992 hat er in Slawonien gegen die Serben gekämpft, bis er Mitte des Jahres mit seiner Frau und seiner Tochter nach ... Schtr... nach Schutzberg gegangen ist.«
    »Ist er desertiert?«
    »Sieht so aus. Er war wohl verletzt, am linken Arm, glaube ich, und ist eines Tages aus dem Krankenhaus verschwunden und nie wieder aufgetaucht.«
    »Er wollte Biljana in Sicherheit bringen.«
    »Wie du es sagst, klingt es fast romantisch.«
    Sie nickte schweigend.
    Manchmal sah sie zwei Antun Lončars.
    Einen, der unendlich viel Leid erlitten hatte, schon in seiner frühen Kindheit. Der gesehen hatte, wie Vater und Mutter starben. Der Jahre später seine Frau in Sicherheit hatte bringen wollen und sie und seine Tochter trotzdem nicht hatte schützen können. Für diesen Antun Lončar empfand sie Mitleid. Sie mochte ihn.
    Dann war da der andere Antun Lončar, der Carola und Henriette Niemann ermordet hatte. Diesen Mann hasste sie.
    Manchmal gelang es ihr nicht zu begreifen, dass der eine und der andere Antun Lončar dieselbe Person waren. Sie wünschte, sie wären unterschiedliche Personen.
    Sie fragte sich, welche von beiden sie in Slawonien suchen würde. Zu finden hoffte.
    »Es ist
nicht
romantisch«, sagte Mats

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