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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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wohlriechenden Essenzen eingerieben worden war, entließ sie die Sklavinnen mit dem Auftrag, Caleb zu rufen, und schlüpfte unter die Decken. Sie wusste, was auf sie zukam, Großmutter hatte sie darauf vorbereitet. Außerdem kannte sie die Geräusche, die beim Liebesakt aus dem Schlafzimmer ihrer Eltern drangen und bei denen Hannah dann ausrief: »Komm zu mir, mein geliebter Elias. Fülle mich mit deiner Stärke.«
    Und dann war da noch das Liebesgedicht aus Tante Rakels Eichentruhe, das David ihr vorgelesen hatte: »Mein Liebster gleicht dem Zedernbaum. Er ist hart und dauerhaft …«
    Aber mit Caleb war alles ganz anders. Weder küsste er sie, noch schloss er sie in die Arme, noch liebkoste er sie. Ohne etwas zu sagen, griff er nach ihrer Hand und legte sie sich auf seinen Penis, bog ihre Finger um den Schaft, bis er hart war. Dann drehte er sie um, auf den Bauch, schob ihr Nachthemd hoch und drang von hinten in sie ein. Sie spürte, wie das Jungfernhäutchen zerriss, und dann den Schmerz, als er heftig und immer wieder zustieß, so lange, bis er sich mit einem Aufstöhnen ergoss. Dann ließ er von ihr ab, rollte sich auf die andere Seite und schlief ein.
    Leah blinzelte in die Dunkelheit. Caleb hatte sie nicht umarmt. Hatte sie nicht gestreichelt, um das Feuer in ihr zu entfachen. Statt leidenschaftlich zu sein, hatte er sich gierig wie ein Tier über sie hergemacht. Ohne ihren Namen auszusprechen. Wenn ihre Eltern sich liebten, dann mit Lauten, die Leidenschaft ausdrückten, Sehnsucht,
Begehren.
Caleb hatte gegrunzt. Wie ein Schwein. Nicht einmal ins Gesicht hatte er ihr gesehen.
    Sie stand auf, um sich zu waschen. Blut von dem zerrissenen Hymen klebte auf den Innenseiten der Schenkel. Sie zog sich ein frisches Nachthemd an. Das, was sie vorher getragen hatte, würde sie morgen verbrennen.
    Sie lauschte der nächtlichen Stille und versuchte, nicht an David zu denken, versuchte, nicht einer verlorenen Liebe nachzutrauern, verlorenen Gelegenheiten und dem, »was hätte sein können.« Jetzt war dies hier ihre Realität. Jungmädchenträume gehörten der Vergangenheit an, auch die Erinnerung an einen leidenschaftlichen Kuss auf dem Dach, unter einer goldenen Sonne.
    Sie war keine Jungfrau mehr, spürte aber keinen Unterschied an sich. Mochte sich auch in ihrem Körper eine Veränderung vollzogen haben, ihr Herz jedenfalls blieb dasselbe. Trotzdem würde sie sich morgen wie eine zufriedengestellte Frau verhalten. Morgen würde man sie mit Isha Caleb ansprechen. Und, den Willen der Götter vorausgesetzt, würde sie bald, nach ein paar weiteren Morgen, ein Kind in sich tragen, und die Erinnerung an diese Nacht würde verblassen.

6
    Die Legende berichtet von einem uralten Volk, das auf einer Insel inmitten des Großen Meers lebte und unsterblich war, weil es sich die Formel für ewige Jugend angeeignet hatte und eine besondere Zauberkunst ausübte, die Al-Chemie genannt wurde und die Menschen in die Lage versetzte, eine gewöhnliche Substanz in etwas sehr Kostbares zu verwandeln. Bei einem schweren Erdbeben wurde die Insel zerstört, und ihre Bewohner fanden den Tod – bis auf einige wenige, die sich retten konnten und an die östliche Küste des Großen Meers gelangten. Hier lebten sie so lange, bis auch sie zu den Göttern gingen, nicht ohne vorher ihre wundersamen Geheimnisse auf Tontafeln festgehalten zu haben.
    Diese Tafeln, auf denen das Geheimnis für ein Leben ohne Krankheit und Kümmernis vermerkt war, sollten sich, wie es hieß, in der großen Bibliothek von Ugarit befinden, deren Wächter die Bruderschaft der Schriftgelehrten war.
    Leider waren diese Aufzeichnungen in einer längst ausgestorbenen Sprache abgefasst, die noch niemand hatte entziffern können.
    Diese Gedanken gingen David im Kopf herum, als er sich ehrfürchtig dem Haupteingang des Gebäudekomplexes näherte, in dem die Bibliothek untergebracht war, das königliche Archiv und das innere Allerheiligste der Bruderschaft. Da gab es also einen legendären Schatz und die Möglichkeit, der Menschheit zu dienen, wenn er diese antiken Aufzeichnungen entschlüsselte und die Geheimnisse der Götter aufdeckte.
    Er war bereits im Haus des Goldes gewesen und hatte dort gesehen, wie studierte Männer in einem großen Hof saßen und ganz normale Bürger berieten oder behandelten. Eine Art der Berufsausübung, die es in den Städten im Osten nicht gab. Er hatte bereits vor Tagen schon einmal vorgesprochen, um sich in die Namensliste der Schriftgelehrten

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